Überwältigt vom Ansturm: Obertrubach feiert seinen Dorfladen

7.4.2019, 11:42 Uhr
Überwältigt vom Ansturm: Obertrubach feiert seinen Dorfladen

© Fotos: Franz Galster

Es schließt sich quasi wieder ein Kreis in mehrfacher Hinsicht: Am 14. Oktober 2017 machte hier der alte Dorfladen Kaufhaus Wölfel dicht. Das Gebäude stand zum Verkauf an. In einem bewundernswerten Kraftakt nahmen die Obertrubacher die Geschicke selbst in die Hand: Sie holten sich einen professionellen Berater für Dorfläden und bildeten einen Arbeitskreis. Die Gemeinde begleitete das Vorhaben aktiv und konnte Bianca und Jürgen Häfner als neue Käufer des Hauses gewinnen, indem sie eine zehnjährige Mietgarantie für den neuen Dorfladen abgab. Im gesamten Landkreis Forchheim ist das Thema der Dorfläden ein großes.

So mutierte das Kaufhaus Wölfel in den Dorfladen Obertrubach. Unermüdlicher Motor des Ganzen waren und sind Thomas Laitsch und seine Frau Elke Stein. Am 29. März öffnete der Dorfladen Obertrubach seine Pforten. Ganz leise, fast heimlich, ohne Werbung, wie Laitsch sagt, der auch die Geschäftsführung übernommen hat.

Etwa zehn Teilzeitkräfte machen sich als Verkäuferinnen mit dem Geschäft vertraut, wollen einfach noch Zeit zum Üben haben. Rewe lieferte die Raumausstattung, der Kunde kauft hier nach Konditionen des Einzelhandelsunternehmens ein – gute Voraussetzungen für das Gelingen. Wer sich in die modernen, hellen Räume schon jetzt verirrt, wird gerne bedient. So wie Erika aus Geschwand. "Ich sah das Schild außen und ging gleich herein, um Brot und eine Zeitschrift zu kaufen", erzählt sie. "Ich kaufe schon immer hier ein", meint Veronika aus Obertrubach. "Das Angebot muss man nutzen, vor allem, wenn dann auch die Preise stimmen. Man spart Zeit und Wege."

Die wesentlichen Dinge

"Wir sind keine Fachleute, müssen noch lernen", betont Laitsch, der eben für Nachschub von Brot sorgt. Klar, modern und lichtdurchflutet strukturiert zeigt sich der Laden. Die wesentlichen Dinge des Lebens finden sich. Manches Regal ist noch nicht belegt. Platz für die Ergänzung des Sortiments muss sein. Laitsch deutet auf die regionale Theke, wo Produkte aus dem Umkreis Platz finden – wie Honig aus Herzogwind, Streuobstwiesensaft aus Schoßaritz, Fruchtaufstrich und Liköre aus Igensdorf oder auch Whisky aus Thuisbrunn.

Dafür, dass die "inoffizielle" Eröffnung bisher kaum bekannt ist, ist die Frequenz im Laden bereits beachtlich. Mancher nutzt die gemütliche Ecke beim Plausch und Kaffee. "Wo tote Hose drohte, entsteht wieder so etwas wie die Seele des Dorfes", beobachtet Bürgermeister Markus Grüner das Geschehen zufrieden.

Die neuen Eigentümer des Dorfladens haben auf der gegenüberliegenden Straßenseite das Büro ihres Unternehmens, einem Baugeschäft. Im Beisein von Bürgermeister Grüner gingen sie nochmals auf die Geschichte des denkmalgeschützten Hauses mit dem Laden ein. Viele Bilder und alte Dokumente belegen die bewegte Geschichte des Gebäudes im Zentrum des Dorfes.

Backsteinbau aus dem Jahr 1880

Um 1880 errichtete ein Conrad Brendel den zweigeschossigen Backsteinbau, bereits damals mit einem Dorfladen. Die dekorative Backsteinarchitektur, ein Schiefergiebel und vor allem die aus Lerche geschnitzten Holzverzierungen um die Fenster waren wesentliche Gründe, das Haus unter Denkmalschutz zu stellen, wie Bianca Häfner erläutert. Auf der Rückseite der Holzteile fand man handschriftlich die Namen der damals Mitwirkenden. Die Schreinerei Stephan Kugler hat jetzt diese Verzierungen in mühevoller Kleinarbeit abgenommen, zerlegt, restauriert und wieder befestigt.

Jürgen Häfner deutet vor Ort auch auf die Backsteine in Formaten, wie sie heute nicht mehr zu finden sind. In mühevoller Kleinarbeit wurden 14 Tage lang die Steine ausgetauscht, die dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen sind. Nur bei sehr genauem Hinschauen sind die tadellosen Reparaturen teilweise erkennbar.

Man merkt im Gespräch den neuen Besitzern an, dass sie auf das neue Schmuckkästchen im Dorfzentrum stolz sind. Auf der Seite der Teichstraße grenzt der Dorfladen eng an die Kreisstraße. Die Vorbereitungen in der Gemeinde sind getroffen, den Gehsteig zu verbreitern.

Aus Aufzeichnungen fanden sie heraus, dass der Erbauer der Urgroßvater der neuen Besitzer war. Erbteilungen hatten die Spuren etwas verwischt. Jetzt schließt sich hier ein weiterer Kreis.

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