ZirkArt-Festival verwandelt die Altstadt in eine Bühne

11.9.2016, 19:24 Uhr
ZirkArt-Festival verwandelt die Altstadt in eine Bühne

Die guten alten Zeiten ließen die „Living Flags“ noch einmal durch die Altstadt wehen. Das Regensburg/Forchheimer Duo Alexander Neppl und Jonas Dürrbeck tanzte an der Vertikalstange so gekonnt, dass man glauben konnte, so verbrächten sie ihr gesamtes Leben. Selbst kopfüber hatte ihre Performance eine solche Eleganz, dass man staunend daneben stand und nicht zu klatschen wagte. Wobei Dürrbeck ein Eigengewächs der Turnabteilung des TSV Kirchehrenbach ist und wie sein Partner Oberarmmuskeln erkennen ließ, die man bis in die Nebenstraßen noch sehen konnte. Dazu sang Frank Sinatra einen „little town blues“, wobei er freilich nicht Forchheim, sondern New York gemeint hatte.

Erstmals stand Shakti Olaizola auf einer deutschen Bühne. Sie verdrehte nicht nur ihren Körper, sondern auch den Zusehern den Kopf, als sie zwischen Bücherstapeln raumwandlerisch tanzte und das Buch nicht aus der Hand legte.

Im Hof der Kaiserpfalz nahm Beppe Tenenti seine Zuseher auf eine eigentümliche Reise in die Welt der ernsten Clownerie und stellte mit Glaskugeln die Frage, ob Balance oder Magnetismus die Gegenstände an ihm haften ließen. Mit Händen und Füßen, einer aufblasbaren Plastik-Kuh und tiefgründigem Humor gelang ihm eine phantastische Pantomime.

 Einen absurd-komischen Ausflug nach Russland unternahm die Gruppe „vordemtheater“ aus Ansbach. Daniel Ancot, Lukas Aue und Atischeh Hannah Braun inszenierten Texte des Satirikers Danijl Charms so charmant, dass einem die bösartigen Momente, in denen der Einzelne ein hilfloser Spielball anonymer Mächte wird, gar nicht so bedrückend wie bei Kafka vorkamen.

Auch dem Nachwuchs bot ZirkArt eine Bühne. Der Schulzirkus „Mozzarella“ des Marie-Therese-Gymnasiums Erlangen und der Kinder- und Jugendzirkus des SV Buckenhofen zeigten mit Leichtigkeit, wie schwer es ist, was die Profis nur wenige Hebefiguren weiter noch leichter aussehen lassen.

 

Der irrwitzig irische Improvisationskünstler, der wirklich so heißt, begeisterte mit anarchischen Späßen und spontanen Einfällen. So versteigerte er Kleidung seiner Zuseher, ärgerte kleine Kinder mit Lutschern und kraulte nicht nur NN-Mitarbeiter Ernst-Ludwig Noé hinter den Ohren.

 Sogar auf die Klappstühle stellten sich die Zuschauer, um einen Blick auf „La Trócola Circo“ zu erhaschen. Die vier Spanier mussten in brütender Hitze ihre waghalsigen Manöver zeigen und hatten dabei nur riesige Blumentöpfe als Schattenspender. Viel Zeit, sich darunter auszuruhen blieb bei den temporeichen, originell choreographierten Abläufen nicht. Die waren so atemberaubend, dass selbst lauthals schreiende Säuglinge ruhig wurden.

Aller guten Dinge sind drei, dachten sich die Belgier „Deux sans Trois“ und sorgten wie ihre Kollegen für dicht umlagerte Bühnen. Während Geiger Jef Hendrikx zwar sein Instrument nicht in Brand setzte, wie sein Namensvetter es mit der Gitarre getan hatte, dafür aber selbst beim Seilspringen und auf dem Kopf stehend und wie ein Kreisel rotierend nicht aufhörte, den Saiten Bach-Sonaten zu entlocken, behaupteten derweil Toon van Gramberen und seine Kolleginnen Annemie Pierle und Hanna Mampuys die Lufthoheit über der Sattlertorstraße.

Wer bei Klaus Lang (Berlin) in der ersten Reihe sitzt, begibt sich in Gefahr, mittels eines Duftbäumchens hypnotisiert und zum Doppelgänger zu werden. So zog sich Franz-Josef Klaus die Glatzenperücke über und assistierte dem Komiker, der auch auf Kopfsteinpflaster sein hohes Niveau hielt. Auf einer Plattform auf einem noch kleineren Fiat 500 balancierte Klaus Lang in schwindelerregender Höhe einbeinig auf dem Einrad. Dann jonglierte er mit Feuerfackeln, während ein eingefleischter Metzgermeister mit der Tuba seinen Senf dazugab.

Am Ende des Tages, der einem wie eine Stunde vorkam, hatten nicht nur die Seiltänzer und Einradfahrer, die Stelzenläufer und Sportakrobaten Muskelkater, sondern auch das Publikum. Die Erinnerung an ein großartiges Festival wird noch länger anhalten. Mindestens bis zur Neuauflage in zwei Jahren.

 

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