Als der Kini kam

24.6.2011, 09:00 Uhr
Als der Kini kam

© Linke

Es war am 4. Dezember 1866, als der bayerische König dem Fürther Bürgermeister einen gehörigen Schrecken einjagte. Unangekündigt und unverhofft tauchte Ludwig II. im Rathaus auf – in Generalsuniform und lediglich von einem Adjutanten und zwei Dienern begleitet.

Doch die Fürther wussten sich zu helfen. Rasch verbreitete sich die Nachricht, „dass hoher Besuch gekommen war, ganz schnell wurde die Stadt illuminiert“, berichtet die Fürther Historikerin Barbara Ohm in der März-Ausgabe der „Fürther Geschichtsblätter“.

Ohm nennt auch den Grund, warum niemand den König erwartet hatte: Bereits am 30. November 1866 hatte der damals 21-Jährige — auf dem Weg von Würzburg nach Nürnberg — seinen Zug am Bahnhof Fürth halten lassen, allerdings stieg er nicht aus, weil ihn eine Erkältung plagte. Immerhin empfing er Bürgermeister Adolf John in seinem Salonwagen, wo er sich über die Entwicklung von Industrie und Handel in Fürth erkundigte.

Weil der Arzt dem König größere Anstrengungen untersagte, rechnete man in Fürth nicht mehr mit einem weiteren Besuch. Entsprechend groß war die Überraschung, als Ludwig II. nach einer Parade in Nürnberg spontan in die Kleeblattstadt ritt. Ohm zufolge besichtigte er dort einige Fabriken und spendete 1000 Gulden für die Ärmsten.

Zuvor jedoch hatte er auf ausdrücklichen Wunsch die Synagoge besucht. Der Oberrabbiner Dr. Isaak Löwi nutzte die Gunst der Stunde und erinnerte den König daran, dass sich sein Vater Max II. für die Rechte der Juden in Bayern eingesetzt hatte. „Treten Sie in die Fußstapfen Ihres Vaters“, bat der Rabbiner. Ludwig versprach es ihm — und hielt sein Wort. Zwei Jahre später durften sich die Juden in Bayern über die rechtliche Gleichstellung freuen.

Wie schon zuvor in anderen fränkischen Städten hinterließ Ludwig II. auch in Fürth Eindruck. Das Fürther Tagblatt schwärmte von seinem „leutseligen Auftreten“ und seiner „herzgewinnenden Weise“, mit der er „jeden bezauberte, der ihn sah“. Bei seinen Zeitgenossen punktete der König auch mit seinem Aussehen. Als Beispiel führt Ohm unter anderem das Zitat eines Offiziers an, der ihn mit folgenden Worten beschrieb: „So schön, so überirdisch schön, dass mir der Herzschlag stockte.“

Ein Brunnen zur Erinnerung

Noch heute erinnert in Fürth ein Brunnen an den Besuch des Monarchen, der längst den Beinamen „Märchenkönig“ erhalten hat. Das Wasserspiel ist an der Ecke Nürnberger Straße vor dem NH-Hotel zu finden. Bezahlt wurde es 1908 von dem bedeutenden Fürther Stifter Alfred Nathan, nach dem auch die hiesige Geburtsklinik benannt ist. Mit dem Brunnen setzte Nathan zugleich seiner Mutter ein Denkmal, die dem König einst begegnet war.

Als Ludwig II. am 4. Dezember 1866 kurzentschlossen nach Fürth ritt, soll er zwei Mädchen nach dem Weg zum Rathaus gefragt haben — eines war Nathans Mutter. Ein Bronzerelief am Brunnen bildete diese Szene ab. Weil Nathans Familie jüdisch war, ließen die Nazis den Brunnen im Juli 1938 abreißen. Übrig blieb lediglich das Becken. 1993 erhielt es eine neue Stele und ein vom Fürther Künstler Gerhard Maisch geschaffenes Relief, das laut Ohm den eigentlichen Sinn des Brunnens wiederherstellte.

Auch in der Südstadt findet man heute noch Reminiszenzen an den König. Die Ludwigstraße erinnert beispielsweise an ihn und seinen Großvater Ludwig I. Im Haus Flößaustraße 45, erbaut 1902, befand sich lange das Gasthaus „Herrenchiemsee“, benannt nach einem Schloss des Königs. Hier thront im ersten Obergeschoss an der Fassade eine steinerne Büste. Und nur wenige Schritte weiter am Haus mit der Nummer 60 ist der Märchenkönig sogar als Statue unter einem Baldachin verewigt.

Der Artikel „König Ludwig II. und Fürth“ von Barbara Ohm ist in der Ausgabe 1/2011 der Fürther Geschichtsblätter nachzulesen, die u.a. in der Buchhandlung Edelmann erhältlich sind.

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