Wässerwiesen: In Pinzberg krachte es im Gemeinderat

21.9.2020, 07:56 Uhr
Wässerwiesen: In Pinzberg krachte es im Gemeinderat

© Foto: Edgar Pfrogner

Die Entscheidung, dass sich Pinzberg an der Fortführung des Wässerwiesenprojektes des Landkreises beteiligen wird, war nach Vorstellung des Sachstandes durch Bürgermeisterin Elisabeth Simmerlein (FW) in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates in Anbetracht der überschaubaren Kosten in Höhe von 4783 Euro, aufgeteilt auf drei Jahre, lediglich eine Formsache. Alle Räte stimmten zu. Dass die Sache aber nicht so reibungslos über die Bühne geht wie das nach mehreren Präsentationen durch die Projektmanager Johannes Mohr und Roland Lindacher bei anderen Gelegenheiten den Anschein hatte, wurde am Ende mehr als deutlich.

Kritik wird speziell an der Verwendung der Mittel geübt. Für die Projektverlängerung um weitere drei Jahre stehen 415 870 Euro zur Verfügung, davon sind 150 000 Euro für die Ertüchtigung der Bewässerungssysteme vorgesehen. Für den Zeitraum von 2017 bis 2020 bewegte sich das Budget mit 400 000 Euro in einer ähnlichen Größenordnung.

"Dies hätte verhindert werden müssen"

Zweiter Bürgermeister Markus Galster (WUB) kritisierte Mohr und Lindacher. Ihm gehe alles viel zu langsam. Beispiel: "Ich möchte als Landwirt und Wässerer in Gosberg und Reuth, dass sich dort etwas tut." Den Einwand von Lindacher, dass er den Ärger verstehen könne, aber Geduld nötig sei, denn "wir stehen vor der Auftragserteilung", ließ Galster nicht gelten: "Ein Teil der Reuther und Gosberger Genossenschaft ist nicht mehr zu bewässern, dies hätte verhindert werden müssen."

Gegenüber den NN erklärte Galster später: "Führungen von Fremden mache ich gerne, aber dann muss das alles auch funktionieren." Zur Not würde ein Teil der 70 Mitglieder der Gosberger Genossenschaft selbst an den Systemen arbeiten, "aber dafür ist ja schließlich Geld da. Firmen dürfen wir auch nicht selbst beauftragen, das muss alles über Herrn Lindacher laufen, wenn es finanziert werden soll."

"Geschehen ist fast nichts"

Der scheinbare Stillstand ist Galster ein Dorn im Auge: "Seit drei Jahren erinnere ich ständig an den dringenden Handlungsbedarf, geschehen ist bei uns, außer dem Einbau eines Gitters, so gut wie nichts. Wir haben in Reuth und Gosberg die zwei größten Wehre im Projektgebiet und alleine 100 Hektar Wässer-Kulisse." Weiter kritisierte der Landwirt die bisherige Mittelverwendung: "Mir bringt es nichts, wenn Herr Mohr in Europa herumreist und sich Wässer-Systeme anschaut. Wir brauchen das Geld hier." Wenn nichts geschieht, "dann sieht es bei uns in zehn Jahren so aus wie im Leinleitertal in Heiligenstadt", befürchtet Galster.

In der Sitzung versuchte Lindacher nach den Vorhaltungen Galsters den schwarzen Peter in Richtung Wasserwirtschaftsamt und auch des Umweltministerium zu schieben. Auf Lindachers Frage, ob er den Vorgang schon auf seinem Schreibtisch habe, reagierte Gemeinderat und Umweltminister Thorsten Glauber (FW) zunächst nicht. Auf Nachfrage der NN machte er danach aber seinem Ärger Luft: "Wieso fragt mich Herr Lindacher in einer öffentlichen Sitzung so etwas? Wir stehen in Kontakt, er hat meine Telefonnummer."

Am Telefon wurde der Minister (der Bayerische Naturschutzfonds ist dem Ministerium angegliedert und finanziert das Projekt zum Großteil mit) später dann noch deutlicher: "Projektträger ist zunächst einmal das Landratsamt. Die finanziellen Mittel stehen in erster Linie für die Projektumsetzung in Form der Sanierung der Anlagen zur Verfügung. Ich erwarte, dass dort endlich in Baumaßnahmen eingestiegen wird. Wir brauchen eine funktionierende Bewässerung. Das hat Priorität, noch vor einer Ernennung zum Weltkulturerbe." Glauber sagte, dass ihm dieses Projekt aus seinem Landkreis besonders am Herzen liege: "Ich stehe dazu und habe mich dafür stark gemacht. Ich kannte die Wässerung bei Gosberg schon als Kind, bin damit aufgewachsen."

Geld ist genehmigt

In ihrer Stellungnahme zu den Vorhaltungen Glaubers und Galsters, abgestimmt mit ihren Vorgesetzten am Landratsamt, weisen Mohr und Lindacher darauf hin, dass die beim Bayerischen Naturschutzfonds beantragten Fördergelder mit einer festen Splittung versehen und auch dementsprechend genehmigt worden waren. Eine Verschiebung zwischen den einzelnen Bereichen (Personal, Öffentlichkeitsarbeit, Instandsetzungsmaßnahmen) sei nicht möglich.

"Wie kommt Herr Galster – ohne den Projektstand zu kennen – zu der Annahme, dass nichts passiert ist", fragen sich die Projektmanager. Aus Projektmitteln wurden laut ihnen zahlreiche Erneuerungsmaßnahmen in verschiedenen Wässerungen des Projektgebietes wie etwa die Nadeln des Nadelwehrs in Kirchehrenbach finanziert. Bisher sind zudem über 50 000 Euro in die Pflege der Wässergräben geflossen.

Zeitaufwendige Planungen

In Abstimmung mit den acht Wässergenossenschaften wurden für das Maßnahmenpaket 2020/21 18 Stauanlagen als erneuerungsbedürftig ermittelt und beplant. Aufgrund der unterschiedlichen Dimensionen der Anlagen sind laut Lindacher differenzierte, zeitaufwendige Planungen notwendig. Die Planung und Ausschreibung erfolgt grundsätzlich während der Wässerzeit (1. Mai bis 8. September), Vergabe und Ausführung gehen zwischen Oktober und April über die Bühne.

Die Akzeptanz sei bisher sehr groß (die Kosten der Kommunen bewegen sich mit Ausnahme von Pretzfeld im unteren vierstelligen Bereich, aufgeteilt auf drei Jahre). Es habe bei den jeweiligen Entscheidungen zur Fortführung des Projektes um weitere drei Jahre in den Sitzungen bisher lediglich eine Gegenstimme gegeben (Gerhard Mühlhäußer, Pretzfeld).

Verärgert weisen Mohr und Lindacher zudem darauf hin, dass das Projekt "Erhalt der traditionellen Bewässerung im Unteren Wiesenttal" heiße und nicht "im Gemeindegebiet Pinzberg." Zu der Bewerbung um den Titel "Immaterielles Kulturerbe" sagen sie, dass es sich um eine Maßnahme des Landratsamtes handele, für die keine Mittel aus dem Projekt verwendet werden, "von der das Projekt aber profitiert."

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