Wie fahrradfreundlich ist Forchheim?

23.6.2019, 11:30 Uhr
Wie fahrradfreundlich ist Forchheim?

© Roland Huber

„Am Kersbacher Kreuz fahre ich immer bei Rot über die kurzen Stücke, wenn kein Auto kommt – sonst stehst du da wie ein Affe und wartest ewig“, sagt Albrecht Blümlein, Geschäftsmann aus Kersbach. Er ist gern und viel mit seinem Rad in Forchheim und Umgebung unterwegs, auch im Winter.

„Das tut mir gut, ist gut für die Umwelt und ich spare mir die Parkplatzsuche, aber die Ampelschaltungen könnten für Radfahrer besser sein“, sagt er. Einige Übergänge beim Überqueren von Straßen könnten sanfter sein, findet er. „Diese Unebenheiten beim Globus-Markt sind ekelhaft“, sagt der Kersbacher. Außerdem wünscht er sich, dass Autofahrer mehr Rücksicht gegenüber Radfahrern haben. „Freitagnachmittag ist es am schlimmsten. Da fahren sie oft so knapp an einem vorbei.“

Solche Beschreibungen kennt Gerhard Krahl vom ADFC Forchheim gut. Als verkehrspolitischer Sprecher tauscht er sich oft mit anderen Radfahrern aus – und kennt die Stellen, die Radfahrern und auch ihm selbst den Schweiß auf die Stirn treiben.

„Sieben Mal muss man als Radfahrer an der Obi-Kreuzung zum Überqueren an der Ampel warten. Da ärgere ich mich jedes Mal über die Ampelschaltung“, sagt er. Der 70-Jährige ist leidenschaftlicher Radfahrer und findet, dass noch zu oft Autofahrer bevorzugt und Radfahrer im Verkehr benachteiligt würden. „Da gibt es viel Luft nach oben“, sagt Krahl.
Ende des vergangenen Jahres ergab der Fahrradklimatest 2018, dass Forchheim in Sachen Fahrradfreundlichkeit die Schulnote 3,9 erhält. „Mit so einem Ergebnis hatten wir vom ADFC schon gerechnet“, sagt er.

Immer wieder macht der ADFC Forchheim, der 150 Mitglieder hat, mit Aktionen wie zuletzt einer Fahrrad-Demonstration auf Probleme aufmerksam.

Ampelschaltungen ändern

„Ampelschaltungen zu ändern, würde ja kein Geld kosten. Es geht auch einfach darum, dass schon in der Stadtplanung mehr an Radfahrer gedacht werden muss“, betont er. Gerade wenn Radfahrer keinen eigenen Radweg haben, sondern sich im Mischverkehr die Spur mit Autos teilten, stresse das Radfahrer laut Studien besonders.

Ein Problem: genaue Statistiken zu Rad-Unfällen gibt es nicht. „Es werden nur Unfälle erfasst, bei denen die Polizei oder ein Rettungsdienst gerufen wurde“, weiß Krahl. Wenn jemand wegen fehlender Randmarkierung vom Weg abkäme und stürzte, würde das gar nicht in die Statistik eingehen. Aussagekräftige Zahlen gebe es daher nicht. „Die würden uns aber manchmal helfen, wenn wir bei den Behörden wieder nicht erhört werden und nur Zuständigkeiten hin- und hergeschoben werden.“

Ein Problem: Die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen, kurz ERA, geben Ratschläge für Planung, Entwurf und Betrieb von Radwegen oder -streifen. Herausgegeben werden sie von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen in Köln. In sechs Bundesländern ist ihre Einhaltung Voraussetzung für finanzielle Förderungen – in Bayern allerdings nicht. So bleiben sie Empfehlungen, die beim Bau neuer Wege berücksichtigt werden können, aber nicht müssen.

„Bei der Fahrradfreundlichkeit können wir deutlich mehr Potenziale heben“, sagt Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD). Allerdings gehe das nur mit einer Mehrheit des Stadtrats und das hieße auch, dass Autofahrer eventuell zurückstecken müssten. Denn der Verkehrsraum sei bereits aufgeteilt.

„Will einer mehr, muss jemand anderes etwas abgeben“, so Kirschstein. Da seien nicht immer alle einer Meinung. „Bislang gab es im Stadtrat immer mal wieder ein starkes Votum für den motorisierten Individualverkehr, was ich persönlich für zeitlich überholt halte.“

"Nicht ganz einfache Diskussion"

Allerdings müsse auch der jeweilige Kontext beachtet werden. Die Zuständigkeiten machten die Diskussion laut Kirschstein „nicht ganz einfach“. „Am Kersbacher Kreuz kann ich so spontan gar nicht sagen, ob wir da zuständig sind, weil es der Kreuzungsbereich mit einer Staatsstraße ist“, sagt der Oberbürgermeister. Auch wenn es verständlich sei, dass sich Radfahrer sanfte Übergänge wünschten, völlige Barrierefreiheit sei gar nicht möglich.

„Wir benötigen schon alleine mindestens zwei Zentimeter hohe Kanten, damit Regenwasser gezielt ablaufen kann“, erklärt Kirschstein. Bedarf für öffentliche Fahrräder, die gemietet werden können, sieht er nicht. Um Forchheim fahrradfreundlicher zu machen, hat der Oberbürgermeister aber einen konkreten Wunsch: einen Fahrradbeauftragten.

"Ich brauche jemanden mit Sachverstand"

Diese Aufgabe soll ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin des Stadt- und Verkehrsplanungsamts ab Herbst übernehmen. Der- oder diejenige bilde dann eine Schnittstelle zum ADFC und den anderen Verbänden. „Ich brauche jemanden mit Sachverstand, der die Rad-Infrastruktur unter die Lupe nimmt, und Radfahrer als Verkehrsteilnehmer stärker ins Bewusstsein der Stadtplanung rückt“, so Kirschstein.

Bei einem Aspekt wurden bereits Verbesserungen erzielt. „Dass Forchheim im Fahrradklimatest positiv bei Winterdienst und Reinigung der Wege abschneidet, freut mich sehr“, sagt er. Denn dieser Bereich sei in den vergangenen Jahren massiv gestärkt worden.

„Das war in Bürgerversammlungen und im Stadtrat regelmäßig Thema und ist zurecht immer wieder auf die Tagesordnung gesetzt worden“, so Kirschstein. Es gibt auch Positivbeispiele: Albrecht Blümleins Lieblingsstelle ist der Radweg neben der Firma Simon Hegele an den Bahngleisen entlang: „Der Weg und seine Übergänge sind total flach, das wurde richtig schön gemacht. Das ist so sanft, da kannst du richtig durchrauschen.“

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