Signale für Neustart: Wann kehrt Vereinssport zurück?

29.4.2020, 14:44 Uhr
Signale für Neustart: Wann kehrt Vereinssport zurück?

© Foto: Edgar Pfrogner

Nach der vollständigen Einstellung des Sportbetriebs in "Sport-Deutschland" aufgrund der Corona-Krise sehe man Signale, die eine Wiederaufnahme des Sporttreibens in den einzelnen Bundesländern ermöglichen. Der eingeschlagene Weg zur Bekämpfung der Pandemie sei erfolgreich und sollte daher fortgesetzt und mit Umsicht an die sich verändernden Rahmenbedingungen angepasst werden. Das gelte auch für den organisierten Sport, der dabei auf eine Liste mit zehn "Leitplanken" setze.

Man verzichte ganz bewusst auf eine Positivliste von Sportarten, die bereits bald wieder einsteigen dürfen, denn es gehe um angepasste Bewegungsangebote für alle Mitglieder in den Vereinen. Man wolle einen wertvollen Teil dazu beitragen, dass Deutschland wieder in Bewegung kommt. "Dabei sind wir uns der besonderen Chancen und Risiken bewusst und werden deshalb stets nach der Maxime handeln, dass Infektionsrisiken so weit wie irgend möglich minimiert werden müssen", sagt DOSB-Präsident Hörmann.

In den nächsten Schritten soll über die Nutzung von Hallen, die Rückkehr zum Wettkampfbetrieb sowie über Kontakt- und Zweikampfsportarten diskutiert werden.

 

Die Schwimmer

Diese Aufbruchstimmung verspürt Karsten Schmidt, Abteilungsleiter Schwimmen beim SSV Forchheim, noch keineswegs: "Wir haben keine Sportstätte und wissen nicht, wann und ob das Freibad in diesem Sommer überhaupt öffnen wird. In Lauf zum Beispiel wird das Bad heuer nicht geöffnet" Selbst wenn das in Forchheim noch geschehe, wisse man nicht, welche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden: Wie viele Besucher sind zulässig, wie will man die Abstandsregelung kontrollieren, und bekommen die Schwimmer überhaupt ihre gewohnten Bahnen zugeteilt?

Natürlich mache man sich innerhalb der Abteilung "vorsichtig" Gedanken, wie es weitergehen könne. Zumindest im Sommer könnte man ja die heiklen Themen Duschen und Umkleiden umgehen, wo die Sportler sich zu nahe kommen könnten. Das ginge ja auch auf der Wiese. Derzeit finde gar kein Vereinstraining statt, nur vereinzelt würden Schwimmer jetzt statt im Becken im Baggersee ihre Bahnen ziehen - für Schmidt keine Lösung für die gesamte Abteilung.

 

Die Schützen

Hingegen steht man bei den Schützen quasi schon mit dem Gewehr im Anschlag. Alexander Hummel, 1. Bezirksschützenmeister Oberfranken: "Wir warten eigentlich nur noch auf eine Anweisung aus München, dann könnten wir loslegen." Der Schießsportfunktionär aus Pettstadt hat dafür viele Argumente vorzuweisen. Das Einhalten der Abstände sei kein Problem. Die Schießstände seien ohnehin einen Meter breit, da könne man jeden zweiten frei lassen. Zum Kontakt mit dem Gegner komme es eh nicht, Duschen sei nicht unbedingt nötig - und wegen der Blei-Problematik sei häufiges Händewaschen bei den Sportschützen seit einigen Jahren sowieso eingeübt. Und für die Reinigung der Anlage sei Mundschutz auch üblich.

Man müsse jetzt aber zusätzlich Desinfektionsmittel und Tücher vorrätig haben. Denn nicht jeder könne sich eine eigene Waffe leisten. Ein Wettkampf-Luftgewehr liege mittlerweile bei 2500 bis 3000 Euro. Hummel: "Schießen ist ein teurer Sport geworden." So würden etwa 75 Prozent des Nachwuchses und geschätzt 20 bis 30 Prozent der erwachsenen Mitglieder auf vereinseigene Waffen zurückgreifen. Was beispielsweise bei seinem Verein in Pettstadt ebenfalls das Infektionsrisiko mindert, sei die Entlüftungsanlage in der Schießhalle. Das einzige, was wohl vorerst komplett entfallen müsse, sei die Trendsportart Blasrohrschießen. Das gehe nur mit eigenem Sportgerät.

