Vor dem Lockdown: Was die Händler im Landkreis Forchheim jetzt umtreibt

15.12.2020, 05:41 Uhr
Vor dem Lockdown: Was die Händler im Landkreis Forchheim jetzt umtreibt

© Foto: Thomas Weichert

Der Lockdown ab Mittwoch mache den Geschäftsleuten einen dicken Strich durch die Rechnung, "aber erwartet haben wir das schon", so Stollmann, der in Ebermannstadt eine Parfümerie betreibt. Normalerweise kämen die Leute sogar noch an Heiligabend in den Laden. Jetzt sei zwar mehr los, aber das könne die fehlende Woche nicht ausgleichen. Es werde grundsätzlich weniger gekauft, wie Stollmann beobachtet hat: "Wahrscheinlich, weil die Leute nicht genau wissen, wann und an wen sie das Geschenk überhaupt loswerden können."

Die Händler und Betriebe in Ebermannstadt arbeiten nach Stollmanns Einschätzung schon seit einiger Zeit daran, sich digital aufzustellen, etwa mit Onlineangeboten. Und auch den zweiten Lockdown wollen sie – wie schon im Frühjahr – mit verstärktem Service überstehen: "Viele Geschäfte liefern ihre Waren aus", erklärt Stollmann. Man könne etwa telefonisch oder per E-Mail Waren bestellen. Er selbst habe einen Online-Shop und da seien diese Nacht bereits einige Bestellungen reingekommen.

Annika Stinzing, für Ebermannstadt zuständige Zentrenmanagerin, verweist ebenfalls darauf, dass man bei vielen Läden online bestellen kann. Auf der Internet-Plattform www.ein-herz-fuer-ebs.de seien Geschäfte aus der Stadt aufgeführt, bei denen man Waren ordern könne. Auf der Website gebe es einen guten Überblick darüber, wo vor Ort man was bestellen kann.

Eigentlich Hauptgeschäftszeit kurz vor Weihnachten

Nußknacker, Räuchermännchen, Weihnachtspyramiden und Schwibbogen aus dem Erzgebirge sind ein beliebter weihnachtlicher Schmuck für Wohnungen. Schon seit 1978 bietet Annette Seliger diese Volkskunstprodukte in Muggendorf in der Fränkischen Schweiz zum Kauf an. Das meiste, was in der Region Seiffen im Erzgebirge hergestellt wird, hat einen Bezug zu den Festtagen. Nur weniges davon pflegt man ganzjährig zu benutzen. Dementsprechend sind die Wochen vor Weihnachten die Hauptgeschäftszeit für Seliger. "Es wäre schön gewesen, wenn auch diese Woche noch die Läden hätten offen sein dürfen, aber wenn es so sein muss . . .", sagt sie. Katastrophal wäre es geworden, hätten die Läden schon früher schließen müssen.

Die letzte Zeit war bei ihr schon viel los, in den letzten zwei Tagen vor dem Lockdown am Mittwoch "wird es wohl richtig hektisch werden". Anrufe von Kunden – viele kommen seit Jahren – hat sie in diesen Tagen schon viele erhalten. Die Leute würden ihre Produkte kennen und sie auch zum Versand bestellen. Diese Möglichkeit hat Seliger immer schon in ihrem Angebot, auch wenn sie keinen Online-Shop führt.

Für sich selbst ist sie froh, dass es den Marktladen in Muggendorf gibt. Dort und beim örtlichen Gemüsehändler nebenan will sie sich mit Lebensmitteln versorgen. Damit könne sie, so hofft sie, größere Käuferansammlungen in Supermärkten vermeiden.

Landratsamt versucht den Betrieben zu helfen

Gestrickt und gehäkelt wird überwiegend in den kalten Monaten und wenn man viel Zeit hat. Anke Bielz, die Inhaberin von Ankes Schul- und Wollladen in Heroldsbach, rechnet aktuell mit verstärkter Nachfrage nach Wolle und Nähgarnen, weil mancher im Shutdown Handarbeit als Alternative für sich entdecke. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass ihr jetzt bestimmte Produkte ausgehen oder die gewünschte Menge nicht mehr vorrätig ist. Zwar kann Bielz bei den Herstellern nachordern wie sonst auch. Das Problem jetzt ist: Wie erhält der Kunde die bestellte Ware, wenn der Laden geschlossen sein muss?

