Alles Pillepalle, oder was?

2.5.2011, 11:30 Uhr
Alles Pillepalle, oder was?

© Hans-Joachim Winckler

Steil führen die Stufen hinab in die mittelalterliche Mikwe, das alte Ritualbad im Untergrund des Hauses Königstraße 89. Benutzt wird es schon seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr. Trotzdem gelingt es Rundgangsleiterin Katrin Thürnagel anschaulich, die Bedeutung der Einrichtung zu vermitteln. Bloß mag man den Menschen damals einen Ofen gewünscht haben, denn es ist kalt und klamm dort unten — wovon nicht zuletzt die Flechten an einigen Stellen des Gemäuers zeugen.

Das Wasser im Becken neun Meter unter dem Straßenniveau ist dagegen klar. „Das ist Grundwasser und immer in Bewegung, deshalb ist es auch stets sauber“, erklärt Thürnagel.

Am anderen Ende des Museums, im obersten Stockwerk des Hintergebäudes, erwartet die Besucher mit der sogenannten Laubhütte ein ganz anderes Bild. In einem luftigen, hellen Raum stehen Bett und Schrank unter freiliegenden Balken. Das Pultdach darüber hatte es in sich, es ließ sich nämlich per Seilzug hochklappen.

Das Laubhüttenfest war nicht nur jüdischer Erntedank, sondern erinnerte auch an den 40-jährigen Auszug aus Ägypten. „In dieser wichtigen Zeit der Volkwerdung lebten die Juden in leichten Hütten“, so Thürnagel, „während des achttägigen Laubhüttenfests will man dieses Provisorium physisch nachempfinden.“ Dazu sei ein freier Blick in den Himmel notwendig, daher das bewegliche Dach.

Gepfefferte Gespräche

Weniger handfest, doch kaum uninteressanter sind die Ausführungen der Literaturwissenschaftlerin zu jenen drei Begriffen, die der neuen Führung ihren Titel geben. „Pilpul“ lässt sich vom hebräischen Wort für Pfeffer herleiten und steht für geistige Auseinandersetzungen, in deren Verlauf die Diskussionen vom Hundertsten ins Tausendste gehen — gepfefferte Streitgespräche eben. Im Deutschen besser bekannt ist die Verballhornung in „Pillepalle“.

„Holekrasch“ wiederum hat seinen Ursprung im französischen „haut le crèche“ – hoch die Krippe. Das Ritual des Krippenhebens sei, so Führerin Thürnagel, als weibliches Pendant zur Beschneidung der männlichen Säuglinge entwickelt worden. Seit der Barockzeit wurden dank der Zuwanderer aus dem Elsaß auch in Franken die Krippen der Mädchen beim Fest der Namensgebung feierlich in die Höhe gehoben.

„Berches“ dagegen dürfte auch manch einer kennen, der bislang mit der jüdischen Kultur wenige Berührungspunkte hatte. Dieser Hefezopf ist so lecker, dass er meist ganz schnell aufgegessen ist; deshalb kaufen und backen ihn auch Christen zu Feiertagen und Familienfesten. Seinen Ursprung hat das Berches vom hebräischen „brachot“, den Segenssprüchen beim Brotbrechen am Schabbat.

Die Führung (5, ermäßigt 4 Euro) gibt es jeweils an den ersten Sonntagen im Monat um 14 Uhr (Jüdisches Museum Franken, Königstraße 89). Ab Sommer kommen Themenrundgänge zur jüdischen Geschichte Fürths, über koscheres Essen und Reinheitsgebote sowie die Geschichte des Museumsgebäudes hinzu.