Was sagen die Anwohner

Überall wird gewerkelt: Die große Forchheimer Baustellen-Reportage

29.11.2021, 06:00 Uhr
Die große Rathaussanierung: "Wir wussten beim Einzug, dass wir bald auf eine Baustelle sehen würden", erzählt Andrea Hecking.

© Sylvia Kiesewetter Die große Rathaussanierung: "Wir wussten beim Einzug, dass wir bald auf eine Baustelle sehen würden", erzählt Andrea Hecking.

„Endlich wird dieser hässliche Platz saniert“, sagt Melissa Sitzmann und blickt auf den Paradeplatz. „Wir hoffen als Anwohner auf eine hohe Freizeitqualität, wenn das Ergebnis wirklich so wird, wie geplant.“ Der Lärm halte sich in Grenzen. Ihr einjähriger Sohn könne auch tagsüber schlafen, wenn die Fenster geschlossen sind. „Für einen schönen Platz wollen wir die Bautätigkeiten gern aushalten“, lacht sie, während sich eine Fräse kreischend durch den Beton frisst.

An der Nordseite des Paradeplatzes betreibt Süreyya Durmus die L’Osteria. „Dass der Platz neu gestaltet wird, muss sein. Wir hoffen, dass er nach Fertigstellung auch so aussieht wie auf den Plänen. Das ist in Forchheim nicht immer der Fall.“

Die Nachteile, versperrte Laufwege, Lärm und Staub, müsse man in Kauf nehmen. „Wir können nicht nachvollziehen, wie man einen Bauzaun so hässlich gestalten kann“, fährt Durmus fort. „Kahle Metallzäune und davor diese unsäglichen, rot-weißen Plastikteile. Der Paradeplatz sollte als zentraler Platz im Stadtkern auch als Baustelle herzeigbar sein.“

Er hoffe nun, dass im Sommer etwas Platz für eine Außenbestuhlung zur Verfügung gestellt werde. „Nach den Verlusten durch die Pandemie brauchen wir dringend die Umsätze der Außengastronomie.“

Auch Andrea Friedrich, deren Boutique auf der Westseite des Paradeplatzes liegt, ist der Meinung, dass die große Baustelle zwar lästig ist, aber notwendig. „Ich freue mich auf einen schön gestalteten Platz.“

Auch sie zweifelt an der plangerechten Umsetzung. „Ich finde es schlecht, dass zur gleichen Zeit zwei Großbaustellen das Bild der Forchheimer Innenstadt bestimmen“, sagt sie. „Dazu kommt die Baustelle der ehemaligen Metzgerei Belzer. Seit zwei Jahren steht dort ein Container und ein alter Lastwagen mitten in der Fußgängerzone. "Attraktiv macht das unsere Altstadt nicht.“

Sie beobachte auch die Schüler an der Bushaltestelle. „Es ist dort viel zu eng für die vielen Schüler“, meint Andrea Friedrich. „Die Kinder stehen ja nicht still. Hoffentlich passiert da nichts.“ Durch die Schließung der Rewe habe der Paradeplatz an Attraktivität verloren und der Publikumsverkehr abgenommen. Die Stadt hätte das von Anfang an besser planen müssen. „Zwei Jahre Bauzeit sind schon viel“, meint sie. „Das ist doch nicht der Trafalgar Square.“

Am Rathausplatz wird gerade lautstark gesägt und gehämmert. Der Arm des riesigen Krans dreht sich knatternd über dem Rathausdach. „Neulich hatten wir Sturm“, erzählt Hannelore Hüller, die am Ostrand des Rathausplatzes wohnt. „Der Kranarm drehte sich im Wind über unserem Dach und die Last schwankte bedrohlich am Kabelseil. Das war schon beängstigend.“

Die Baustelle sei ganztägig laut und vor allem im Sommer sehr staubig. „Fensterputzen macht zurzeit keinen Sinn“, lacht sie und fährt fort: „Gibt es keine schönere Lösung für Bauzaun und Fassadenplane? Forchheim ist momentan sowieso unansehnlich durch zu viele gleichzeitige Baustellen und aufgegrabene Straßen. Unser schönes Forchheim! Ich hoffe, dass Forchheim aus den Baumaßnahmen attraktiver für Bürger und Touristen hervorgeht.“

„Wir haben sozusagen die Logenplätze an der Rathausbaustelle“, sagt Andrea Hecking, die betonen will, dass sie jetzt als Anwohnerin und nicht als Stadträtin spricht. „Für meinen achtjährigen Sohn ist die Baustelle mit ihren unterschiedlichen Maschinen und Tätigkeiten total spannend.“

Bauzäune, Absperrungen und Kräne bestimmen das momentane Stadtbild Forchheims.

Bauzäune, Absperrungen und Kräne bestimmen das momentane Stadtbild Forchheims. © Sylvia Kiesewetter

Laut und staubig sei es natürlich schon, aber sie habe den Eindruck, dass die Abläufe gut organisiert seien. „Die Bautätigkeiten beginnen meist um 7 Uhr. Um 18 Uhr kann man noch Licht sehen, aber der Lärm hat dann aufgehört“, berichtet Andrea Hecking. „Bis auf einige wenige Male gibt es auch keine verkehrstechnischen Behinderungen.“

Vom Küchenfenster aus sieht man genau auf die mit Planen verhängten Rathausgebäude und aus der Vogelperspektive hinter den Bauzaun. Es ist ziemlich viel los. „Wir sind 2019 zum seither letzten Weihnachtsmarkt eingezogen, hatten das Forchheimer Postkartenmotiv direkt vor dem Fenster. Wir wussten beim Einzug, dass wir bald auf eine Baustelle sehen würden“, erzählt Andrea Hecking.

„Aus anderen Städten kenne ich Baustellenplanen, die die Gebäudefassade in renoviertem Zustand zeigen. Wäre das nicht attraktiver und informativer? Schön anzusehen ist das Rathaus zurzeit nicht.“ Sie lacht und sagt: „Jetzt müssen wir mindestens so lange hier wohnen bleiben, bis wir das tolle Ergebnis in ein paar Jahren sehen können.“

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