 

Die Karateka

Zurück zu den Wurzeln heißt es für Hans Rosemann, Pressewart beim 1. Shotokan Karate Zentrum Forchheim: "Wenn wir dafür die Genehmigung bekommen, gehen wir ins ,rote Dojo‘." So haben die Kampfsportler einst die Tartanplätze auf der Sportinsel genannt, auf denen sie früher trainiert hatten – vor dem Bau der eigenen Sportstätte. Denn Hallensport ist vorerst noch tabu, draußen hingegen soll nach den Vorstellungen des DOSB schon bald wieder in Gruppen trainiert werden dürfen.

Natürlich zunächst ohne Kontakt, doch damit hat man beim Karate weniger Probleme als beispielsweise Boxer oder Judoka. Denn fast alle Karateka betreiben neben der Kampfdisziplin Kumite auch die Kata, das sogenannte Formenlaufen. Rosemann: "Es sind sogar mehr, die auf die Kontaktdisziplin verzichten, vor allem mit dem Alter beschränkt man sich eher auf die Kata, weil da die Verletzungsgefahr viel geringer ist. Ich selbst habe auch aus diesem Grund mit dem Kumite aufgehört."

Die aktuellen Trainingsgruppe müsste man halt aufteilen, aber im Prinzip ist Plan B in der Schublade. "Wir würden uns alle total freuen, wenn es endlich wieder losgehen würde", so Rosemann. Bis dahin gibt es weiter wöchentlich drei Online-Einheiten für den Nachwuchs.

Die Handballer

Große Sorgen hat hingegen Lothar Rauscher, Vorstandsmitglied beim HC Forchheim. Er sieht seine Handballer ganz am Ende der Kette und "noch kein Licht am Ende des Tunnels." Die Hallen seien ja vermutlich noch lange Zeit geschlossen, und für Handball gebe es im Freien nur wenige geeignete Übungsformen, wenn die Kontakte komplett verboten seien. Selbst das Zuwerfen von Bällen sei ja schwierig im Hinblick auf die Übertragungsrisiken von Covid-19.

So halten sich die Sportler derzeit individuell fit. Die Landesligadamen beispielsweise habe alle eine Team-App für ihre Ausdauerläufe, auf der ihr Trainer erkennen kann, wie intensiv seine Schützlinge an sich arbeiten.

Den größten Kummer bereiten Rauscher jedoch seine Kleinsten: "Wir waren so froh, dass wir unfassbar viele Kinder – um die 200 – begeistern konnten. Mit denen können wir jetzt nichts anstellen, was logisch ist, wenn sie auch nicht zur Schule gehen dürfen. Ich wäre nur sehr verärgert, wenn es für den Profifußball eine Sonderregelung geben sollte."

Die Leichtathleten

Zuversichtlicher als noch vor ein paar Wochen ist Jan Schindzielorz, Cheftrainer der LG Forchheim. Denn für die Leichtathleten sieht er aus epidemiologischer Sicht eigentlich weitgehend freie Bahn: "In Supermärkten und Läden mussten sie jetzt überall Linien auf den Boden kleben, das haben wir auf unserer Anlage schon seit Jahren: Da würde jetzt vor dem Training einfach festgelegt, welche Bahnen frei bleiben und wer auf welcher Bahn läuft und auch sein Gymnastikprogramm absolviert." Auch ein Hygienekonzept hat er bereits entwickelt, mit kleineren Gruppen, ohne Duschen nach dem Training und Athleten, die bereits umgezogen auf dem Platz erscheinen.. Schon vor Wochen war er damit bei der Stadt, der das Areal auf der Sportinsel gehört, vorstellig geworden. Doch die berief sich auch die Vorgaben der Staatsregierung. Nun bestehe die Hoffnung auf einen Kurswechsel.

