Trinkwasserversorgung Igensdorf: Wirklich alles muss neu

27.10.2020, 12:37 Uhr
Trinkwasserversorgung Igensdorf: Wirklich alles muss neu

© Foto: Karl Heinz Wirth

Vor dem Gemeinderat informierten Fachleute über die bisherigen Erkenntnisse sowie die geplanten Vorhaben. Sie sprachen von großteils maroden Einrichtungen, neuen gesetzlichen Anforderungen an die Wasserqualität, unbekannte Rahmenbedingungen und einem möglicherweise enormen finanziellen Aufwand. Das Wasserwirtschaftsamt (WWA) Kronach bestätigte dies in einer E-Mail vom Juli, die den Räten zur Kenntnis gegeben wurde.

Noch 2013 wurde die Wasserversorgung in Igensdorf durch das WWA als versorgungssicher eingestuft. Dieser Status ist schon seit einigen Jahren massiv gefährdet, sagte Bürgermeister Edmund Ulm (CSU). Wie das WWA weiter mitteilte, wirkt sich vor allem der Rückbau vom Tiefbrunnen I, der erhebliche Sanierungsbedarf der Brunnen II und III mit unkalkulierbarem Versagensrisiko sowie das sehr sanierungsbedürftige und nicht mehr den Regeln der Technik entsprechende Wasserwerk in Pettensiedel negativ aus. Die Gemeinde wirke zwar mit dem Neubau von Brunnen IV, Brunnenbefahrungen und der Planung eines neuen Wasserwerks der zunehmend mangelhaften Versorgungssicherheit entgegen. Jedoch müssten diese Maßnahmen dringend umgesetzt werden.

Alt und marode

Um die Versorgungssicherheit für die 5000 Einwohner sicherzustellen, seien Mittel für Investitionen im Haushalt bereitzustellen. Eine Notversorgung durch Nachbargemeinden bei Ausfall eines Brunnens sei nicht umsetzbar. Es gebe nur einen Wasserversorger der dies schaffen könnte. Das wäre die Juragruppe in Pegnitz, die allerdings 32 Kilometer entfernt ist, erklärte Bittner. Brunnen II und III wurden in den 1970er Jahren gebohrt und fördern jeweils 22 und 18 Liter pro Sekunde. Der Po-Kopfverbrauch im Gemeindegebiet sei sehr hoch so Bittner, es würden pro Tag 850 Kubikmeter Frischwasser verbraucht.

Wenn dann etwa Brunnen II saniert werde und Brunnen III ausfalle, weil eine Pumpe ersetzt werden muss, dann habe die Gemeinde "einen Super-Gau", sagte Bittner. Ebenfalls müssten die vier Hochbehälter saniert werden. So ist der Hochbehälter in Rüsselbach undicht, das Wasser laufe in den Bach, wofür es keine Genehmigung geb, so Bittner. Das Wasserwerk Pettensiedel sei sehr alt und müsste dringend saniert oder durch einen Neubau ersetzt werden. Korrodierte Leitungen und nicht übersehbare Schäden seien dort zu diagnostizieren.

Die seit 1. Januar erforderliche Gefährdungsanalyse könne nicht durchgeführt werden, da dies technisch nicht möglich sei, erklärte Bittner. Dass es sehr ernst steht um die Versorgung in Igensdorf zeige die Tatsache, dass die Gemeinde derzeit kein offizielles Wasserrecht besitze und nur durch ein Duldungsrecht weiterhin Wasser fördern dürfe. Werner Reiländer wies noch einmal darauf hin, dass ein Brunnen allein die Wasserversorgung nicht aufrechterhalten könne: "Es ist ein Ritt auf der Rasierklinge".

Brunnen IV habe sehr gute Ergebnisse und sollte so schnell wie möglich gebaut werden. "Wir können das Gremium nur darauf aufmerksam machen, was passiert, wenn ein Brunnen ausfällt" und "Sie sollten sich das gut überlegen, denn entscheiden müssen sie", erklärte er dem Gemeinderat. Die geschätzten Kosten für eine Sanierung liegen bei vier Millionen Euro. Ein Neubau würde 5,4 Millionen kosten. Wobei man bei einem Neubau, der nicht mehr in Pettensiedel wäre, sondern beim Hochbehälter in Oberlindelbach entstehen würde, diesen Behälter nicht mehr benötigen würde.

Der Wasserpreis steigt

Dies könnte man als Einsparung von den 5,4 Millionen abziehen. In der anschließenden Diskussion versuchten einige Räte, Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, jedoch ohne Erfolg. Denn immer wieder wurde auf die Tatsache verwiesen, dass man die Wasserqualität und den neusten technischen Standard alsoberste Prämisse erfüllen müsse. Der Vorschlag, das Wasserwerk mit neuen Ersatzteilen komplett zu sanieren scheiterte daran, dass man dann nur eine rund fünfzig Jahre alte Technik ersetzen würde.

Das Gremium wird sich in der nächsten Sitzung entscheiden müssen, denn die Zeit drängt. Weiterhin beschlossen die Räte, die Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabe anzupassen. Aufgrund der bisherigen umfangreichen Sanierungen und sonstigen Investitionen kommen auf die Verbraucher pro Kubikmeter Frischwasser Mehrkosten von 82 Cent zu; der Preis dafür steigt ab 1. Januar 2021 auf 1,80 Euro.

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