Neue Wege auf dem Schneeberg

"Frankens Mount Everest": Nordbayerns höchster Gipfel wird aufgehübscht

21.5.2021, 14:54 Uhr
Vor fünf Jahren war der Aussichtsturm "Backöfele" auf dem Schneeberg noch marode und abgesperrt. Mittlerweile wurde er neu aufgebaut. Nun soll auch die Umgebung aufpoliert werden.

© Martin Müller Vor fünf Jahren war der Aussichtsturm "Backöfele" auf dem Schneeberg noch marode und abgesperrt. Mittlerweile wurde er neu aufgebaut. Nun soll auch die Umgebung aufpoliert werden.

Ein Trauerspiel war der höchste Punkt Frankens vor fünf Jahren. Gesperrt, mit Brettern vernagelt und mit einem Warnschild versehen war er. Denn Frankens Spitze verfaulte, das Betreten war lebensgefährlich.

"Backöfele" war morsch und brüchig

Der auf dem Gipfel des 1051 Meter hohen Schneebergs im Fichtelgebirge errichtete hölzerne Aussichtsturm, eigentlich das Wahrzeichen des Berges, war morsch und brüchig. Das "Backöfele" genannte Bauwerk war Geschichte und mit ihm ein Streit entbrannt, ob er für eine modernere Turm-Variante Platz machen sollte. Doch am Ende entschieden sich die Bürger bei einer Abstimmung dafür, das "Backöfele" in seiner ursprünglichen Form wieder auferstehen zu lassen.

Auf dem Gipfel des Schneebergs findet sich eine herrliche Blumenwiese.

Auf dem Gipfel des Schneebergs findet sich eine herrliche Blumenwiese. © Martin Müller

Dieses steht nun immerhin schon wieder einige Jahre auf dem Gipfel und ermöglicht weite Rundumblicke. Doch nun gerät das Areal um den Turm in den Blick - auch dies nicht minder ein Trauerspiel.

Eigentlich befindet sich auf dem Gipfel-Plateau ein Naturschutzgebiet mit einer herrlichen Blumenwiese. Als Fenster in die Eiszeit gilt das Blütenmeer, in dem Johanniskraut, weißer Fingerhut, Klappertopf, schmalblättrige Glockenblume oder Berg-Flockenblume gedeihen.


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Doch von den einstigen Schildern, die auf die Einzigartigkeit des Ortes hinwiesen, ist kaum mehr etwas übrig. Von den Wegen ganz zu schweigen. "Eigentlich gibt es da praktisch gar keine Besucherlenkung mehr. Den ursprünglichen Weg benutzt niemand mehr. Alle gehen auf wild entstandenen Trampelpfaden", verdeutlicht Jörg Hacker, Geschäftsführer des Naturparks Fichtelgebirge.

Besucher auf Abwegen in der Blockhalde

Sogar mitten in die Blockhalde Haberstein nahe des Gipfels, ein beeindruckendes Meer aus riesigen Granitblöcken und einzigartiger Lebensraum etwa für die flügellose Schneemücke und die Blockhaldenwolfsspinne verirren sich die Besucher.

Die Blockhalde Haberstein (im Hintergrund der Ochsenkopf) ist ein wichtiger Lebensraum für seltene Tiere. Manche Besucher missbrauchen das Gelände allerdings als Klettergarten.

Die Blockhalde Haberstein (im Hintergrund der Ochsenkopf) ist ein wichtiger Lebensraum für seltene Tiere. Manche Besucher missbrauchen das Gelände allerdings als Klettergarten. © Martin Müller

Damit soll jetzt Schluss sein. Künftig will man die Besucher, die den Gipfel in Corona-Zeiten überrannt haben, obwohl es dort weit und breit keine Gastronomie gibt, wieder besser an die Hand nehmen und davor bewahren, vom rechten Weg abzukommen.

Deshalb wird nun nicht nur in neue Ruhebänke investiert, sondern vor allem in ein Besucherlenkungssystem. Die Zeit ist reif dafür, schließlich wird nun ein weiteres Stück des ehemaligen Militärzauns entfernt. Der Schneeberg war bis 1996 militärisches Sperrgebiet. Die Wehrmacht war hier schon seit 1938 zugange, nach dem Zweiten Weltkrieg kamen die Amerikaner, 1961 auch noch Bundeswehr-Kräfte.

1967 entstand am Gipfel der Fernmeldesektor E und mit ihm ein 73 Meter hoher Turm, der noch heute weithin sichtbar ist. Von hier wurde weit hineingelauscht in den Ostblock. Im militärischen Sperrgebiet konnte sich die Natur frei entfalten. 50 bis 60 Auerhühner leben zwischen den Blaubeersträuchern in den lichten Nadelwäldern.

"Der Schneeberg ist Frankens Mount Everest. Wir wollen hier ein harmonisches Miteinander von Mensch und Natur schaffen. Nicht jeder Winkel des Gipfels darf touristisch genutzt werden. Die besonders sensiblen Bereiche müssen geschützt bleiben", betonte Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) nun bei einem Ortstermin. Die Naturjuwelen gehörten aber auch nicht in den Tresor. Man wolle den Besuchern ein bestmögliches Naturerlebnis bieten.

Zäune aus dem Kalten Krieg

Für die neue Wegeführung und Naturschutzmaßnahmen gibt es deshalb vom Umweltministerium eine Förderung von 104.000 Euro. Die Reste der Sperrzäune als Gefahrenquelle für die bedrohten Auerhühner sollen entfernt werden, die Besucher wiederum sollen aus den Lebensräumen der seltenen Vögel ferngehalten werden. "Die Zäune aus dem Kalten Krieg gehören endgültig zum alten Eisen. Der Schneeberg soll jetzt seine ursprüngliche Attraktivität wieder zurückbekommen", meint Glauber.

Auch anderswo in Bayern unterstützt das Umweltministerium derzeit Besucherlenkungsprojekte. Das Oberallgäu etwa soll zu einer Musterregion für solche Projekte werden. "Wir arbeiten an einem Konzept zur Stärkung von nachhaltigen Naturerlebnissen und Besucherlenkung in den Naturerlebnis-Hot Spots in ganz Bayern. In einem Naturerlebnis-Baukasten sollen Best-Practice-Beispiele aus dem gesamten Freistaat gesammelt werden", sagt Glauber. Der Schneeberg soll eines dieser Beispiele werden.

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