«Schalt’ die Glotze ein, dann könnt’ ich nur noch spei’n»

16.2.2009, 00:00 Uhr
«Schalt’ die Glotze ein, dann könnt’ ich nur noch spei’n»

© Hans-Joachim Winckler

Die Pleite-Banker und der Lieblingsfeind namens George W. Bush sind heuer natürlich Pflicht und erfahren ihre Würdigung in zwei Song-Nummern. Mit der angemessenen Dosis Wut bläst das seit dem Vorjahr runderneuerte Dullnraamer-Ensemble ihnen in bitterbösen Liedtexten der Marsch.

Für Lokalkolorit sorgt zu Queens «We will rock you» und in leichter Abwendung eines aktuellen TV-Werbespots die ironische Hommage «Wer wo weiß weiß OB», die den 80-Prozent-Erdrutsch-Wahlsieg Thomas Jungs aufs Korn nimmt.

«Gabriele Pauli» im feschen Latex-Dirndl erläutert wiederum, warum eine Frau gut daran tut, sich auf Äußerlichkeiten zu beschränken, wenn sie weiterkommen will, wohingegen eine coole Weiber-Combo, angetan mit Sonnenbrillen und langen Mänteln, gegen Machos wettert. Hier wird die Stärke dieses neuen Dullnraamer-Teams deutlich: Die Darsteller sind erfreulich wandlungsfähig und bewähren sich in den unterschiedlichsten Rollen.

Obendrein ist hier genug imitatorisches Talent vorhanden, um die steife Angela Merkel und die näselnde Ulla Schmidt ebenso auf der Bühne herbeizuimaginieren wie Frank-Walter Steinmeier und andere Politgrößen. So hebt denn auch das gesamte Kabinett im «Raumschiff Duplo» ab, um der gegenwärtigen Krise zu entkommen. Und natürlich ist es Wolfgang Schäuble, der überall «Terrorischden» wittert und unbedingt auf sie schießen will.

Hauptakteur Uwe Weiherer, der diesen heiklen Part übernimmt, hielt sich ansonsten diesmal mehr im Hintergrund als gewohnt. Den anderen Kanalräumern schien es sichtlich gut zu tun, dass der Chef ihnen Raum ließ, ja, manch einer trumpfte regelrecht auf. Bei einem Großteil der Tanz- und Gesangseinlagen hält Rike Weiherer mit viel Ausstrahlung den Laden zusammen. Die kam besonders als Soldatin im Afghanistan-Einsatz zur Geltung - wobei die Dullnraamer den Kurs fahren: Krieg ist Krieg und Tote sind Tote, egal wie man die Angelegenheit auch beschönigend bezeichnet.

Falls Anhänger der Linkspartei aber nun gehofft haben sollten, Lafontaine und Gysi würden im - am Premierenabend eher mäßig, am Samstag bestens besuchten - Kulturforum gut wegkommen, so hatten sie sich getäuscht. Die Faschings-Anarchos lassen auch an der roten Truppe kein gutes Haar, vorgeführt bei einem einem Ausflug ins hessische Chaos. Ute Weiherer bevorzugt den sozialdemokratischen Blickwinkel und zieht über die Konkurrenzängste mancher Genossen her, die «gleich die Russen vor der Tür stehen sehen, sobald jemand die Hartz-Gesetze kritisiert».

TV-Nervensägen

Gegen Ende des dreistündigen Abends dann die in 16 Jahren erprobte, traditionelle Frage: Wer wird das Faschingsprinzenpaar 2009? Wen küren die Dullnraamer zur nervigsten Erscheinung der vergangenen Monate? Es traf die Fernsehmacher, die mit Deppenformaten wie «Dschungel-Camp», «Frauentausch» und «Bauer sucht Frau» Nerven und gesunden Menschenverstand strapazieren. Der Saal johlt bei Texten wie «Schalt’ ich die Glotze ein, dann könnt’ ich nur noch spei’n» heftig.

Zum Abschluss der 16. «Sidzung» stand wieder gemeinsames Tanzen und Feiern an. Wie bemerkte ein Fan? «Die Dullnraamer müssen einfach sein». CLAUDIA SCHULLER

Dullnraamer-Sidzung 2009: Weitere Termine am 20. und am 21. Februar, Kulturforum, Große Halle (Würzburger Straße 2), Tickets (19, Abendkasse 22 Euro) bei allen bekannten Vorverkaufsstellen im Großraum.