Abhilfe erst für nach dem Winter versprochen

Seit Wochen ohne Heizung und warmes Wasser: Forchheimer Mieter ärgern sich über Eigentümer

24.1.2022, 05:56 Uhr
Waltraud Limbrunner aus Forchheim ärgert sich und sie ist nicht die Einzige. Mehrere Mieter beklagen sich über zahlreiche Mängel.  

© Udo Güldner Waltraud Limbrunner aus Forchheim ärgert sich und sie ist nicht die Einzige. Mehrere Mieter beklagen sich über zahlreiche Mängel.  

Seit beinahe sechs Wochen läuft bei Waltraud Limbrunner (60) in Forchheim der elektrische Heizlüfter praktisch rund um die Uhr. Das kostet richtig Geld. Die Frührentnerin säße aber sonst in einem „arschkalten“ Wohnzimmer im dritten Stock. Der Grund ist eine immer wieder ausfallende Heizungsanlage und die Dachisolierung, die entfernt wurde. „Über mir ist nur noch eine Betonplatte.“ Wie kalt es dadurch sein kann, das kann man am eigenen Leib bei den Nachbarn auf der selben Etage erfahren.

Abdulkadir Parsak (32) hat sich unter einer Wolldecke verkrochen. Der Lagerarbeiter passt nach seiner Schicht auf seine beiden kleinen Kinder auf, die in den Räumen herumtollen. „Sie tragen alle Kleidungsstücke doppelt.“ Dennoch hat die zweijährige Tochter eiskalte Hände. Wenn man länger sitzt, kriecht die Kälte unaufhaltsam in einen hinein.

Defekte Türen: Polizei schritt ein

Auch beim Warmwasser aus der Leitung knirscht es. Was aus der Leitung kommt ist eiskalt. „Wir sollen das hinnehmen und uns bis März gedulden.“ Das verkündet ein Aushang im Erdgeschoss, den die „Ulimco Immobilien Treuhand“ aus Nürnberg hat anbringen lassen. Die Redaktion bat Ende Dezember um eine Stellungnahme. Sie blieb bisher unbeantwortet. Die Firma verwaltet den riesigen Wohnblock mit 125 Wohnungen, 107 Tiefgaragen-Stellplätzen und vier Parkflächen und gibt für die monatelange Verzögerung coronabedingte Lieferschwierigkeiten an. „Ich dachte erst, das ist ein Witz und die wollen mich verarschen.“ Umständlich wird es, wenn für den Abwasch des Geschirrs oder die tägliche Körperpflege heißes Wasser gebraucht wird. „Ich muss dann jedes Mal den Wasserkocher anwerfen und die Menge in einem Eimer sammeln.“ Auch das kostet wieder, Zeit und Geld. Zumal der Warmwasser-Zähler läuft, auch wenn aus der Leitung nur eiskaltes Nass sprudelt.

Der Wohnblock in der Regnitzstraße: Die Mieter sagen, die Probleme häuften sich.

Der Wohnblock in der Regnitzstraße: Die Mieter sagen, die Probleme häuften sich. © Udo Güldner

Die Sache mit dem fehlenden Heißwasser und den lauwarmen Heizkörpern ist aber nur die Spitze des Eisbergs, wie Limbrunner berichtet. Seit „P & P Living GmbH“ aus Fürth der neue Eigentümer des Wohnblocks Regnitzstraße 1-7a sei, seit März 2021 nämlich, häuften sich die Probleme. „Ich wohne schon seit acht Jahren hier. Inzwischen ist es der dritte Käufer. Aber so schlimm wie jetzt war es noch nie.“ Über Wochen hinweg ließen sich mehrere neu eingebaute Eingangstüren im Wohnkomplex aufgrund fehlender Schlösser nicht zusperren. Die Folgen waren unangenehm: Vandalen, Diebe und Obdachlose nutzten die günstige Gelegenheit. Neben dem Sachschaden blieb ein unangenehmes Gefühl der Unsicherheit. „Am Ende musste sogar die Polizei einschreiten, damit endlich Türschlösser eingesetzt wurden.“

Im Nachbarhaus Nummer 5 fiel wochenlang der Fahrstuhl aus. „Da lebt ein Ehepaar, das schwerstbehindert ist.“ Die hätten es nicht mehr zum Arzt geschafft. Dann funktionierten die Türklingeln nicht. Was sich nach einer Lappalie anhört, hat handfeste Konsequenzen. Weil Rainer Zabiczer (75) nicht erfährt, wann seine Pakete geliefert werden, muss er sich regelmäßig auf den Weg zur Packstation machen. „Für mich ist das ohne Auto mühsam. Ich brauche dann schon mal ein Taxi.“ Auf den Kosten bleibt der Rentner sitzen.

