Fränkische Kommunen beklagen immer weniger Wohnflächen

22.5.2019, 05:54 Uhr
Die kleinen Kommunen wünschen sich vom Bund mehr Spielraum, um verstärkt Wohnungen bauen zu können.

© Stefan Hippel Die kleinen Kommunen wünschen sich vom Bund mehr Spielraum, um verstärkt Wohnungen bauen zu können.

Der Tagungsort des Gemeindetags spricht Bände über das Problem: Bürgermeister Thomas Zwingel (SPD) ist zwar stolz auf seine Zirndorfer Wohnungsbaugesellschaft, die derzeit 1153 Wohnungen zu einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 5,01 Euro vermietet, "ein Schnäppchen".

Dabei räumt Zwingel aber ein, dass Zirndorf im Speckgürtel des Städtedreiecks Nürnberg, Fürth und Erlangen liegt, also auch mit dem Problem der teuren Grundstücke zu kämpfen hat. 300 bis 750 Euro pro Quadratmeter kostet der Boden, das entspricht durchaus dem Niveau der benachbarten Großstädte. Und die Kreisstadt ist ein gefragtes Pflaster. Infrastruktur, Vereine, Schulen, zahlreiche Kulturveranstaltungen – all das macht Zirndorf als Alternative zu Fürth oder Nürnberg attraktiv.

Für die Wohnungsbaugesellschaft (wbg) bedeutet das, dass sie in den Bestand und in Neubauten investieren muss. Aber längst reichen die Grundstücke in Zirndorf nicht mehr aus. Also bietet die wbg ihre Erfahrung beispielsweise auch in der Nachbarkommune Oberasbach an. Ein ähnliches Modell praktiziert die städtische Gewo-Bau in Erlangen mit ihren Umlandgemeinden. Auch dort gilt die Kooperation als "Erfolg", weil sie die Stadt entlastet und den kleineren Gemeinden langjährige Erfahrungen zur Verfügung stellt.

Aber der Umweg über die städtischen Wohnungsbaugesellschaften ist für den Gemeindetag eine zweischneidige Sache. Beim staatlich geförderten Bau von Sozialwohnungen müssten eigentlich die Kommunen als Investoren auftreten, weil sie höhere Förderquoten bekommen als die Wohnungsbaugesellschaften, kritisiert Franz Dirnberger vom Gemeindetag.

Zwingel pflichtet ihm bei: Würde sich Zirndorf verstärkt als Bauträger engagieren, müssten in den Haushalt Millionen Euro an Schulden aufgenommen werden. Und das würde der Kommunalaufsicht überhaupt nicht passen.

Bevölkerung zieht weg

Schwierig ist für die Kommunen im Süden Deutschlands, dass beim Bauen Bundesrecht gilt, aber die Verhältnisse gerade in Bayern und Baden-Württemberg völlig anders sind als etwa in Brandenburg oder Niedersachsen. Während sich manche Gegenden im Norden entvölkern, nimmt der Wohndruck im Süden enorm zu.


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Ein positives Beispiel gibt es laut Gemeindetag. So gilt bis Ende des Jahres ein Bundesgesetz, nach dem die Bebauung von Ortsrändern erleichtert wird. Doch, fragt etwa Gerold Noerenberg (CSU), Oberbürgermeister von Neu-Ulm, warum ist das Gesetz befristet? Etliche Bundesländer haben überhaupt kein Interesse an diesem Gesetz. Bayern brauche es dagegen dringend, betont er.

Vehement wehrt sich der Gemeindetag gegen den etwa von den Grünen und dem Bienen-Volksbegehren gebrauchten Begriff des "Flächenverbrauchs". Es sei Unsinn, auch den Garten eines Einfamilienhauses als versiegelte Fläche zu berechnen, sagt Noerenberg. Schon in seiner Stellungnahme zum Thema Flächen hatte der Gemeindetag von "Flächeninanspruchnahme" geschrieben. Zwingel: "Es ist ein Verfassungsauftrag, genügend Wohnungen zu schaffen."

Noerenberg wünscht sich mehr Spielraum für die Kommunen, um dem Wohnungsbau Impulse geben zu können. Aus den Fehlern der 1950er Jahre, als riesige Blocks von Sozialwohnungen errichtet wurden, müsse gelernt werden. "Wir brauchen die Sozialwohnungen neben den Eigentumswohnungen", sagt er. Auch Zwingel will die Bevölkerungsstruktur mischen. Deshalb bietet seine städtische wbg über ein Tochterunternehmen Wohnungen für Käufer an.

Entschlacken würden die Kommunen gerne die Bauvorschriften. So haben die Vorschriften für die Wärmedämmung die Kosten für Sozialwohnungen enorm verteuert, klagt Noerenberg. Auch das System der Ausgleichsflächen belaste die Etats.

Zudem müssten Landwirten, die ihre Äcker für Wohnbau oder Gewerbe verkaufen, attraktive Angebote durch die Steuergesetzgebung gemacht werden. Für sie lohne sich der Verkauf vielfach nicht. Dabei müsse Druck vom Wohnungsmarkt genommen werden, "damit die Preise nicht weiter explodieren".

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