Veilbronn: Jasmin Ochs will sich in Afrika einbringen

12.8.2018, 20:00 Uhr
Veilbronn: Jasmin Ochs will sich in Afrika einbringen

© Udo Güldner

"Wenn nicht jetzt, wann dann?" Nach all dem schulischen Stress und dem ganzen Lernen will Jasmin Ochs endlich etwas Praktisches tun. Nicht sofort wieder an der Universität in die Bücher schauen. "Ich möchte die Menschen anderswo besser verstehen."

Vor Ort in der Provinzhauptstadt Natitingou wartet ein Projekt auf Jasmin Ochs, das Mädchen und jungen Frauen eine berufliche Perspektive im Schneiderhandwerk ermöglichen soll. "Ich werde mich im Centre Deborah um die Alphabetisierung und das mathematische Grundwissen der etwa Gleichaltrigen kümmern." Die Defizite kämen davon, dass viele in jungen Jahren bereits arbeiten müssten oder verheiratet würden und sie so keinen Zugang zu schulischer Bildung bekämen. "Später tun sie sich dann schwer, ein kleines Gewerbe zu betreiben, weil ihnen die Grundlagen der Buchhaltung fehlen oder sie Formulare nicht lesen oder ausfüllen können."

Immerhin drei Viertel der Frauen Benins können nicht lesen und schreiben. Hinter der Aktion steht die "Kinderhilfe Westafrika", ein von Christen getragener Verein, der sich um bedürftige Menschen in Entwicklungsländern bemüht. "Man kann da nicht die Welt retten, aber sich selbst einbringen, etwas über andere und sich selbst lernen."

In ihrer Umgebung gebe es unterschiedliche Reaktionen auf ihre einjährige Abwesenheit. "Meine gleichaltrigen Freunde finden es voll cool, einige gehen als Au Pair oder zum Work & Travel ins Ausland; meine engsten Freunde finden die Idee ganz stark; nur meine Familie ist traurig, dass ich so weit weg bin."

Ihre Eltern hätten ihr den Rücken gestärkt: Wenn sie es machen wolle, dann müsse sie es machen. Auch wenn das dann Loslassen bedeute.

Doch Jasmin Ochs hat nicht nur die Menschen in Benin im Auge. Sie will auch ihre eigenen Afrika-Bilder und die ihrer deutschen Umgebung überprüfen. Das beginnt schon damit, dass Benin als eines der fortschrittlichsten Länder der Region in Fragen der Gleichberechtigung und als sehr stabile Demokratie gilt, die über eine gute digitale Infrastruktur verfügen soll. "Wir hören aus Westafrika oft nur das Negative", so die neugierige junge Frau. Sie selbst habe sich schon über die Mentalität der Menschen (starkes Gemeinschaftsgefühl und große Gastlichkeit), die klimatischen Verhältnisse (zwei Trocken- und eine Regenzeit) und die landschaftlichen Schönheiten (das Atakora-Mittelgebirge und den Pendjari-Nationalpark) dort informiert.

Erst kürzlich Abi gemacht

Befürchtungen vor der neuen Erfahrung habe sie nicht, aber Sorge, ob sie die Aufgaben dort schaffe, ob sie sich zurechtfinde. "Da hilft es mir, dass noch eine weitere Freiwillige aus München dort sein wird." Dass man in Benin Französisch spricht, kommt der sprachbegabten jungen Frau ebenfalls entgegen, die am Gymnasium Fränkische Schweiz in Ebermannstadt gerade erst ihr Abitur geschafft hat. Auf den kleinen Küstenstaat, der einmal Dahomey hieß und von Togo, Burkina Faso, Niger und Nigeria umschlossen ist, kam Jasmin Ochs durch Zufall. Oder besser gesagt durch Inga Bruhnke, die Frau des evangelischen Pfarrers von Heiligenstadt. Denn kirchlich engagiert war Jasmin Ochs als Leiterin der Jungschar, als Helferin bei der Kirchweih, zum Kirchencafé beim offenen Schlosspark in Unterleinleiter und bei Kinder-Gottesdiensten ebendort schon länger.

Kirchlich engagiert

Auch auf ihre spätere berufliche Laufbahn könnte sich der Freiwilligendienst auswirken. Das ursprünglich geplante Pharmaziestudium, das sie lange Zeit im Labor festgehalten hätte, ist nun nicht mehr die einzige Option. "Chemische Verbindungen sind zwar auch interessant, aber der Mensch ist viel spannender." So könnte es geschehen, dass durch die pädagogischen Erfahrungen in der Ferne in Jasmin Ochs der Entschluss reift, Lehrerin zu werden. "Vielleicht bereute ich es eines Tages, diese Erfahrung nicht gemacht zu haben."

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