Vor dem Lockdown: Was die Händler im Landkreis Forchheim jetzt umtreibt

Deshalb hat Bielz gleich Montag in der Frühe im Forchheimer Landratsamt angerufen und gefragt, ob es erlaubt ist, nach dem Shutdown noch eintreffende Bestellungen direkt an die Haustür des Kunden zu liefern. "Die waren total nett", sagt sie, "nur sie wussten auch nichts". Die Landratsämter müssten die Details der Beschlüsse aus der Landeshauptstadt München abwarten. Wer etwas nachfragen wolle, könne dies ab Mittwoch tun, das hätte man ihr gesagt.

Gewerbetreibende, die eine konkrete Frage hätten, sollten sich per E-Mail ans Landratsamt wenden. Diese würden beantwortet, damit der Fragende gegebenenfalls etwas in der Hand habe, wenn er gerügt oder kontrolliert werde, zitiert Bielz weiter aus der ihr vorliegenden Auskunft. Für das persönliche Ausliefern direkt an die Haustür der Kunden hat sich Bielz entschieden, weil sie es vermeiden will, mit 20 Paketen in der Schlange bei der Post zu stehen. Bei Nachbestellungen habe sie das auch früher schon gemacht.

Nebenkosten fressen Gewinn auf

Was nicht gehe und nach ihrer Kenntnis sogar mit Bußgeld bedroht ist, sei das Bereitstellen von Waren an der Ladentür. Das sei auch nachvollziehbar, könnten sich dort doch mehrere Kunden ansammeln. Umgekehrt hätten auch einige ihrer eigenen Zulieferer schon bei ihr angefragt, ob sie Bestellungen auch an ihre Privatanschrift liefern dürften. Schließlich sollen diese ja auch ankommen, wenn der Laden zu ist.

Die Nebenkosten, so schätzt Bielz, werden in diesem Jahr ihren ganzen Gewinn auffressen. Denn sie lässt die Tür des schmalen Ladens auch bei kalten Außentemperaturen zur Durchlüftung offen, wenn Kunden kommen. Davon dürften immer nur zwei gleichzeitig im Laden sein. Das Ladenlokal werde mit einer Fußbodenheizung erwärmt und die sei träge. Eine unangenehme Folge für die Inhaberin selbst ist, dass die Temperatur im Inneren gegen 18 Uhr gerade noch etwa 16 Grad beträgt und sie deshalb in Skikleidung gehüllt verkauft.

Kurzfristig mehr Publikum im Laden

Im Jahr 1984 eröffneten Roswitha und Manfred Brehm ihr Elektro-Fachgeschäft am Marktplatz in Heiligenstadt im Landkreis Bamberg. Nun erlebt das Familienunternehmen der Elektro-Branche zum zweiten Mal in seiner Firmengeschichte einen Lockdown wegen Corona. Auf die vorübergehende Schließung ab Mittwoch reagieren auch die Kunden: "Der Publikumsverkehr im Geschäft hat heute am Vormittag schon spürbar zugenommen", hieß es am gestrigen Montag von den Brehms. Ob das am heutigen Dienstag auch so sein wird, werde der Tag zeigen.

Spürbar habe die Kundenfrequenz auch im Laden der Brennerei Haas in Pretzfeld zugenommen, einen regelrechten Boom erlebte dort aber über das Wochenende der Onlinehandel. "Alleine am Sonntag hatten wir über 80 Bestellungen, wir kamen mit dem Verpacken nicht mehr nach", berichtet Geschäftsführer Johannes Haas. Und weiter: "So einen Ansturm hatten wir noch nie."

Bei den Kunden, die den Laden in Pretzfeld besuchen, sei durchaus eine leichte Panik feststellbar, stellte Haas fest. Ob die Verkaufsfläche aber tatsächlich ab Mittwoch geschlossen werden muss, das sei noch offen, "denn wir sind ein Direktvermarkter und verkaufen nicht nur Spirituosen, sondern auch Lebensmittel. Nach den Vorgaben der Bundesregierung müssten wir offenlassen dürfen." Endgültig werde das noch mit dem Landratsamt geklärt.

Gößweinstein: Gärtnerei zu, Schuhladen zu

Sehr viele Einzelhandelsgeschäfte, die vom harten Lockdown ab Mittwoch betroffen sind, gibt es in Gößweinstein nicht mehr. Schließen muss dann unter anderem etwa der Sonderposten-Baumarkt im Gewerbegebiet Sandbühlein, ein Schuh- und Modegeschäft oder das Lederwaren- und Andenkengeschäft von Vera Kraus in der Pezoldstraße. Normalerweise hätte Kraus ihren Laden in der Adventszeit ohnehin geschlossen, weil sie da traditionell mit ihrem Stand auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt stehen würde. Doch auch der fällt heuer wegen Corona aus.

