Im Labyrinth der pelzigen Gorgonzola-Gnome

24.7.2007, 00:00 Uhr
Im Labyrinth der pelzigen Gorgonzola-Gnome

© Thomas Scherer

Feuchte Kälte zieht die steilen Stufen herauf, tief unter der Erde wummern Trommeln. Gemälde, Objekte, Installationen und Videos vor bröckeligen Backsteinmauern und in schummrigen Nischen: Mit ihrer Absicht, das uralte Gemäuer zu beleben, haben die Organisatoren Kamran Salimi und Patrick Preller abermals ins Schwarze getroffen.

Zahlreiche Kunstinteressierte stiegen hinab ins Labyrinth unter dem Klinikum. Erstmals konnten sie heuer bei der Vernissage einer Preisverleihung an die Künstler beiwohnen. Um den Höhepunkt vorwegzunehmen: Der erste, mit 1000 Euro dotierte Preis ging an Bettina Graber, zwei zweite Preise über je 500 Euro erhielten Michl Schmidt und Andrea Hofbeck.

Alle Künstler - die Jury wählte unter 32 Bewerbern zwölf Teilnehmer aus - hatten die Auflage, mit ihren Werken einen Bezug zum Kellergewölbe bzw. zu den damit verbundenen Themen Krieg oder Klinikum zu schaffen. Gerade auf Grund dieser Herausforderung entstand trotz der völlig unterschiedlichen Ansätze der einzelnen Künstler eine sehr harmonische Ausstellung mit hohem Niveau.

Wegen der 1000-Jahr-Feier der Stadt und auf Grund der sensationellen Publikumserfolge der vergangenen Ausstellungen, war es den Organisatoren diesmal gelungen, zwei Stifter für die Geldpreise zu finden. Ralph Pöhlmann ist keineswegs «nur» Sohn eines Schuhhausbesitzers, sondern auch gleichzeitig Nachkomme eines Kunsthistorikers, dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 100. Mal jährt - ein nachvollziehbarer Grund, junge Kunst zu fördern.

Mit der Fürther CSU-Stadträtin Heidi Tischendorf gelang es Preller, eine zweite Stifterin mit ins Boot zu holen. Jury-Mitglied Hans-Peter Miksch, Leiter der kunst galerie fürth, übernahm die Preisverleihung. Mit ihrer Installation, die durch ihre besondere Dichte unter die Haut geht, überzeugte Bettina Graber. Die Studentin der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg erschuf eine märchenhaft versponnene, zugleich an unterbewusste Ängste rührende Arbeit: ein weiß überzogenes Bett, ein Brautkleid mit Ärmeln einer Zwangsjacke strahlen in grellem Blaulicht.

Der freischaffende Künstler Michl Schmidt gewährte geliehenen Yucca-Palmen Asyl im Untergrund. Mit seinem Werk stößt er soziale Prozesse an, nicht ohne dem Ganzen einen ironischen Unterton zu verpassen: Man sieht den «Objekten» deutlich an, dass sie unter extremen Bedingungen leben müssen und durch ihre Erscheinung auch einen Blick auf den Besitzer freigeben.

Den zweiten 2. Preis erhielt Andrea Hofbeck, ebenfalls Studentin an der Akademie, für ihre in einem schummrigen Gang arrangierten Gipsschalen, die viele Fragen aufwerfen. Handelt es sich um eine antike Ausgrabungsstätte oder ein Gemälde? Die Jury überzeugte, mit welcher Effizienz der Mittel die Künstlerin hier Wirkung erzielt.

Schimmelige Gesellen

Werner Tögel steuerte für die Gänge, die bis zu zwölf Meter unter der Erde liegen, einen Ausblick auf die Fürther Dächerlandschaft bei - entstanden auf einer Arbeitsfläche in luftigen zwölf Metern Höhe. «So ein Käse» lautete wiederum das Motto Walter Bauers, der ganz auf die klimatischen Bedingungen des Kellers setzte. Mit einer unappetitlichen Mischung aus Gorgonzola, Bier, Zucker und Semmelbröseln bannte er Gnome auf die Leinwand, die sich allmählich zu schimmelig-pelzigen Gesellen entwickeln.

Georg Baier malte mit seinen munteren «Kellergeistern» eine Art Tagebuch: für jeden Tag fügte er einen neuen Geist hinzu. Überraschendes Grün unter Tage präsentierten die Schwestern Stephanie und Simone Löw mit einem höchst ironisch durchwirkten Schrebergarten wie aus dem Bilderbuch, bei dem sie kein noch so geringes Detail wie Putzlappen, Bierflasche und Vogelhäuschen außer Acht ließen. Dagmar Tränkle schickte den Betrachter auf eine Fotoreise an einen Ort, an dem man sicher lieber verweilen würde als in einem muffigen Kellergewölbe.

An die Zeit, da die Gänge unterm Klinikum als Luftschutzkeller dienten, erinnerte Goda Plaum mit Malereien von zeitgenössischem Mobiliar. Mit filigranen «Drahtzeichnungen» voller Poesie brachte Christina Schmid Fledermäuse und Kletterer auf die Backsteinwände.

Ganz im Gegensatz dazu die 3D-Computersimulation Benjamin Zimmermanns, der die Gänge des Kellers nachgebildet hatte. Auf das Medium Ton setzte Konrad Richter mit einer Klang-Installation, die oberirdische Geräusche in die Tiefe überträgt.

Schade nur, dass diese Schau mit ihren bemerkenswerten Arbeiten lediglich am vergangenen Wochenende zu sehen war. Organisator Preller kündigte jedoch an, diese noch junge Ausstellungstradition im Fürther Untergrund auf jeden Fall fortzuführen. MARION REINHARDT

www.untergrund-fuerth.de