Archivperlen: Als die Elefanten am Käppnersteg badeten

18.8.2020, 11:00 Uhr
Archivperlen: Als die Elefanten am Käppnersteg badeten

© Foto: Fritz Wolkenstörfer

Nein, dies ist kein Schnappschuss aus Indien, sondern aus dem wilden Fürth. Rednitz, Schießanger, nahe des Käppnersteges. Am 29. August 1961 drückt Fotograf Fritz Wolkenstörfer bei immerhin indischen Temperaturen auf den Auslöser, eine rundum entzückte Lesergemeinde dürfte der Dank gewesen sein.

Ein solches Motiv anno 2020: schwer bis überhaupt nicht vorstellbar. Peta, Tierschutzbund und Elternverbände würden wechselweise sich an Bäume ketten, Petitionen einreichen, die Polizei rufen. Skandalös genug, dass drei Elefanten – wo sind überhaupt die Aufseher – beinah auf Tuchfühlung mit Jugendlichen gehen; was dem Fass erst recht den Boden ausschlägt, ist die Tatsache, dass es sich um Zirkus-Elefanten handelt. Da hört im 21. Jahrhundert, zumindest hierzulande, der Humor auf.

Erst vor wenigen Monaten beschloss der Zirkus Krone, nach längerer Pause wieder eine Elefantendressur ins Programm zu nehmen. Wilde Tiere im Zirkus: Es gibt kaum eine höhere Palme, auf die Tierschützer zu treiben sind. Nicht ganz zu unrecht. "Das grausamste Training der Welt" nennt Peta, was sich hinter vielen Glitzerkulissen abspielt. Ohne Zwang und Hakenstange macht kein Elefant, kein Löwe, kein weißer Tiger irgendwas, vom Thema "artgerechte Haltung" ganz zu schweigen. Oder ist am Ende alles doch nur halb so wild? Was ist ethisch vertretbar, was nicht? Und warum überhaupt sollten Wildtiere Showstars sein statt Wildtiere?

Eine Debatte, die in den sechziger Jahren niemand führt. Ein Zirkus ohne Löwengebrüll und trompetende Dickhäuter ist kein richtiger Zirkus. Und der Circus Barum, der seine Zelte bei der Ludwigbrücke aufgeschlagen hat, ist ein richtiger Zirkus, der größte Wanderzirkus weit und breit. 1878 gegründet als "Barumʼs amerikanische Karawanen-Menagerie", fußte sein Ruhm von Beginn an auf jenen wilden Tieren, die der Chef, Carl Froese, eigenhändig auf seinen Safaris einsackte. Margarete Kreiser-Barum leitete ab 1902 das Familienunternehmen, auch zum Neustart 1946, da ist Barum bereits eine Marke mit legendärem Ruf.

Gast in Fernsehshows

Die Raubkatzen führt seit den fünfziger Jahren Gerd Siemoneit durch die Manege; zurzeit, als das Fürther Foto entsteht, ist er häufiger Gast in Fernsehshows, er versteht sich als Partner der Tiere und gilt als der Erste, der es mit der Methode Freundlichkeit versucht. 1970 übernimmt er den Zirkus, heißt fortan Siemoneit-Barum und wird Vater einer nicht minder prominenten Tochter – Rebecca Siemoneit-Barum, lange im Ensemble der "Lindenstraße", beschließt 2019, dem Unternehmen Barum eine Auszeit zu gönnen. Die ganz große Zeit der Zirkusse, sofern sie nicht Krone heißen, ist vorbei.

Die Sechziger hingegen: Glanzzeit und klingelnde Kassen. Tilly, Berolina und Maja heißt das Trio, das sich eine halbe Stunde lang werbewirksam in den Rednitzfluten erfrischen darf. Weil der Fluss einen festen Sandgrund hat und nicht verschlammt ist, besteht keine Gefahr, dass die drei Wuchtbrummen – die Großen sind 35, die Kleine ist vier Jahre alt – einsacken; einen Vorfall dieser Art hatte es bereits gegeben, helfen konnte nur ein Kranwagen. Außerdem sind die Schießanger-Bäume wunderbar zum Schubbern geeignet.

Groß dürfte die Aufregung der badenden Fürther gewesen sein. Erkennt sich womöglich jemand auf unserem Foto wieder und mag erzählen von seiner unverhofften Begegnung mit Tilly, Berolina und Maja? Dann mailen Sie uns (redaktion-fuerth@pressenetz.de) oder schreiben ein paar Zeilen an die Fürther Nachrichten, Schwabacher Straße 106, 90763 Fürth.

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