Und "selbst wenn er stattgefunden hätte, wäre nicht viel verdient gewesen, weil das Meiste die Ausländer kaufen, die ja nicht kommen können", sagt Kraus, die 2020 erhebliche Umsatzeinbußen hat. Am härtesten trifft der Lockdown in Gößweinstein, wie schon im Frühjahr, die beiden ortsansässigen Gärtnereien.

"Die Nerven der Unternehmer, nicht nur unsere, sind sehr angespannt ", sagt Gärtnermeister Harald Wiedow, dem der harte Lockdown das Weihnachtsgeschäft verhagelt. Und "das ist neben dem Frühjahrsgeschäft das wichtigste im ganzen Jahr", so Wiedow weiter, der mit seiner Tochter Anna-Lena, die Gärtner- und Floristikmeisterin ist, für das Weihnachtsgeschäft gerade rund 1800 Weihnachtssterne großgezogen hat. Die Hälfte der Pflanzen sei zum Glück bereits vorbestellt, sagt Anna-Lena Wiedow, die außerdem noch die amtierende Gößweinsteiner Faschingsprinzessin ist. Aber nicht nur der Fasching fällt diesmal aus, sondern auch das Geschäft mit der Gastronomie. Weil die Gaststätten und Hotels, die sonst immer viele Weihnachtsterne für ihre Dekoration brauchen, jetzt ja auch geschlossen haben. Harald und Anna-Lena Wiedow hoffen ab Mittwoch auf ihren Abhol- und Lieferservice den sie, wie schon im Frühjahr, wieder anbieten wollen. Und auf Fleurop.

Was nicht verkauft wird, muss vernichtet werden

Es sei jetzt aber noch nicht abschätzbar, wie gut der Lieferservice ankommen werde. Die Weihnachtssterne, die die Gärtnerei am Ende nicht verkaufen könne, müssten wohl vernichtet werden. Herbe Umsatzeinbußen werde es vor allem im Ladengeschäft der Gärtnerei geben, in dem normalerweise Blumen und Weihnachtsdekoration verkauft werden. "Natürlich muss man versuchen, das Virus in den Griff zu bekommen", sagt Anna-Lena Wiedow. Und ihr Vater ergänzt, dass der Lockdown aus seiner Sicht die Psyche der Menschen kaputt mache. Nicht nur für viele Unternehmer, sondern auch für deren Mitarbeiter und Kunden sei der Shutdown existenzbedrohend.

Bereits jetzt gebe es für seine Gärtnerei große Unsicherheiten für den Frühling. Denn die Jungpflanzen, die im Frühjahr 2021 verkauft werden sollen, müssten jetzt schon bestellt werden. Wenn dann immer noch oder wieder Lockdown sei, werde es ganz schwierig.

"Dann wird es eine Katastrophe"

Ganz ähnlich äußert sich Gärtnermeister Konrad Schrüfer von der gleichnamigen Gärtnerei. Auch er bot im Frühjahr bereits einen Liefer- und Abholservice an. "Ob wir das nun auch wieder dürfen, wissen wir noch gar nicht", sagt Schrüfer. Der in dieser Frage noch auf eine Antwort des Bayerischen Gärtnereiverbandes wartet.

Auch Schrüfer betont, dass das Weihnachtsgeschäft zu den wichtigsten Umsätzen im ganzen Jahr zähle. Sein Ladengeschäft in der Pezoldstraße steht voller weihnachtlicher Geschenkartikel. "Jeder bringt an Weihnachten Blumen mit, um anderen Menschen eine Freude zu machen", sagt der Inhaber, der nicht nachvollziehen kann, wieso Supermärkte, in denen es viel enger zu gehe als in seinen Gewächshäusern mit rund 4000 Quadratmetern Verkaufsfläche, Blumen verkaufen dürfen, er aber nicht. Was heuer auch wegfällt, sind die Weihnachtsfeiern, für die er sonst viele Blumen geliefert hat. Wenn sich das mit der verordneten Schließung bis in den März hinziehe, "wird es ganz schlimm. Dann wird es für uns eine Katastrophe", befürchtet Schrüfer.

Unsicherheit und Abwarten

Wie es ab Mittwoch in seinem Autohaus mit Kfz-Werkstatt weiter geht, weiß Thomas Steinhäußer aus Gräfenberg am Montag noch nicht: "Wir warten noch auf Infos von der Innung." Beim ersten Lockdown im Frühjahr durfte der Servicebetrieb in seiner Werkstätte weiterlaufen und "nur" der Verkaufsraum musste eine Zwangspause einlegen. Mit einer solchen differenzierten Regelung rechnet Steinhäußer auch jetzt.


Forcheimer Läden öffnen vor Lockdown zwei Stunden länger.


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