Fischereiverein schlägt Alarm

Wasserspiegel am Labsee im Regnitztal sinkt dramatisch

5.9.2021, 12:01 Uhr
Wasserspiegel am Labsee im Regnitztal sinkt dramatisch

© Maria Däumler , NN

Ein paar Angler sitzen am dicht bewachsenen Ufer des Labsees, den der Altendorfer Sportfischereiverein vor über 20 Jahren für 500.000 Euro gekauft hat und seither bewirtschaftet. Das Gewässer, das unterhalb von Unterstürmig zwischen Bahnlinie und Autobahn liegt, ist ein richtiges Naturidyll mit einem Vogelschutzgebiet. Doch Oliver Zierock ist tief besorgt: Seit er vor neun Jahren das Amt des Grund- und Gewässerwartes beim Fischereiverein übernommen hat, sinkt der Wasserspiegel des Sees enorm. Rund 2,5 Meter tiefer liegt inzwischen die Wasseroberfläche. "Von den einst 27 Hektar Wasseroberfläche sind nur noch 22 Hektar übrig", sagt Zierock, Hobbyangler und von Beruf Logistiker, der sich bei vielen Kursen für seine ehrenamtliche Aufgabe fortgebildet hat. "Ich weiß, von was ich sprech."

Wasserspiegel am Labsee im Regnitztal sinkt dramatisch

© Maria Däumler , NN

Der 59-Jährige zeigt zehn Jahre alte Fotos von der gleichen Stelle, der Unterschied ist dramatisch. Wo einst die Bäume noch im Wasser standen, ist heute nur Sand und ein paar Büsche. Das Ufer ist inzwischen etliche Meter entfernt. "Das zeigt, wie das Wasser verschwindet. Der See war damals bis oben voll, jetzt ist es da nur trocken", sagt Zierock. Früher seien hier zwischen den Bäumen Laichzonen für Fische gewesen. "Jetzt baggern wir jedes Jahr tiefer aus, aber es fruchtet nicht, weil der Wasserspiegel immer weiter sinkt", beschreibt der Gewässerwart die Situation. "Früher hatten wir Tausende von Krebsen, jetzt fast gar keine mehr."

Wasserspiegel am Labsee im Regnitztal sinkt dramatisch

© Maria Däumler , NN

Das Ausmaß des Wasserrückgangs sei "beängstigend", sagt Zierock. Seit 2017 habe sich die Entwicklung besonders beschleunigt und trotz des vielen Regens heuer habe sich die Lage nicht entspannt. Schon damals habe er das Wasserwirtschaftsamt Kronach über die alarmierende Situation informiert, doch der zuständige Beamte habe beteuert, dass alles seine Richtigkeit habe und auf die allgemeine Trockenheit verwiesen.

Doch was ist die Ursache? Oliver Zierock und auch der Vereinsvorsitzende Thomas Vollmayer führen den sinkenden Wasserspiegel auf die zunehmende Entnahme von Trinkwasser durch den Zweckverband Eggolsheimer Gruppe zurück und auf ein spezielles geologisches Problem, das auch der vom Fischereiverein eingeschaltete Fachmann, Dr. Reiländer vom Hydrologischen Institut in Neunkirchen, beschreibt. Normalerweise entnimmt der Zweckverband Eggolsheimer Gruppe Wasser aus der zwischen 25 und 40 Meter tiefliegenden sogenannten Rhätolias-Schicht. Darüber liegt in bis zu 15 Metern Tiefe die Quartärschicht, die deutlich jüngeres Wasser führt und die Oberflächengewässer wie den Labsee speist.

Trennschicht "ausgeklüftet"

Normalerweise trennt die beiden wasserführenden Schichten eine dichte Erdschicht, so dass es keine Vermischung des Wassers gibt. Nun vermutet Reiländer, dass diese Trennschicht seitlich in Richtung Westen "ausklüftet" und die beiden Grundwasserschichten miteinander verbindet, so dass das jüngere Wasser wie durch einen Trichter in die tiefe Schicht laufen kann. Mit der Folge, dass der Wasserspiegel im See sinkt, Biotope verschwinden und auch immer mehr Bäche in der Gegend austrocknen, erläutert Oliver Zierock.

Ferner kritisiert er, dass der Zweckverband für keinen seiner insgesamt neun Brunnen eine Umweltverträglichkeitsprüfung habe machen lassen. Der Zweckverband halte das für nicht nötig, weil deren Gutachter bei seinen Untersuchungen seinen Blick immer nur senkrecht nach unten in die Erdschichten richte, aber nicht nach Westen in Richtung Bahnlinie, wo die Trennschicht eben ausgeklüftet sei, sagt der Gewässerwart. Dies habe auch schon die Bahn vor rund zehn Jahren bei Voruntersuchungen zum Gleisausbau festgestellt.

