Zwei Gößweinsteiner, die nicht nein sagen können

9.11.2020, 15:36 Uhr
Zwei Gößweinsteiner, die nicht nein sagen können

© Foto: Stefan Braun

37 Jahre ist es her, da begann Claudia Wiegärtner ihre Karriere als Fußballspielerin und war damit Mitglied der ersten Frauenmannschaft des SV Gößweinstein. Trainer war damals ihr Vater Johann Breitschaft. "Mein Vater hatte es damals sehr schwer, wir wurden nicht ernst genommen, auch nicht im eigenen Verein. Es dauerte einige Jahre, bis wir akzeptiert wurden", erinnert sich Claudia Wiegärtner: "Gefeiert haben wir immer, egal ob bei einem Sieg oder einer Niederlage – und auswärts waren wir nach dem Spiel immer im Sportheim des Gegners."

Die Frauenmannschaft ist mittlerweile Geschichte beim SV Gößweinstein, Claudia Wiegärtner ist aber nach wie vor omnipräsent, speziell in der Organisation. Dort steht ihr mit dem Vorsitzenden Dominic Lang jemand zur Seite, der ebenso wie sie einen Großteil der Freizeit für den Verein tätig ist. Lang ist vor wenigen Jahren 30 Jahre alt geworden und hat damit deutlich weniger ehrenamtliche Arbeitsstunden auf dem Buckel als Wiegärtner, doch eines haben beide neben dem Engagement für den Verein gemeinsam: "Uns fehlen derzeit der Fußballbetrieb unter der Woche und speziell an den Wochenenden."

Der ist unter regulären Umständen für beide mit viel Arbeit verbunden. Lang spielt selbst noch bei den Fußballern und kümmert sich als Vorsitzender um organisatorische Aufgaben. Vor den Spielen sieht man ihn mitunter auch beim Platz streuen.

Die Verlobte hat Verständnis

"Im nächsten Jahr heiratet er, mal schauen, ob er das dann alles noch macht", sagt Claudia Weigärtner mit kumpelhaft-ironischem Unterton beim gemeinsamen Gespräch im leeren Sportheim. Diese Sorge kann ihr Lang nehmen: "Meine Verlobte Anna-Lena kennt mich und weiß, wen sie heiratet. Ab und zu hilft sie, wenn Not am Mann ist, ja auch mit. Zudem unterstützt sie uns bei der Gestaltung unserer Plakate."

Dominic Lang wechselte erst im Alter von 18 Jahren vom Tischtennis zu den Fußballern, denn "hier waren alle meine Kumpels." Sportlich pendelt er stets zwischen 1. und 2. Mannschaft hin und her und dies "auf allen Positionen, auf denen mich die jeweiligen Trainer irgendwie gebrauchen können." Als Funktionär betreute er zunächst die zweite Mannschaft, "was in Zeiten vor WhatsApp noch sehr aufwendig war, denn ich musste bei Bedarf alle Spieler telefonisch informieren."

Handwerklich begabt

Gefragt sind im Verein auch seine handwerklichen Fähigkeiten. "Beim Kabinenumbau hatte Dominic mit die meisten Stunden", lobt Dominic Pöhlmann, Spielführer der 1. Mannschaft das Engagement seines Vorsitzenden. 2016 wurde Lang zum 3. Vorsitzenden gewählt, zwei Jahre später beerbte er Gerhard Steinhäußer, "der mich sehr gut eingearbeitet hat" als "Chef".

Wesentlich länger, nämlich seit 25 Jahren gehört Claudia Wiegärtner dem Vorstand des SV Gößweinstein an. Für ihre Arbeit als Schriftführerin wurde sie vor zwei Jahren von Bürgermeister Hanngörg Zimmermann mit der Bronzenen Bürgermedaille der Marktgemeinde Gößweinstein ausgezeichnet. Daneben hat sie 15 Jahre lang für Sauberkeit im Sportheim gesorgt mit allen logistischen Arbeiten, die dazugehören.

Im vergangenen Jahr hat Claudia Wiegärtner dieses Amt in andere Hände übergeben. Zur Ruhe gesetzt hat sie sich aber noch lange nicht. "Claudia ist für die Einteilung und Logistik der Bewirtung im Sportheim zuständig, Wenn sich niemand findet, dann macht sie es eben selbst. Claudia kann nicht ,nein‘ sagen, wenn eine Aufgabe ansteht", sagt Pöhlmann über die Schriftführerin.

Sportliche Familie

In der Mannschaft genieße sie sehr hohes Ansehen und das nicht nur, weil "sie donnerstags jahrelang für die Mannschaft zur Spielersitzung das Essen zubereitet hat." Dass dieser Einsatz bei einer Familie mit vier Kindern nur dann möglich ist, wenn auch dort ein großes Interesse für den Fußball vorhanden ist, weiß Claudia Wiegärtner: "Mein Mann Lenz (Lorenz, d. Red.) hilft auch immer mit, wenn etwas ansteht und zwei unserer Töchter spielen aktiv in Wichsenstein beziehungsweise Pegnitz Fußball", sagt sie nicht ohne Stolz auf ihre sportbegeisterte Familie.

Gemeinsam müssen Dominic Lang und Claudia Wiegärtner im Sportheim etwas nachdenken, als die Unterhaltung auf besondere Momente in ihrer gemeinsamen Zeit beim SV Gößweinstein kommt. Zu feiern gab es in den letzten Jahren bei einigen Auf- (und auch Ab-) stiegen einiges. Die Rede ist dann von der Aufstiegsfeier 2018 nach einem Relegationsspiel in Weingarts gegen den FSV Erlangen-Bruck II.

"Da hat uns unser Bürgermeister mit einer Trommel so lange angefeuert, bis diese defekt war", erinnert sich Claudia Wiegärtner, die damals gleich nach Schlusspfiff zurückfuhr, "um Leberkässemmeln vorzubereiten, denn es war klar, dass mehr Leute als nur die Spieler und Funktionäre kommen würden. Am nächsten Tag ging es dann mit Bulldog und Anhänger durch die Straßen."

Irgendwann fällt im Gespräch dann zwangsläufig der Begriff "Sportler-Kerwa". Beim "größten Fest in Gößweinstein", so Lang, sind beide in Vorbereitung und Durchführung tagelang eingespannt. "Wir bleiben, bis der letzte Gast geht", ergänzt Wiegärtner.

Ein Spieler in der Spülanlage

Zunächst etwas zögerlich, dann aber mit einem breiten Grinsen im Gesicht erzählt Lang eine Episode, die sich vor wenigen Jahren zur fortgeschrittenen Stunde, als alle Gäste längst gegangen waren, am Ausschank abgespielt hat. "Da begannen die Spieler der ersten Mannschaft, sich durch die Krug-Spülanlage durchzuziehen. Irgendwann blieb dann einer stecken und musste mit vereinten Kräften durchgeschoben werden. Er war danach voll mit Spülmittel eingeseift. Bei der Anlage war am nächsten Tag eine kleinere Reparatur fällig, aber nichts Größeres. Insider wissen, wer das war, verraten wird es aber nicht."

Es darf nun spekuliert werden beim SV Gößweinstein, einem Klub, "in dem das Vereinsleben noch eine ganz große Rolle spielt", wie Claudia Wiegärtner betont.

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