Sportliche Frauen: Zurückstecken ist nicht ihr Ding

8.3.2019, 12:18 Uhr
Sportliche Frauen: Zurückstecken ist nicht ihr Ding

© Montage: Harald Weiß

Die Frühlingsgefühle haben Anita Trinkerl nun doch schon wieder mehr als einmal pro Woche auf ihr Rennrad getrieben. Dabei ist die Hobby-Triathletin erst im vergangenen September zum dritten Mal Mutter geworden und hat zu Hause in Kersbach alle Hände voll zu tun. Mit 18 Jahren vom Schwimmen zum Triathlon gewechselt, absolvierte Trinkerl bis dato zweimal die Langdistanz in Roth. In der Hochphase um 2007 betrug ihr Trainingsumfang neben der beruflichen Vollzeit-Beschäftigung rund 20 Stunden pro Woche, ehe die Familienplanung in den Fokus rückte.

Sportliche Frauen: Zurückstecken ist nicht ihr Ding

© Trinkerl

Doch nach den Schwangerschaften kehrte der Elan, mit Unterstützung des ebenfalls triathlon-affinen Ehemanns, schnell zurück. Beim ersten Kind 2010 wohl zu schnell, räumt die heute 39-Jährige selbstkritisch ein. "Anfangs konnte ich schwer akzeptieren, dass die Leistungen nicht mehr so abrufbar waren." Eine Krankheit zwang die Sportlerin, die "Prioritäten zu ordnen". Dazu gehört, den eigenen Bewegungsdrang bei Erkältungswellen des Nachwuchses zurückzustellen. Aus langen mehrstündigen Rad-Ausfahrten sind mittlerweile kürzere Ausflüge geworden. Im Keller ist längst eine stationäre Rad-Rolle installiert und mit einem Hüft-Seil kann im Garten-Pool sogar an der Schwimm-Technik gefeilt werden.

Bei aller Selbstdisziplin spürt Anita Trinkerl, dass ihr sportlicher Tatendrang noch längst nicht erloschen ist. Den einen oder anderen Wettkampf-Einsatz mit der Damenmannschaft des SSV Forchheim hat sie für den Sommer im Auge. "Es ist schwer, im Training halbwegs dranzubleiben. Solange man stillt, kann man es nicht übertreiben." Eine Übersäuerung der Muskulatur wirkt sich über die Laktat-Werte auf die Muttermilch aus. Die innere Unruhe ohne Sport schwingt jedoch immer mit. "Ich habe diesen Trieb, brauche den Ausgleich an der frischen Luft und Zeit für mich. Die Endorphine geben Kraft für den Wahnsinn im Alltag, Wettkämpfe sorgen für den besonderen Kick."

"Trainiert, bis der Babybauch zu dick wurde"

Beim SV Buckenhofen gibt es niemand, der dieser verdienten Spielerin nicht den sportlichen Ruhestand gönnen würde. Doch selbst nach dem offiziell verkündeten Karriereende 2016 kann Sabine Glöckl nicht von ihrer Leidenschaft lassen, taucht immer einmal wieder auf dem Feld auf. "Ich brauche die Bewegung als Ausgleich und um mich körperlich fit zu halten. Wenn ich dann von meiner alten Mannschaft um Hilfe gebeten werde, schmeichelt mir das natürlich", erklärt die 42-Jährige. Die enge Bindung zum Handball, den sie mit drei Jahren regelmäßig in die Hände bekam, war durch die Familie in die Wiege gelegt. Der Vater baute die Abteilung auf und die Geschwister spielten natürlich auch.