Wie im Alltag sieht Schindzielorz aber auch beim Sport einige nicht nachvollziehbare Vorgaben: Wenn zum Beispiel Kaderathleten trainieren dürften, die kleinen Vereine jedoch nicht: "Als ob sich das Virus dafür interessiert, welchen Status sein Opfer hat." Er selbst würde lieber nach Gefahrenpotential und wirtschaftlichen Aspekten entscheiden. Der Hobbysportler müsse vielleicht noch nicht unbedingt Tennis spielen, aber der Tennislehrer verdiene damit seinen Lebensunterhalt – und diesen sollte man ihm ermöglichen.

Die zehn Leitplanken des DOSB

 

Der Olympische Deutsche Sportbund (DOSB) hat eine Liste mit zehn "Leitplanken" veröffentlicht, dank derer demnächst wieder Vereinssport betrieben werden können soll.

Der Olympische Deutsche Sportbund (DOSB) hat eine Liste mit zehn „Leitplanken“ veröffentlicht, dank derer demnächst wieder Vereinssport betrieben werden können soll.

1. Distanzregeln einhalten

 Ein Abstand von mindestens zwei Metern trägt dazu bei, die Infektionsgefahr deutlich zu reduzieren. Auf Grund der Bewegung beim Sport ist der Abstand großzügig zu bemessen. Die Steuerung des Zutritts zu den Sportanlagen sollte unter Vermeidung von Warteschlangen erfolgen.

2. Körperkontakte müssen unterbleiben

Sport und Bewegung sollten kontaktfrei durchgeführt werden. Händeschütteln, Abklatschen oder Ähnliches muss entfallen. Die Austragung von Zweikämpfen, z. B. in Spielsportarten, sollte unterbleiben. In Zweikampfsportarten kann nur Individualtraining stattfinden.

3. Mit Freiluftaktivitäten starten

Sport im Freien erleichtert das Einhalten von Distanzregeln und reduzieren das Infektionsrisiko durch permanenten Luftaustausch. Spiel- und Trainingsformen sollten, zunächst auch von Hallensportarten, im Freien durchgeführt werden.
 

4. Hygieneregeln einhalten

Häufigeres Händewaschen, regelmäßige Desinfektion von Geräten und Flächen – besonders bei gemeinsam genutzten Sportgeräten. In einigen Sportarten kann der Einsatz von Handschuhe und Mund-Nasen-Schutzmasken sinnvoll sein.

5. Vereinsheime und Umkleiden bleiben geschlossen

Die Nutzung von Umkleiden und Duschen wird vorerst ausgesetzt. Gastronomie, Gesellschafts- und Gemeinschaftsräume bleiben geschlossen.

6. Fahrgemeinschaften vorübergehend aussetzen

In der Übergangsphase sollte auf die Bildung von Fahrgemeinschaften zum Training verzichtet werden. Zudem ist auf touristische Sportreisen zu verzichten.
 

7. Veranstaltungen und Wettbewerbe unterlassen

Um die Distanzregeln einzuhalten, sollten derzeit keine sozialen Veranstaltungen des Vereins stattfinden. Die Bundesregierung hat es Vereinen kurzfristig gestattet, ihre Mitgliederversammlungen im Bedarfsfall auch digital durchzuführen. Zudem sind jegliche Zuschauerveranstaltungen und sportliche Wettbewerbe untersagt.



8. Trainingsgruppen verkleinern

Durch Bildung kleinerer Gruppen, die im Optimalfall dann auch stets in der gleichen Zusammensetzung zusammenkommen, wird das Einhalten der Distanzregeln erleichtert, und im Falle einer Ansteckungsgefahr ist nur eine kleinere Gruppe betroffen beziehungsweise mit Quarantäne-Maßnahmen zu belegen.

9. Angehörige von Risikogruppen besonders schützen

Für diese Menschen ist die Teilnahme am Sport ebenfalls von hoher Bedeutung. In diesen Fällen ist nur geschütztes Individualtraining möglich.

10. Risiken in allen Bereichen minimieren

Ein Appell an den gesunden Menschenverstand. Wenn man bei einer Maßnahme ein ungutes Gefühl hat, sich über die möglichen Risiken nicht im Klaren ist, sollte darauf verzichtet werden und alternativ eine risikofreie Aktivität ausgesucht werden.

 

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