Frankens Karpfenzüchter haben Angst vor dem Fischotter

10.4.2018, 05:50 Uhr
Frankens Karpfenzüchter haben Angst vor dem Fischotter

© Foto: Silas Stein, dpa

Wenn Tobias Küblböck über den "Umgang mit Fressfeinden und Schadtieren in der Teichwirtschaft" referiert, bekommen gerade Teichwirte regelmäßig Gänsehaut. Denn der Kormoranbeauftragte für Nordbayern, angestellt bei der Fischerei-Außenstelle der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), erzählt nicht nur über die großen, schwarzen Vögel, die seit Jahren auf die Teiche herniederfallen. Auch wenn er ausdrücklich darauf hinweist, er sei nicht der absolute Fachmann: Wenn Küblböck die Schadenszahlen nennt, die ein schwimmender Fischräuber in Oberfranken und der Oberpfalz schon verursacht hat, geht gerade bei Züchtern der EU-weit geschützten Aischgründer Karpfen die Angst um: Kommt der Fischotter auch zu uns?

Mit Kormoranen haben die meist nebenberuflichen Karpfenbauern schon seit Langem Ärger: Weniger mit den Brutpaaren aus den vier mittelfränkischen Brutkolonien - Nürnberg: Wöhrder See und Tiergarten, dazu Altmühlsee und Brombachsee - machen ihnen Probleme, sondern mit den alljährlich durchreisenden Zugvögeln.

"Im Endeffekt ist es St. Florian"

Auch wenn die Vogelart Kormoran eigentlich geschützt ist: In Bayern gilt bis 2027 die "Artenschutzrechtliche Ausnahmeverordnung (AAV)": Zur Abwendung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden ist die Tötung von Kormoranen durch Abschuss in einem Umkreis von 200 Meter um Gewässer erlaubt." In Mittelfranken gilt zudem eine Abschuss-Allgemeinverfügung.

Zwar erst nach Erlaubnis der Naturschutzbehörde. Und natürlich nur außerhalb der Schonzeit. Aber die ist sehr kurz. "Wenn ein Schlafplatz entsteht, genügt ein Anruf bei der Regierung", weiß Küblböck. Jahr für Jahr werden in ganz Bayern über 6000 Tiere "herausgenommen", so der Fachbegriff für den Abschuss, alleine gut 1000 davon in Mittelfranken.

Karpfen vor Kormoranen schützen

Doch es sind nur wenige, die sterben: Die meisten treibt die Angst davon. "Im Endeffekt ist es St. Florian", gibt der Kormoranberater zu: Der eigene Teich ist einige Zeit vogelfrei, dafür stürzen sich die Fischfresser auf andere Weiher. Natürlich ist es auch anders möglich, Karpfen vor Kormoranen zu schützen: "Überspannen: Teuer, hoher Wartungsaufwand, hässlich. Schutzkäfige: Die haben einen Effekt, aber ein Langzeitversuch der LfL ergab trotzdem 42 Prozent Verlust. Strukturverbesserung: Altholz im Uferbereich, aber das ist eine Bewirtschaftungserschwernis", nennt Küblböck sanftere Methoden als den Abschuss.

Zäune oder Netze kaum nützlich

Einen kostengünstigen Karpfenschutz hat er auch noch im Programm: "Unterwasserzäune, im Zickzack angeordnet." Doch wie die vorher genannten: Zwar reduzieren diese Abwehrmaßnahmen die Fischverluste durch eintauchende Kormorane, die heute von der LfL auf durchschnittlich 25 Prozent bei den dreijährigen "K3" und 40 Prozent bei "K2" geschätzt werden. Aber auch Zäune oder Netze werden kaum verhindern können, dass die neue Gefahr für Bayerns Fischzuchten in Frankens Teiche eindringt: Der Fischotter.

"Wenn der kommt, dann Gnade uns Gott. Der macht auch das Erbgut für die besondere Karpfenform kaputt", weiß Gabi Schmidt, Freie-Wähler- Landtagsabgeordnete aus Uehlfeld (Kreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) und früher selber Züchterin. "Ich hab das in Polen gesehen: Das Gemetzel ist furchtbar", schildert sie eindringlich ihre Erlebnisse mit Fischottern.

Bis zu 15 Kilogramm schwere Marderart 

Diese Marderart, bis zu 1,30 Meter lang und 15 Kilogramm schwer, mit Schwimmhäuten an den Pfoten, "unterliegt dem Jagdrecht, ist aber ganzjährig geschont. Eine FFH-Art", wie Tobias Küblböck ausführt. Trotzdem gilt: Abschuss auf Antrag erlaubt "zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustands des Fischotters", ist im bayerischen Fischottermanagementplan zu lesen.

Von der tschechischen Grenze her verbreitet er sich seit 1980 immer weiter nach Westen. Zig Teichbetriebe in der nördlichen Oberpfalz und im südöstlichen Oberfranken hat der Fischotter schon besucht, Dutzende haben danach aufgegeben. Küblböck: "Präventionsmaßnahmen sind schwierig." Die Fischotterberater der LfL kennen Zäune, Bodenplatten, Elektrolitzen. Als Hilfe für die Züchter gibt es neben dem Abschuss "nach Antrag Entschädigungszahlungen für bezifferbare Fischverluste". Inzwischen wird der Topf vom Freistaat jährlich mit 250 000 Euro gefüllt – das Geld dürfte heuer nicht ausreichen, heißt es.

Immer mehr Grau- und Silberreiher

Und jetzt "steht er bei uns quasi vor der Tür", da ist sich Helmut Weiß , Landrat von Neustadt/Aisch-Bad Windsheim und Vorsitzender der Teichgenossenschaft (TG) im Landkreis, sicher. Zumal es neben immer mehr Grau- und Silberreihern auch noch das "Schadtier Biber" gibt. Biber sind ebenfalls geschützt. Sie fressen zwar keine Fische, aber scheuchen diese in der Winterruhe auf, werfen Bäume in die Teiche, machen die "Mönche" (Abläufe) immer wieder dicht.

Wer unbedarft der jüngsten Jahresversammlung der TG beiwohnte, konnte mutmaßen: Der Fortbestand der Karpfen-Wirtschaft auch im Aischgrund steht auf der Kippe.

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