Früher gab es einen Hausverwalter und zwei Hausmeister vor Ort. „Die haben sich um die vielen kleinen Reparaturen und die Sauberkeit auf dem Gelände gekümmert,“ so Zabiczer. Allerdings habe der neue Eigentümer auf deren Dienste verzichten wollen. „Jetzt müssen wir in Nürnberg anrufen.“ Telefonische Beschwerden, so schildern es Limbrunner und Zabiczer übereinstimmend, brächten überhaupt nichts. Anfangs habe man sie noch vertröstet. „Dann wurde uns dreckig ins Gesicht gelogen, dass alles schon in Arbeit sei. Passiert ist monatelang nichts.“ Inzwischen gebe es weder Rückrufe, noch gehe jemand ran. „Nur gestern hatte ich Glück. Da saß jemand an seinem ersten Arbeitstag im Büro. Der kannte meine Nummer noch nicht.“

Mieter haben Verdacht

Einige der Mieter haben einen Verdacht: Sie sollen mürbe gemacht werden. Damit man ihre Wohnungen, die bislang 450 bis 600 Euro Warmmiete im Monat gekostet haben, für das Doppelte an den Mann oder die Frau bringen könnte. Zabiczer erzählt von einem Nachbarn, dem man nach 44 Jahren im Haus 5000 Euro versprochen hätte, wenn er sofort auszöge. Vier Wochen nach dem Auszug habe er noch auf sein Geld gewartet. Auch ihm selbst habe man ein solches Angebot schon unterbreitet.

Aber wo solle er hin mit seiner kleinen Rente.... Dass Limbrunner & Co. bislang nur so wenig zahlen müssen, liegt daran, dass die Anlage 1972 im sozialen Wohnungsbau von der Joseph-Stiftung gleich neben der neugebauten Autobahn hochgezogen worden ist. Vor zwei Jahren fiel das Anwesen aus der Sozialbindung. Nun kann man höhere Mieten verlangen. „Es ist eine Unverschämtheit, wie sie hier mit den Mietern umgehen.“ Limbrunner will sich die Schikanen jedenfalls nicht weiter bieten lassen. Sie wird die Miete ab dem neuen Jahr um 70 Prozent kürzen.

Hauseigentümer P&P nimmt Stellung

Probleme bei Heizung und Warmwasser bestätigt er. Provisorisch sei die Heizung repariert worden. Grund für den Austausch erst im März 2022 seien Lieferengpässe. Das Entfernen der Dachisolierung habe erfolgen müssen, da das Dach kaputt gewesen sei. Ziel: „Eine erhebliche Steigerung des Wohnstandards durch langfristige Einsparung bei Heizkosten und Mehrwert des gesamten Objekts.“ Die Dach-Fertigstellung hänge von der Witterung ab, daher gebe es Verzögerungen. Bei Türen und Klingeln seien „Missverständnisse bei dem Subunternehmer“ Schuld.

Der neuen Hausverwaltung gehe es nicht um eine billigere Lösung, sondern „ordnungsgemäße Erfüllung durch Fachfirmen“. Christoph Langfritz: „Das Objekt befindet sich aktuell, nachhaltig und nachweisbar, in ordentlichem Zustand.“ Telefonische Anliegen würde die Firma Ulimco gewissenhaft bearbeiten. Nach der „ausgefallenen Klingelanlage kam es zu einer stark erhöhten Anzahl an Anrufen, die leider nicht wie gewohnt bearbeitet werden konnten, was wir natürlich bedauern.“

Die von Mietern genannten Auszugs-Prämien bestreitet Langfritz vehement. Aufregung über Verdoppelung der Warmmieten kann er nicht nachvollziehen. „Bei Neuvermietungen unterliegen wir nicht mehr den ursprünglichen Vorgaben von Sozialwohnungen, was eine Vermietung zum aktuellen Marktpreis erlaubt. Wir haben bei Leerstand von Wohnungen diese teils komplett saniert, was eine andere Miete erlaubt als die bereits Jahrzehnte laufenden Mietverträge.“ Die Warmmiete beinhalte Betriebs- und Heizkosten. Durch den stetigen Anstieg dieser in den letzten Jahren, erhöhten sich die Gesamtmietkosten. P&P Group GmbH habe maximales Interesse an zufriedenen, langfristigen Mietern, nicht wie der Eindruck entstanden sein mag, Mieter nach Jahrzehnten loszuwerden – ganz im Gegenteil. „Mit einer besseren Qualität sind natürlich anzupassende Mieten verbunden, die sich immer im Bereich der gesetzlichen Vorschriften bewegen.“ Insgesamt habe man einen siebenstelligen Betrag in die Verbesserung investiert.

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