Unbekannte Beatles sind beim offenen Podium in Forchheim der Hit

18.2.2020, 14:32 Uhr
Unbekannte Beatles sind beim offenen Podium in Forchheim der Hit

© Udo Güldner

Wer schon einmal ins Wirtshaus-Singen auf dem Schindler-Keller geraten ist, der kennt die "Volxfreunde". Bernhard Lauger und sein Akkordeon, Michael Härtel mit dem Waschbrett vor dem Bauch und Jürgen Schönfelder an der Gitarre verfränkeln Hits der heimatsoundigen "Folkshilfe" oder der Austro-Band "Seiler & Speer".

Das hat trotz Lodenjanker und Kniestrümpfen keinen Moment lang etwas von Florian Silbereisen, und das ist gut so. Denn ihr leicht anarchischer Zugriff auf eine gewisse Maria Dolores, deren Stimme Wunden heilt, packte das Publikum, das schon bald das Mitsingen nicht mehr lassen konnte. So ansteckend erzählte das Trio davon, wie bei der Kerwa ein Säula geschlachtet wird, wie man als Musiker "Ob und zu" auch mal zu ist, und dass "Seid a boor dooch" die Brotzeitplatten auch immer kleiner werden, dass der Beifall dabei immer größer wurde.

Gerade eben erst aus Irland heimgekehrt ist Dennis Kobylinski. Der Singer/Songwriter hat einige Monate an der Universität Dundalk nördlich von Dublin das studiert, was man dort "applied music" nennt. Ein ganz praktischer Zugang zum Folk.

Zärtliche Erinnerungen

Die Anregungen wird er in seinem zweiten Album umsetzen, das gerade in Arbeit ist. So ganz nebenbei ist der Liedermacher, der einst in Pinzberg lebte und im Offenen Podium seine erste Gehversuche machte, an der Hochschule in Hildesheim. Nach einer "Karriere" als Lagerist und Bürokaufmann in einer Spedition hat er sich seit vier Semestern nun ganz der Musik zugewandt. Seine Songs, die von schmerzhafter Liebe und zärtlichen Erinnerungen erzählten, hinterließen ein Publikum, das vor Jubel weder ein noch aus wusste.

Dazwischen erinnerte sich Ali-Fuat Karabag daran, wie er 1981 nach Forchheim gekommen war, wo sein Vater und sein Onkel schon einige Zeit als Gastarbeiter in der 4P-Folienfabrik schufteten. Als Kind türkischer Eltern an der Grenze zu Armenien geboren, hätte er es fast zum Abitur geschafft. Nur die damals üblichen, nicht gerade integrationsförderlichen Klassen in der Martinschule, die nur auf Türkisch unterrichtet wurden, verhinderten Größeres.

Nach der Zentralschule wurde er Mechaniker, seine Familie übernahm das gleichnamige Früchtehaus in der Hornschuchallee. Zu dieser Zeit entwickelte sich die Musikerinitiative Ebermannstadt-Forchheim (MIEF), aus der vor 28 Jahren der Megafon-Verein werden sollte.

Anhand einiger Konzertplakate erinnerten sich Gerhard Weiß, Bernhard Lauger, Tobias Seitz und Robert Hübschmann an die Partytime, das AltstadtFETZT oder das "Cool am Pool".

Allerdings hielt sich Robert Hübschmann nicht lange mit der Vergangenheit auf. An der Seite Benedikt Billichs sang der JTF-Vorsitzende dessen komplexe Kompositionen. Ein Wagnis, weil es sich dabei keineswegs um Rockmusik mit drei Riffs handelte. Die beiden Ex-Forchheimer, die nun in Eggolsheim und Erlangen leben, widmen sich seit rund 15 Jahren dem Post-Progressive-Rock.

Ungeheuer wandlungsfähige Stimme

Zumeist als Quartett mit Billichs Bruder Johannes am Schlagzeug und Daniel Saffer am Bass sind sie legendären Bands wie Porcupine Tree, Rush oder Radiohead auf der Spur. Diesmal in originellen, intimen Arrangements, die der Stimme ungeheure Wandlungsfähigkeit abverlangen. Manch Rockmusiker abseits der Bühne staunte nicht schlecht.

Unbekannte Beatles sind beim offenen Podium in Forchheim der Hit

Als die drei bislang unbekannten Beatles aus Forchheim die zweite Zugabe ins Mikrofon gesungen hatten, kochte der Kulturkeller. Claus Friedrich, Tobias Seitz und Peter Lassner spielen seit 20 Jahren zusammen, wenngleich auch nur einmal im Jahr. Sonst sind sie bei den "Chicolores" oder in der "Jamily" zu sehen. Egal ob da "Norwegian Wood" oder das noch seltener aufgeführte "This boy" den Gitarren entstieg, die akustische Raffinesse betörte noch in der letzten Reihe. Wie sagt der Amerikaner, wenn er etwas geil findet "Two thumbs up": Und genauso heißt das Trio. Wer zwei Daumen hatte, hatte die am Ende der dreistündigen Talenteschau auch oben.

Das nächste Offene Podium im Jungen Theater findet am Samstag 14. März, ab 20 Uhr statt. Der Eintritt ist frei. Vor der Pause werden aber wieder Spenden eingesammelt.

Wer Dennis Kobylinski in voller Länge hören will, kann am Freitag 21. Februar, um 20.30 Uhr den Live-Club Bamberg (Obere Sandstraße 7) besuchen. Mit ihm stehen Oporto und Walking Men auf der Bühne. Karten zu 12 Euro an der Abendkasse.

Claus Friedrich und seine Kollegen der "Chicolores" feiern am 28. und 29. Februar, jeweils ab 20 Uhr im Jungen Theater ihr 20-jähriges Bandjubiläum. Karten zu 15 Euro (ermäßigt 14 Euro) gibt es im Vorverkauf im NN-Ticketshop in der Hornschuchallee 7.

Keine Kommentare