Dullnrammer: Viele Themen, wenig Sprengkraft

9.2.2015, 10:00 Uhr
Dullnrammer: Viele Themen, wenig Sprengkraft
Dullnrammer: Viele Themen, wenig Sprengkraft

© Fotos: Hans-Joachim Winckler

Der Auftakt lässt an Schmissigkeit nichts zu wünschen übrig. Auf zwei Leinwänden stürmen die Ratzen aus der Kloschüssel, benagen Fundstücke in Großaufnahme und sorgen auch sonst für gepflegten Ekel. Auch die erste Tanzeinlage mit Rike Frohberger im roten Rosenkostüm an vorderster Front gerät rattenscharf. Fein, freut sich der Zuschauer, heute Abend kommt es bestimmt knüppeldick.

Doch die Erfüllung der Vorfreude lässt auf sich warten. Irgendwie will der Funke nicht so richtig überspringen. Drückt die 0:1-Niederlage der Fürther Spielvereinigung aufs Gemüt? Befindet sich das Publikum im Geiste in Veitshöchheim? Oder liegt es an den Sketchen? Genauer gesagt: daran, dass die karikierten Missstände schon eine dermaßen lange Schleppe der Verspottung hinter sich herschleifen, dass man schon wieder Mitleid bekommt? Uli Hoeneß – mittlerweile Freigänger – wird nur mit einem kleinen Seitenhieb abgestraft, die Bundeswehr, die von ihren Ersatzteillagern zehrt, war schon immer nur eine Gurkentruppe, und wenn Uwe Weiherer seine Liebeserklärung an Uschi von der Leyen trällert, dann mangelt es an der letzten erotischen Überzeugungskraft.

„Ist der Sozi nicht mehr rot, wird er zum Sonderangebot!“ – die SPD verrät ihre Werte und Glaubenssätze, aber die verrät sie bereits seit Jahren, da gibt die Verramschung des letzten aufrechten Sozialdemokraten im Stil der Schnäppchen-Shows kaum noch Lacher her. Und der Verdacht, dass das Kürzel CDU für „Cerebraler Denkunfall“ steht, steht eh seit Jahrzehten im Raum.

Aber das sind ja auch nur die bürgerlichen Parteien. Schon grimmiger geht es zur Sache, wenn die Dullnraamer sich zur extremistischen Szene vorarbeiten. Eine Zoobesichtigung eröffnet dem Publikum ungeahnte Gemeinsamkeiten zwischen Neofaschisten und Dschihad-Kämpfern. Der „Homunculus stupidus“ wie der „Homunculus intolerantus“ verständigt sich jeweils mit Grunzlauten, verfällt beim Anblick weiblicher Reize in Paarungsbereitschaft signalisierende Zuckungen, und verfügt auch sonst über dieselben nur rudimentär ausgeprägten Körpersignale.

Auch AfD wie Pegida bekommen ihr Fett weg mit einem Text, frei nach der Melodie von „YMCA“ der Village People, der an Drastik nicht zu wünschen übrig lässt: „Und beim Poppen wird deutsch gestöhnt, bajuwarisch und voll integriert, wo man deutsch-national masturbiert.“ Verlassen die Dullnraamer den politischen Bereich, dann suhlen sie sich mit Vorliebe in Nostalgie. Da huldigen sie eben dem Aki, dem längst untergegangenen Bahnhofskino aus der Nachbarstadt, trällern „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo“, und walzen den Schlager gleich dreimal in einer cineastischen Revue aus: mal als Melodram, mal als Western, mal als Horrorthriller. Ein bewährtes Pfund, mit dem sich wuchern lässt, bleibt wie seit eh und je die Musik von Pete Mayhew, Jochen Sorg, Udo Seidel und Phillip Renz. Und wenn Rike Frohberger sich mit einem Sologesang ins Zeug legt oder als unschuldiges Engelchen von Wolke sieben auf die böse Welt hinabschaut, ist volle Aufmerksamkeit gesichert.

Vergnüglich auch die filmische „Hüstory“, frei nach der Geschichtsrevue des ZDF: Da ja angeblich nicht Christoph Kolumbus, sondern türkische Seefahrer Amerika entdeckt haben sollen, überrascht uns „Hüstory“ mit filmtricktechnischen Kabinettstückchen: Stonehenge war in Wahrheit eine Megalith-Moschee, auf dem Mond flattert das Halbmondbanner, auf dem Gipfel des Everest steht ein Pavillon wie aus 1001 Nacht, die Mona Lisa trug ursprünglich Burka, und selbst der Nürnberg-Fürther Zugverkehr 1835 muss der Bagdad-Bahn die Vorfahrt lassen.

Aber ach, der Funke, er springt nur selten über, da richten selbst der Appell an den Saalgesang und auch die Tanzeinlage mit gegenseitigem Anfassen und Befummeln nicht viel aus. Man sitzt da, man kichert und grinst, ab und zu prustet man ordentlich los, aber so richtig herzhafte Lacher sind Mangelware.

Nur einmal bleibt das Lachen wirklich mit Grund im Halse stecken. Nämlich als Mutti Merkel in einer echten Video-Einspielung vor dem Bundestag bekräftigt: „Antisemitismus ist unsere staatsbürgerliche Pflicht“. Gemeint war wohl Antifaschismus. Oder Anti-Antisemitismus. Aber mit dem Anti ist das so eine Sache. Nicht alles kommt gut, bloß weil man dagegen ist.

Weitere Vorstellungen am 13. und 14. Februar.

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