Gibt es keine Alternative?

Unverständnis und Verständnis: Aufgehängte Krähen verschrecken in der Fränkischen Schweiz

15.9.2021, 12:10 Uhr
Eine tote Krähe hängt zwischen Pinzberg und Gosberg. 

© Athina Tsimplostefanaki, NNZ Eine tote Krähe hängt zwischen Pinzberg und Gosberg. 

„Servus“ ist an einem Silo zwischen Gosberg und dem Pinzberger Bahnhof, in Richtung Forchheim, zu lesen. „Servus und Willkommen im Mittelalter!“, findet eine Spaziergängerin aus der Umgebung. Entsetzt sah sie sich einem makabren Schauspiel gegenüber: mit dem Kopf nach unten aufgehängte tote Krähen.

Tatsächlich haben Landwirte bereits im Mittelalter die Methode genutzt, Krähen mit ihren leblosen Artgenossen davon abzuhalten, Saatgut und Gemüsebestände ihrer Äcker zu plündern. Und noch heute gilt es unter Landwirten als eine der effektivsten Techniken.

Bei Tierschützern und Bürgern stößt die alte Praktik aber nur auf Abscheu und Unverständnis. Die Spaziergängerin, die den Fall entdeckte, meint: „Wir leben im 21. Jahrhundert. Da geht sowas doch nicht mehr. Für mich ist das nur Respektlosigkeit oder sogar Hass unseren Mitgeschöpfen gegenüber.“

Ist das erlaubt?

Sie kann nicht glauben, dass das rechtlich erlaubt ist. Aber genau das ist der Fall. Solange professionelle Jäger die Vögel geschossen haben, dürfen die Landwirte die Kadaver zum sogenannten Vergrämen verwenden. In Bayern ist die Jagd auf Rabenvögel zwischen Mitte Juli und Mitte März gestattet. Laut dem Landratsamt Forchheim wurden im vergangenen Jagdjahr 862 Rabenkrähen im Landkreis erlegt. Natürlich ist das kein schöner Anblick. Aber eine Gefahr besteht schließlich nicht, denn „von einer erhöhten Seuchengefahr ist bei einzelnen aufgehängten Tieren nicht auszugehen.“

„Die Jagd ist aber das einzige erlaubte Mittel zur Dezimierung der Rabenvögel“, versichern Landratsamt und Untere Naturschutzbehörde. „Und die Dezimierung ist notwendig, um die große Belastung durch die Krähen auch für die Tierwelt zu verringern, da sonst beispielsweise viele Junghasen getötet werden und die Gelege von Bodenbrütern geplündert werden.“

Die toten Tiere sind auch von der Straße aus zu sehen.   

Die toten Tiere sind auch von der Straße aus zu sehen.   © Athina Tsimplostefanaki, NNZ

Der LBV ist wütend: „Jagd ist völlig sinnbefreit“

Diese Begründung kann Helmut Schmitt, Vorsitzender der Kreisgruppe Forchheim des Landesbundes für Vogelschutz, nicht nachvollziehen. Im Gegenteil, sie machen ihn wütend. „Für mich ist die Jagd auf Krähen völlig sinnbefreit. Die Bestände steigen nicht. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Und sie sind auch nicht schuld am Aussterben anderer Tierarten.“

Es sei außerdem mehrfach nachgewiesen, dass die makabre Abschreckungsmethode keinen Nutzen bringt. Anders sieht es für die Behauptung aus, dass Rabenkrähen hohen, wirtschaftlichen Schaden verursachen würden. Schmitt sagt: „Leider kenne ich keine seriöse, belastbare Erhebung dieser Schäden.“

Es gibt zahlreiche, moderne Alternativen des Vergrämens wie zum Beispiel Plastikkrähen oder Netze. „Vielleicht bunte, wehende Bänder, eventuell auch CDs, die im Wind baumeln und das Sonnenlicht reflektieren“, schlägt der Vogelschützer noch vor. „Alle anderen Maßnahmen sind besser als die toten Krähen.“

Schmitt ist entsetzt darüber, dass die Kadaver teilweise wohl sogar im Internet zum Verkauf stehen. Letztlich ist jedem Landwirt aber selbst überlassen, mit welchen Methoden aus welcher Zeit er seine Äcker schützen möchte.

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