"Noch haben wir genug Wasser, doch wenn das so weiter geht, ist die Trinkwasserversorgung der Menschen hier bald gefährdet", warnt Oliver Zierock. "Hier müssen wir dringend eine Lösung finden." Dr. Reiländer habe daher mit dem Zweckverband Eggolsheimer Gruppe Kontakt aufgenommen. Der versorgt die rund 17.000 Einwohner in den vier Gemeinden: Eggolsheim, Buttenheim, Altendorf und Hallerndorf mit Trinkwasser. Dazu hat der Zweckverband inzwischen neun Brunnen im Gebiet unterhalb von Unterstürmig niedergebracht, erläutert der Verbandsvorsitzende Claus Schwarzmann, zugleich Bürgermeister von Eggolsheim.

Über eine Million Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr

Der letzte Brunnen, die Nummer acht, sei erst 2020 gebohrt worden, allerdings werde hier noch kein Wasser gefördert, weil die Zuleitungen erst noch gebaut werden müssten, so Schwarzmann. Eine gute Million Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr entnehme der Zweckverband, um die Bürger und Firmen in seinem Gebiet zu versorgen. "Wir haben in der Gesamtsumme noch nie zu viel Wasser gefördert", verteidigt sich der Verbandsvorsitzende gegen den Vorwurf des Fischereivereines, der Zweckverband würde zu viel Wasser entnehmen. Nur so viel, wie behördlich genehmigt ist. "Wir haben alles fachlich immer sauber gemacht, immer in Absprache mit dem Landratsamt und dem Wasserwirtschaftsamt."

Das bestätigt auch Matthias Traut vom Wasserwirtschaftsamt Kronach. Weil sich der Eggolsheimer Zweckverband an die behördlichen Vorgaben hält und das werde jährlich überprüft, gebe es auch keine Veranlassung, da tätig zu werden. Als Ursache für den sinkenden Wasserspiegel im Labsee spiele sicherlich die Trockenheit der letzten Jahre eine Rolle, sagt Traut. Generell seien ja die Grundwasserstände gesunken. Auch Verschlammung und Verdunstung könnten da mitwirken. Er sei jedenfalls derzeit nicht alarmiert, betont er und erzählt aber auch, dass er noch nie vor Ort gewesen sei und den Sachverhalt nur aus den Akten kenne.

Klimawandel und Trockenheit?

Als "hanebüchen" bezeichnet Claus Schwarzmann die Schlussfolgerung des Fischereiverbandes, dass durch den sinkenden Wasserspiegel die Trinkwasserversorgung für über 17.000 Menschen gefährdet sei. Das verunsichere die Bürger nur, findet er. In allen Baggerseen im Regnitztal würde der Wasserspiegel sinken, das liege am Klimawandel und an der Trockenheit der vergangenen Jahre. Weil der Zweckverband nichts zu verbergen habe, habe man Reiländer kürzlich zugesichert, dass er das Wasser an den Messstellen des Zweckverbandes untersuchen kann. Da könne er dann auch prüfen, ob junges Wasser in die Tiefenschicht laufe, wie der Fischereiverein befürchtet, so Schwarzmann.

Der Eggolsheimer Zweckverband arbeitet selbst seit über 20 Jahren mit dem Geologen Andreas Gartiser vom Ingenieurbüro für Geotechnik und Umwelt GmbH in Bamberg zusammen. Dieser habe dem Zweckverband stets bescheinigt, dass die "Überdeckung" der tiefführenden Wasserschicht bestens sei, so Schwarzmann. Im geförderten Trinkwasser gebe es auch keinerlei Belastung wie Nitrat oder Atrazin, was auf die Verbindung zur höher liegenden Wasserschicht hinweisen könnte.

"Äußerst wertvolles Gut"

Schwarzmann, der übrigens noch nie persönlich mit Oliver Zierock gesprochen hat, ist ebenso wie der Gewässerwart des Fischereivereines der Meinung, dass "das Trinkwasser ein äußerst wertvolles Gut" sei und dass man die Menschen für das Thema sensibilisieren müsse. Doch letztlich helfe nur eines: "Wir müssen sparsamer mit Wasser umgehen", sagen sowohl Zierock wie auch Schwarzmann.

Um den Grund des dramatischen Absinken des Wasserspiegels weiter zu erforschen, "sollen nun die Gutachter ran", findet der Zweckverbandsvorsitzende. Und der Gewässerwart hofft, dass die Bürger endlich merken, "was da passiert" und man gemeinsam mit dem Zweckverband hier Lösungen finde.

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