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© Ralf Rödel

Nur für die Ausbildungszeit in Würzburg und eine Phase, in der Buckenhofen keine Damen-Mannschaft zusammenbekam, verließ Glöckl den Heimatverein. Seit dem Jahr 2000 ist die in Teilzeit selbstständige Ergo-Therapeutin wieder ununterbrochen mit vollem Engagement für den SVB dabei und legte nach vier Schwangerschaften wie selbstverständlich nur eine moderate Pause von etwa drei Monaten ein. "Für mich war immer klar, dass ich wieder einsteigen würde. Ich habe so lange trainiert, bis der Babybauch zu dick wurde und dann die Mannschaft auf der Tribüne angefeuert", sagt Glöckl. Für sie, die den eigenen Nachwuchs eben zum Freitagstraining mit in die Halle brachte und so zwei von vier Töchtern nachhaltig für den Handball begeistern konnte, gilt es schon als Abstrich, dass sie ab dem zweiten Kind auf die Auswärtsfahrten als Zuschauerin verzichtete und ihr zwischenzeitliches Amt als Jugendtrainerin wieder aufgab. Der Haussegen litt selten. "Mein Mann ist kein Vereinsmensch. Das hat auch seine praktischen Vorteile", so Glöckl.

Während die früheren Gefährtinnen sukzessive ausschieden, gefällt sich die flexible Rückraumspielerin in der Führungsrolle unter Jungspunden, gibt beim Ausschnaufen von der Bank Tipps. "Als Mutter ist der Drang, sich zu kümmern, sicher ausgeprägter", weiß Glöckl. Wie sie Sport und Familie unter einen Hut bekommt, sei auch immer häufiger eine Frage an sie. Dabei offenbaren sich für Glöckl deutliche Generationsunterschiede: "Früher hatten wir mehr Biss, waren bereit, für den Handball das Privatleben auch mal zurückzustellen. Heute liegen die Prioritäten eher auf einem Studium." Derweil hat sich Sabine Glöckl heimlich noch ein großes sportliches Ziel gesetzt — ein Spiel an der Seite ihrer ältesten, 16 Jahre alten Tochter.

"Fußball ist kein Männersport"

Zu Hause in Baden-Würrtemberg war es ganz normal, dass Eda Simsek mit ihren Brüdern bolzte. Allerdings kam keiner auf die Idee, das talentierte Mädchen zum Fußball in einen Verein zu schicken. Erst im Rückblick stellt Simsek diese Tatsache in Zusammenhang mit den traditionellen Werten einer Familie, in der die Mutter in der Rolle als Hausfrau aufging. "Ich hätte mir gerne früher die Unterstützung gewünscht, diese Option in Betracht zu ziehen", sagt Simsek, die schließlich mit 16 Jahren über eine Freundin in einen Fußballverein fand. Beim der SG TV Steinheim/TSV Bartholomä schnupperte sie immerhin Luft in der dritthöchsten Spielklasse, ehe es die heute 23-Jährige zum Studium nach Erlangen verschlug. In der Politikwissenschaft beschäftigte sie sich intensiv mit Menschen- und Frauenrechten und engagierte sich in der Hochschulpolitik.

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© SpVgg Effeltrich

Um "den Kopf frei zubekommen", ist der Fußball immer noch ihre Lieblings-Freizeitbeschäftigung. Eda Simsek, die seit Sommer ins Trikot des Bezirksligisten SpVgg Effeltrich schlüpft, sieht darin gleichzeitig die Grundhaltung, sich als Frau bewusst den eigenen Spaß zu suchen. "Fußball ist kein Männersport", lautet ihre Botschaft. Während sie von einem harmonischen Miteinander in Effeltrich berichtet, gab es früher auch abschätzige Kommentare. "In meinem alten Verein lief alles sehr geschlechtergetrennt ab. Wir bekamen zu hören, dass wir gar nicht richtig spielen würden." Wiederkehrende Gesprächsthemen liefert manche Schwangerschaft im Mannschaftskreis. Eda Simsek zeigt klare Kante. "Ich würde auf jeden Fall gerne weiterspielen und mir Verständnis von meinem Mann erwarten. Oft haben ja die Jungs das Argument einer langjährigen Verbindung zum Verein. Ich sehe den Sportplatz genauso als Teil meiner Familie."

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