Die dunkle Seite des Fürther Faschings

23.1.2010, 00:00 Uhr
Die dunkle Seite des Fürther Faschings

© Hans Winckler

Mit Fasching von der Stange haben die Dullnraamer so viel zu tun wie Hyänen mit Hauskätzchen. Doch halt, es gibt Gemeinsamkeiten. Die Dullnraamer sind ein Faschingsverein, wenngleich mit Immunisierung gegen Veitshöchheimer Scherzviren. Zweitens, es gibt ein Prinzenpaar, wenngleich mit deutlich polit-kabarettistischer Schlagseite. Drittens: Schunkelrunden gibt es ebenfalls, wenngleich mit einer Rockband als Dampfmacher. Die Musiker von Spam aus Ansbach mischen auch 2010 wieder mit.

Nicht dienen können die Dullnraamer hingegen mit spannenden Ordensverleihprozeduren in Spielfilmlänge, mit Kindergarden, Juniorengarden, Damengarden, Prinzengarden, Männerballett und Tusch-umtosten Büttenrednern, deren Witzearsenal ungefähr auf Genitalhöhe hängt. Ja, ist denn hier noch Fasching? Absolut, sagt Dullnraamer-Chefin, Regisseurin und Autorin Ute Weiherer.

Fasching, zumal der fränkische, sei, rein kulturhistorisch betrachtet, eine dunkle Angelegenheit. «Man hat diese Jahreszeit ja nicht umsonst ausgesucht. Die winterliche Dunkelheit ist ein Revier für Freiheit.» Freiheit für anarchische Umtriebe. Nur hat niemand gesagt, dass dabei der Kopf ausgeschaltet bleiben muss. Nach Dullnraamer-Sidzungen - Durchschnittslänge drei Stunden, so auch heuer - und nach dem Schlusssong «Für immer bleed» raucht zuweilen der Kopf, denn Weiherers Kanalräumer gehen keinem Polit-Misthaufen gleich welcher Couleur aus dem Weg.

Das gelingt mal treffsicher, mal zielt die Wortwucht meilenweit neben das Zwerchfell. Doch das Nachdenken beim Lachen und das Nicht- Lachen-Können vor lauter Benommenheit - das ist hier typisch und gewollt. Daher wird auch das Quelle-Desaster Thema des 2010er-Programms sein, eine notleidende Erbin wird eine Ansprache halten. Nichts zum Brüllen, sagt Weiherer. Ein Dullnraamer räumt eben im Dunklen.

Team ohne Starallüren

13 Damen und Herren Aufräumer zwischen 20 und etwas über 50 Jahren sind heuer im Einsatz - sechs Fürther, fünf Nürnberger, je einer aus Erding und Ansbach. «Ordentliche» Berufe haben sie alle, doch einmal im Jahr eint sie der Spaß, auf der Bühne der großen Kufo-Halle den Kanalratz rauszulassen. Gemeinsam und unter Ute Weiherers Fittichen senden sie das Signal, wonach die freie Szene in und um Fürth quicklebendig ist. Seit November laufen die Proben, «wir sind ein eingespieltes Team ohne Starallüren», sagt die Chefin, die auch noch um sprichwörtlich kurz vor zwölf Neues aus der lustigen Welt der Politik zu kabarettistischem Hack verarbeitet. Die nicht ganz unbedeutende Hotelierspende an die FDP etwa, sie hat ihren Platz im Sidzungs-Programm ebenso wie das Kruzifix-Urteil des Europäischen Gerichtshofes.

Aufwendiger denn je sollen diesmal die Videosequenzen geraten sein, die abermals der Nürnberger Webdesigner Peter Frei schuf. Aus Michael Jacksons Song «Black or White» etwa machen die - der Sympathie mit der amtierenden Bundesregierung gänzlich unverdächtigen - Dullnraamer «Schwarz und Gelb». Das leidlich berühmte Jackson-Video, ein dynamischer Köpfe-Reigen, wird hier zum Politiker-Bilderbogen.

Apropos Politiker: Gnade kennt das Ensemble mit niemandem. Nicht mit den Herrschaften «der nicht vorhandenen Linken» (Weiherer), nicht mit Superstar zu Guttenberg, nicht mit dem Vizekanzler, dem die Ehre widerfährt, mit einem Song von Schlager-König Guildo Horn verballhornt zu werden. Aus «Guildo hat euch lieb» wird in Fürth «Guido hat sich lieb».

So etwas würde höchstwahrscheinlich dem BR-Redakteur, der auf den Veitshöchheimer Fasching traditionell gut, wenn nicht sogar sehr gut aufpassen muss, schlaflose Nächte bereiten; von der hochexplosiven Afghanistan-Nummer der Sidzung 2010 ganz zu schweigen. Kabarett mit Sprengkraft - auch das kann Fasching sein. MATTHIAS BOLL

Dullnraamer-Sidzung 2010: Premiere am 5. Februar, 20 Uhr, Kulturforum, Große Halle (Würzburger Str. 2). Weitere Termine: 6., 12./13. Februar. Tickets (19 Euro) bei allen bekannten Vorverkaufsstellen, Abendkasse 22 Euro.