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2G plus: Fühlt es sich an wie ein Lockdown?

1.12.2021, 16:00 Uhr
2G plus: Fühlt es sich an wie ein Lockdown?

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Für fast alles braucht man seit 24. November einen negativen Testnachweis – doch er ist schwer zu bekommen, der Ansturm auf die Teststellen ist riesig. Neben denjenigen, die sich aus der Quarantäne freitesten wollen, und den Ungeimpften, die die Bestätigungen für die Arbeit oder den ÖPNV benötigen, müssen sich jetzt auch Geimpfte und Genesene anstellen, die Sport machen oder Kulturangebote wahrnehmen wollen. Tun die sich den Stress an?

Das Fürthermare

"Eigentlich müsste man jedem Besucher, der sich extra testen lässt, noch einen Blumenstrauß überreichen", scherzt Fürthermare-Chef Horst Kiesel, obwohl ihm eigentlich so gar nicht nach einem Witz zumute ist. Zählt er doch seit Inkrafttreten von 2G plus am vergangenen Mittwoch sehr viel weniger Gäste in dem Thermal- und Erlebnisbad. Dafür bekommt er menschliche Tragödien mit, die ihm zu Herzen gehen.

Denn seit Geimpfte und Genesene nur in Verbindung mit einem negativen Schnell- oder PCR-Test Zugang zum Schwimmbad, zu den Saunen oder dem Fitnessstudio haben, trifft es besonders die Senioren. Sie könnten, so erzählt Kiesel, nicht stundenlang an Testzentren oder vor Apotheken anstehen, um sich ein Testergebnis abzuholen.

"Es kamen schon einige ältere Menschen vorbei und haben geweint, weil sie nicht mehr ins Fitnessstudio gehen dürfen", sagt Kiesel. Für sie sei der Ausschluss besonders hart, da die tägliche Stunde Training ihr einziger Kontakt zu anderen sei. "Ein junger Mensch hat da noch mehr Möglichkeiten, bei den Älteren trifft es leider die Falschen."

Kiesel bedauert 2G plus nicht nur deswegen. Er findet die Regelungen auch zunehmend schwer erklärbar: Während man in der Gastronomie sitzen darf, wenn man geimpft oder genesen ist, braucht es für das Schwimmbad noch einen zusätzlichen Test. "Ein Lockdown für alle wäre da gerechter."

Das Cineplex

Was 2G plus für Kinos bedeuten kann, das zeigte sich am Sonntagabend im Fürther Cineplex: Nur ein paar wenige hatten sich zum Hauptprogramm eingefunden – an einem Tag, der sonst durchaus gut besucht ist, wie Daniela Lang sagt. Eine Überraschung war das für die Cineplex-Leiterin aber nicht. "Wo soll ich denn am Samstag nach 18 Uhr einen Test herkriegen, der dann am Sonntagabend um 20 Uhr noch gültig ist?", fragt sie sich. Denn nach 24 Stunden verliert ein Schnelltest seine Gültigkeit. Und sonntags haben nur wenige Teststellen geöffnet.

Diese spezielle Problematik der neuen Regelung schrecke viele Kinogänger ab – zusätzlich zu denjenigen, die aus Angst vor einer Infektion ohnehin kaum noch das Haus verlassen.

Lang hatte kurz auch mal darüber nachgedacht, selbst einen Container für Tests zu organisieren, diese Idee aber dann wieder verworfen. Der Grund: Zu schnell können sich die Vorgaben wieder ändern. Der Aufwand wäre dann einfach zu groß. Sich vor Ort und vor den Augen des Personals zu testen, sei leider nicht möglich, sagt sie.

Die VHS

Für Felice Balletta kommt 2G plus einem Lockdown gleich, der nur nicht so heißt. Der Direktor der Fürther Volkshochschule hat seit dem Start ins neue Semester Ende September schon einiges verkraften müssen. Zunächst galt noch 3G, was auch Ungeimpften den Zugang mit einem negativen Testergebnis ermöglichte. Die erste Abmeldewelle von den Kursen kam aber bereits Mitte Oktober.

Zu diesem Zeitpunkt waren die Gratis-Tests abgeschafft worden. Einmal in der Woche einen Abstrich bezahlen, das wollten viele Teilnehmende nicht, sagt Balletta. Seit einer Woche gilt nun 2G plus – allerdings nur bei den Sport- und Bewegungskursen. Was der Bildung dient, also etwa Sprach- oder Integrationskurse, darf nach wie vor besuchen, wer geimpft oder genesen ist (2G).

"Wir hatten uns eigentlich ganz gut arrangiert mit den Umständen", sagt Balletta. "Als dann aber 2G plus kam, war das schon ein Schock für uns." Eine Umfrage unter VHS-Teilnehmern bestätigte seine Vermutung. Rund 85 Prozent meldeten zurück, dass sie sich abmelden werden, da der Aufwand für die Tests zu hoch sei. "Das macht höchstens jemand, der eine einmalige Veranstaltung gebucht hat", glaubt Balletta. Nun haben er und sein Team wieder auf Online-Kurse umgestellt: Von 75 von 2G plus betroffenen Angeboten können nun vorerst acht stattfinden.

Aktuell drückt Balletta sich und seinem Team ein wenig die Daumen: "Es wäre schon prima, wir würden die Wochen bis zu den Weihnachtsferien noch ohne weitere Einschränkungen überstehen." Dann wäre zumindest ein Großteil des Wintersemesters abgeschlossen.

Das Fitnessstudio

Die Studios sind geöffnet, aber viele Kunden bleiben fern: "Wir haben ganz drastische Rückgänge bei den Check-Ins, also bei den Besucherzahlen pro Tag", sagt Daniel Breidenstein, Geschäftsführer der regionalen Kette B-Fit, die fünf Fitnessstudios betreibt, drei davon im Fürther Landkreis.

"Seit Mittwoch haben wir keinen normalen Arbeitsalltag mehr", erzählt er, vielen Kollegen gehe es genauso. In den Studios seien seine Mitarbeiter damit beschäftigt, Selbsttests der Kunden zu beaufsichtigen oder Fragen am Telefon zu beantworten. Zum Glück, so der Chef, bitten bislang nur wenige darum, den Vertrag kündigen oder ruhen lassen zu können. Ungeimpften, die momentan ja gar nicht trainieren dürfen, ermögliche man die vorübergehende Stilllegung. "Wir wollen unseren Kundenstamm doch behalten."

Bei Geimpften und Genesenen sei die Lage komplizierter: "Wir haben ja geöffnet." Und mit 2G plus seien die Unternehmen anders als im Lockdown auch nicht hilfeberechtigt.

Die Pandemie habe der Branche arg zugesetzt, sagt Breidenstein. Der Anstieg bei den Kündigungen hielt sich zwar sogar in Grenzen; was aber schmerzlich fehle, seien die Neuabschlüsse. "So haben Sie Monat für Monat weniger Kunden."

In seinen Studios können die Kunden ein Testergebnis mitbringen oder unter Aufsicht einen Selbsttest machen. Testkits hatte man auch parat, doch inzwischen ist der Vorrat aufgebraucht. Aktuell wartet man noch auf die nächste Lieferung.

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