Anarchie der Ratzen

31.1.2013, 09:11 Uhr
Anarchie der Ratzen

© Hans-Joachim Winckler

„Lang machen däi des net“, unkte der ein oder andere, als Ute und Uwe Weiherer 1994 die allererste Dullnraamer-Sidzung stemmten. Die Zweifler sollten sich täuschen. Der Frech-Fasching überstand nicht nur drei Umzüge und vier Hallen, sondern gewann im Lauf der Jahre eine eingeschworene Fan-Gemeinde.

Ein stolzes Jubiläum kann man mit Festreden und Orden feiern. Beides ist der Dullnraamer Sache nicht. Stattdessen hat man Bilanz gezogen. Und weiß seitdem, dass in all den Jahren während der Proben und bei den Auftritten allein 4600 Tafeln Schokolade vernascht wurden. 2900 Wienerle und 305 Gläser Gurken á 1000 Gramm Einwaage stärkten ebenso wie 830 hartgekochte Eier die Nervenkostüme. 380 Kajalstifte und 185 Fläschchen Wimperntusche sorgten für tiefe Augenblicke. 9200 Meter Kabel wurden verlegt, 160 Quadratmeter Videowand auf- und wieder abgehängt...

Derzeit laufen im Kulturforum die Proben für die 20. Ausgabe der Sitzung, die sich garantiert nicht an die üblichen närrischen Regeln hält. Hoch über der Bühne hängt bereits der bewährte Ratz – eine Ratte, die von Beginn an zum Wappentier und Maskottchen der Truppe erkoren wurde. Vor der Bühne konstatiert Regisseurin Ute Weiherer gelassen den Stand der Probe: „Wie schön, jetzt haben wir wieder den Moment, in dem Tanz und Choreographie nicht übereinstimmen.“

Blick auf Fürth



Die Drei-Stunden-Show wird die bewährten Elemente bieten: Knackige Songs mit neuen Texten, Kabarett und intensive Blicke auf Fürth und seine Geschicke. Garantiert nicht im Programm ist Routine, obwohl Ute und Uwe Weiherer versichern: „Natürlich hat sich seit 1994 viel verändert, aber gewisse Themen haben wir jedes Jahr auf der Rolle.“ Treu geblieben sei man etwa den Wehen der Gesundheitsreform(en) oder der Rentendebatte. Stets dabei war auch die Asylpolitik, sagt Ute Weiherer und seufzt angesichts solcher Dauerbrenner: „Manchmal könnte man verzweifeln.“

Fraglos gebührt Fürth bei den Dullnraamern-Hits eine Spitzenposition. „Ferdd knockt mich aus“ heißt der Titel, in dem sämtliche Top-Themen der Stadt in einem Aufwasch abgeledert werden. Gesungen wird der neue Text („Der Wackeldackel-Stadtrat nickt im Chor, Neue Mitte, City-Center glatt verpennt“) zu dem mitreißenden Kracher „I get knocked down“ von Chumbawumba.

Mag auch die Mängelliste lang sein, die Jahr für Jahr von den Alternativ-Faschingshelden abgearbeitet wird, eine Sorge drückt nicht: Der Nachwuchs mischt ebenso engagiert mit wie die Altgedienten. Weiherer-Tochter Rieke Frohberger erinnert sich: „Mit neun Jahren habe ich bei der ersten Sitzung direkt vor der Bühne gehockt, das ist mir noch absolut präsent.“ Genauso in Erinnerung sind der 29-Jährigen „die endlosen Diskussionen, wann ich endlich mitmachen darf“. Mit 16 eroberte sie das Mikrofon, seither ist sie dabei. Dullnraamer der ersten Stunden sind übrigens auch Anke Fäller, Michael Bliemel, Beater Tirschner und Angelina Wiegand. Solche Ratzen-Treue verdient selbstverständlich einen Song. Der heißt „Für uns“ und hat den herzerwärmenden Refrain: „Jedes Jahr mit Gulli Gulli, Jump, Dullnraamer, Jump, im Schweinsgalopp auf die Bühne. Anstatt Schunkeln Anarchie.“

20. Dullnraamer Sidzung, 1. und 2., 8. und 9. Februar, jeweils 20 Uhr, im Kulturforum.

 

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