Närrischer Ernst

12.2.2007, 00:00 Uhr
Närrischer Ernst

© Hans-Joachim Winckler

Themen bieten sich genug an, aber wo den Gag platzieren? So wurde es 2007 entsprechend dem Zustand der Gesellschaft eine etwas ernstere «Dullnraamer-Sidzung» im Kulturforum. Der Schlachtruf «Gulli, Gulli» ertönte selten.

Die alte Wut der Weiherers, die das Spektakel seit 14 Jahren organisieren, ist immer noch da. Genauso wie viele Ungerechtigkeiten. Aber wenn es so weit ist, dass arme Kinder tatsächlich in einem reichen Land schrecklich zu Tode kommen, bleibt nichts übrig, als das trostlos zu konstatieren. So war der A-cappella-Song «Geht die Welt unten unter» nach Ina Deters «Ohne mich» den misshandelten und verstorbenen Kindern Kevin, Patrick und Melanie gewidmet.

Magersüchtige Models

Ein ähnliches Problem gab es auch in Sachen Frauenpolitik: Es ist alles schlimmer gekommen als befürchtet. Models verhungern freiwillig aus Karrieregründen (schnippisch gespielt von Rike Weiherer) und Eva Herman will zurück an den Herd. So blieb Ute Weiherer nichts anderes übrig, als am Ende ihrer traditionellen Schmährede gegen Macker und Machos festzustellen: «Ich habe den Feminismus manchmal so satt.»

Auch «Dämonen und Killer» nach dem Grand-Prix-Gewinner «Hard Rock Hallelujah» von Lordi, eine bildgewaltig in Szene gesetzte Nummer im Stil eines Computerspiels, war einer der nachdenklichen Momente des Programms. Schließlich weiß längst jeder, dass zu viel «Counterstrike» und Co. aggressiv machen können, aber welche Familie hat schon Lösungen parat? Marco Orwen als Sänger gab sein Bestes und lebte die Rolle des Chaos-Kids authentisch aus. Bei «Die Unterschicht» nach Rio Reisers «König von Deutschland» legte er noch einen drauf.

Zu den Dullnraamern 2007 passte auch, wer zum Prinzenpaar gekürt wurde. Nicht wie sonst die nervigsten Erscheinungen, sondern eine Gruppe, die es derzeit besonders hart trifft: Die Kranken und das Pflegepersonal, denen die Gesundheitsreform viel abverlangt.

Für die heiteren Akzente sorgten die Video-Einspielungen von Peter Frei und Uwe Weiherer. Weiherer rappte, gab dem scheidenden Stoiber Tipps für die berufliche Zukunft als Schwimmflügelaufblaser oder CrashTest-Dummie und steigerte sich im bereits obligatorischen Stück gegen die «Mützendeppen» aus den Faschingsvereinen zur Bestform.

Richtig gut gelungen war das Mini-Theaterstück «Gazzus» um Stoibers Abgang und Landrätin Gabriele Pauli, das Weiherer ins antike Rom verlagerte. Ein Großteils des Ensembles versammelte sich in Betttüchern auf der Bühne und schonte keinen führenden CSUler.

Zum Ausgleich dafür wurde später die große Koalition in ein Raumschiff verlagert (Raumpatrouille Orion ließ grüßen!). Karsten Kunde und Udo Martin präsentierten sich hier in Hochform. Die Aktualitäten so kurzfristig noch einzubauen, war eine Herausforderung, die die Dullnraamer gut meisterten. Und auch der lokale Bezug war rasch gefunden: Die «Pannen»-Silvesterfete am Rathaus. CLAUDIA SCHULLER

Die Dullnraamer sind im Kulturforum jeweils ab 20 Uhr noch von Freitag, 16. Februar, bis Sonntag, 18. Februar, zu sehen. Karten an der Abendkasse zu 22 Euro (Vorverkauf 19 Euro).