Fanprojekt: "Viel mehr als Gewaltprävention“

6.10.2014, 16:00 Uhr
Zwei neue Ansprechpartner für die Kleeblatt-Fans, die sich in der Szene besonders gut auskennen.

© Ralf Rödel Zwei neue Ansprechpartner für die Kleeblatt-Fans, die sich in der Szene besonders gut auskennen.

Während die Fürther Einrichtung erst seit diesem Jahr besteht, liegt die Gründung der ersten Fanprojekte in Deutschland bereits über 30 Jahre zurück. Als Reaktion auf die steigende Gewalt in und um die Stadien gab das Bundesministerium des Inneren 1979 ein Gutachten mit dem Arbeitstitel „Sport und Gewalt“ in Auftrag. Dieses empfahl erstmals den Einsatz von Sozialarbeitern in den Fanszenen.

Erst mit dem „Nationalen Konzept Sport und Sicherheit“ (NKSS) 1992 wurden Fanprojekte allerdings zum festen Bestandteil der Arbeit zur Gewaltprävention. Nach dem NKSS sollte möglichst an allen Bundesliga-Standorten eine solche Einrichtung geschaffen werden. In Fürth dauerte es dagegen bis ins Jahr 2014. Die Ansprüche und Zielsetzungen haben sich im Laufe der Jahrzehnte verändert. „Ein Fanprojekt ist mittlerweile viel mehr als Gewaltprävention“, sagt Matthias Kosubek. Der Ansatz gehe heute weiter. Demokratische Werte sollen verbreitet, Diskriminierung abgebaut und das Verantwortungsbewusstsein der jungen Anhänger gestärkt werden.

"Wollen Stärken fördern"

Wie berichtet, arbeitet das Fanprojekt mit Kleeblattfans im Alter von zwölf bis 27 Jahren. „Uns ist es aber wichtig zu betonen, dass wir ein Fan- und kein reines Ultra-Projekt sind“, gibt Christjan Böncker zu bedenken. Es gelte, sich mit „Fußballfans in ihrer breiten Erscheinungsform“ auseinanderzusetzen. Dennoch wird auch die Arbeit mit den verschiedenen Ultra-Gruppen reichlich Zeit einnehmen. Dort gebe es viele junge Leute, die mit einer guten Organisationsstruktur, politischem Engagement und ihrer kreativen Arbeit viele Stärken besitzen. „Genau diese Stärken wollen wir fördern und vermehren – beispielsweise durch die Bereitstellung von Räumlichkeiten“, formulieren Böncker und Kosubek ihr Ziel.

Als positiv sehen die beiden es an, „von allen Seiten akzeptiert“ zu sein – auch von den Ultras. Der 25-jährige Kosubek ist von Kindesbeinen an Kleeblatt-Fan und war lange Jahre auch in einem Fanklub organisiert. Dadurch kenne er die Mechanismen und Zusammenhänge in den Gruppen der Anhänger sehr gut. Böncker lebte bis vor sechs Jahren an der Nordsee und kam erstmals im vergangenen Jahr mit Vertretern der Ultras in Kontakt. In seiner Funktion als Mitarbeiter im Kinder-und Jugendhaus Catch Up organisierte er gemeinsam mit den jungen Fans das Projekt „Des Nazis neue Kleider“. Er sei begeistert gewesen, wie zuverlässig und engagiert sich seine Partner dabei zeigten. „Das kennt man aus der Jugendarbeit eher anders.“

Früher ein Punk

In seiner Jugend war Böncker Teil der Punk-Szene und hat daher einen „subkulturellen Hintergrund“, wie er sagt. Dieser helfe beim Zugang zur Zielgruppe enorm und sei auch für das Verständnis sehr förderlich.

Seit Saisonbeginn besuchen die beiden alle Spiele des Kleeblatts. Dort dienen sie als Ansprechpartner und stehen sowohl den Fans als auch der Polizei vermittelnd zur Seite. Aufgaben, die bisher vor allem Nicolas Heckel als hauptamtlicher Fanbeauftragter der Spielvereinigung erfüllte. Durch das Fanprojekt sei die Fanbetreuung „breiter aufgestellt“, sagt Heckel. „Ich bin mir sicher, dass alle Parteien von der sozialpädagogischen Arbeit profitieren werden.“

Wenn die Räumlichkeiten in der Kinderarche (Theresienstraße 17) fertig renoviert sind, soll ein regelmäßiger offener Treff angeboten werden. Außerdem ist geplant, Projekte in Kooperation mit den Fans und der städtischen Jugendarbeit zu fördern und weitere kulturelle Angebote ins Leben zu rufen.

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