Dullnrammer: Kabarett in Zeiten der Selfie-Pest

6.2.2015, 10:20 Uhr
Dullnrammer: Kabarett in Zeiten der Selfie-Pest

© F.: Winckler

„Fürth ist halt keine Faschings-Hochburg.“ Gelassen spricht Ute Weiherer diesen Satz aus, was aus mehreren Gründen erstaunlich ist. Die Dullnraamer-Chefin, unter deren Regie die Anti-Prunksitzung längst zum Kult-Programm avancierte, steht wahrlich nicht im Verdacht, dem arrivierten Karnevalswesen auch nur im geringsten zugeneigt zu sein. Keine Orden, keine Beine werfenden-Mariechen, strenges Schunkel-Verbot – das sind schließlich die Maximen der Dullnraamer.

Und doch steht da eine Zahl im Raum, die andernorts als veritables Jubiläum beklatscht werden dürfte: Die Fürther Sidzung, rechnet Dullnraamer-Urgestein Uwe Weiherer vor, trägt die Nummer 22. Ein amtlicher Ehrentag. Also zumindest in närrischeren Gefilden als Fürth.

Da hierzulande – siehe oben – solche Spielereien nicht ziehen, werden die Auskehrer tun, was sie ohnehin vorhaben: Das Lächerliche in diesem Land extrahieren und mit ungebrochener Lust am Spott aufbereiten. Zur Traditionspflege zählen in diesem Ensemble der Hang zur Anarchie ebenso wie der Versuch, punktgenau dahin zu zielen, wo es schmerzt.

Soweit läuft bei der 2015er-Sidzung also wieder alles nach Plan. Bemerkenswert ist aber auch die tiefenentspannte Gelassenheit, die Ute Weiherer kurz vorm Startschuss ausstrahlt. Der Grund liegt im entzerrten Zeitplan: „Wir konnten diesmal schon einen Tag früher aufbauen, dadurch bleibt mehr Raum für die Proben.“

Kein Mangel auch beim Material, das die Kabarett-Reifeprüfung bestanden hat. „Es war ein schlimmes Jahr, wir hatten mehr als genug Rohstoff“, zieht Ute Weiherer Bilanz. „Die Frage war diesmal eher, was nehmen wir, damit das Publikum nicht anschließend völlig geschlaucht ist. Wir wollen ja schließlich auch, dass gelacht wird.“ Die Themenliste richtet sich nach der aktuellen Großwetterlage, und die hat Reizwörter in Fülle zu bieten: „Dschihad, Pegida, die Armleuchter für Deutschland, das marode Material bei der Bundeswehr, Islamophobie, die Selfie-Pest. . .“

Zum Ensemble gehören diesmal 15 Aktive. Manche wie Michael Bliemel mischen seit Gründungszeiten mit. Seit 16 Jahren zählt Rike Frohberger zur Stamm-Besetzung. Zum ersten Mal dabei sind jetzt Alexandra Krug und Martin Bardo, die im vergangenen Sommer als Statisten bei der „Jedermann“-Inszenierung zur Truppe stießen. Die Aufgabenverteilung ist klar: „Jeder muss alles machen“, sagt Uwe Weiherer.

Trotzdem gibt es selbstverständlich Spezialaufträge für jeden. „Die Frauen haben zum Beispiel eine eigene A-cappella-Nummer zur Quotenfrage vorbereitet“, verrät Rike Frohberger. Tänzerische Qualitäten sind unter anderem in einer „freilaufenden Hühner-Choreografie“ gefordert. Wie sehr der Einzelne im Lauf des Abends beansprucht wird, sagt Ute Weiherer, lässt sich leicht ausrechnen: „Das Programm dauert drei Stunden, geteilt durch 15 Akteure.“

Im Dauereinsatz ist auch die Band. Live-Musik ist nämlich ein weiteres Herzstück der Schau und wird von Pete Mayhew, Jochen Sorg, Udo Seidel und Phillip Renz gemacht. Kenner der Dullnraamer-Sause wissen, dass zu den gesetzten Programmteilen auch die aktuellen Video-Einspieler gehören, die unter Federführung von Peter „Lord Picture“ Frei produziert werden. Freigegeben werden die Leinwände im großen Kufo-Saal außerdem für ein paar naturbelassene Original-Videoclips, die Politiker in nicht ganz so geistesgegenwärtigen Momenten zeigen. Uwe Weiherer: „Da sind Sachen dabei, da brauchst du überhaupt nix mehr sagen, da wirst du als Kabarettist glatt arbeitslos.“

Natürlich wird der Blick für einen Augenblick vom Weltgeschehen auf Fürth gelenkt. „Das handeln wir kurz und prägnant mit einem Lied ab, in dem alles vorkommt, was uns nervt“, verspricht die Dullnraamer-Regisseurin. „Da wären unter anderem die Gustavstraße und die gefällten Bäume überall, die Helikopter-Eltern und das Kino, das nicht kommt.“ Es dürfte ein Lied mit mehreren Strophen werden.

Heute Abend um 20 Uhr beginnt im Kulturforum der 22. Aufguss der Sidzung im Zeichen des Dullnraamer-Ratzen, der wie stets die Bühne krönt.

Weitere Termine: 7., 13., 14. Februar, Kulturforum (Würzburger Straße 2). Karten gibt es noch für alle Abende zum Preis von 22 Euro. 20 Prozent ZAC-Rabatt gewährt im Vorverkauf der FN-Ticket-Point (Rudolf-Breitscheid-Straße 19, Tel. 77 98 70).

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