Army in Fürth: Kaugummi, PX und streikende Panzer

16.9.2018, 16:00 Uhr
Army in Fürth: Kaugummi, PX und streikende Panzer

© Thomas Scherer

Was fällt Deutschen – respektive Menschen aus Fürth – ein, wenn sie an ihre Kindheitsbilder von Amerika denken? Kaugummi und Cowboyhut, PX und AFN, Kennedy und Nixon, Rock’n’Roll und Militärkapelle, Western mit John Wayne und Randolph Scott – und natürlich dieses breite Amerikanisch, das sich so ganz anders anhörte als das gepflegte Schul-Englisch, das man gelernt hatte. Diesen Slang vernahm man aus dem Munde uniformierter Amerikaner, deren Versuche, sich auf Deutsch zu artikulieren, oft drollig in den Ohren klangen.

All das taucht wieder vor dem geistigen Auge auf angesichts der kleinen Ausstellung in der Volksbücherei. Kein Wunder, war doch bei der Eröffnung Thomas Hough, ein leibhaftiger Colonel des 2nd Cavalry Regiment, anwesend. An seiner Uniform hat sich offenbar seit John Waynes Glanzzeit nichts geändert: Dunkelblaues Jackett und Hose mit einem gelben Streifen entlang des Hosenbeins, und obendrauf ein schwarzer Cowboyhut mit gekreuzten Säbeln. Da hört man förmlich die Sporen klirren.

Die Vitrinen beherbergen zudem Gala-Uniformen, Kampfkluft und Uniformen der Militärpolizei mit Koppel, Dienstwaffe und Schlagstock; dazu die gelben und grünen Nummernschilder der Autos sowie die Abzeichen der Kasernen und Einheiten. Aber auch einen Bierfilz mit der Warnung: "Think before you drink."

Ob mit Zivilfahrzeug oder Panzer: Havarien waren kein seltener Anblick, ganz unabhängig vom Alkohol, denn wenn es ins Manöver ging, rollten die Panzer durch die Hauptstraßen — oder blieben schon mal am Hang beim Berolzheimerianum liegen, wie ein Zeitungsartikel dokumentiert.

Bild wandelte sich

Die amerikanische Geschichte in Fürth begann mit dem Einmarsch am 19. April 1945, der Requirierung zahlreicher Häuser und dem mühseligen Aufbau einer Infrastruktur – mit jenen deutschen Fachleuten, die sich nicht allzu sehr im Nationalsozialismus hervorgetan hatten. Keine leichte Aufgabe für Fürths US-Bürgermeister Captain John Daly Cofer. Mit den Jahren wandelte sich das Bild der Amerikaner von Besatzern zu Nachbarn und schließlich zu Freunden. Maßgeblich daran beteiligt waren die Verehelichungen mit Fürther "Frauleins". In den Jahren 1951 und 1952 erreichten die standesamtlichen Trauungen den Rekord von jeweils rund 400. Auch eine stattliche Zahl von nichtehelichen Kindern bekundet das transatlantische Liebesbündnis.

1995 zogen die Amerikaner ab, und mit dem Abstand von 23 Jahren bedürfen die Fotografien und Zeitungsartikel vieler erläuternder Zeilen aus der Feder des Ausstellungs-Kurators Bernd Jesussek, Autor des Standardwerks "Sternenbanner und Kleeblatt". Denn für die Nachgeborenen gehört die amerikanische Epoche zur grauen Vorzeit.

Das räumt auch Anja Schäfer ein, die in der Volksbücherei arbeitet und des Öfteren Besuch von betagten Amerikanern erhält, die ihren Enkeln die Stätten ihrer Kindheit zeigen möchten. Denn: Die Volksbücherei war früher ein Internat für amerikanische Kinder, die benachbarte Hans-Böckler-Schule damals die High-School der US-Armee.

Und was brachten die US-Soldaten von Deutschland mit nach Hause? Eine Vitrine enthält ihre Preziosen: einen Zinnteller mit Nürnbergs Henkersteg etwa, eine Kuckucksuhr, ein "Beerstein" — also ein Bierkrug aus Keramik mit Klappdeckel — sowie eine kleine pummelige Mädchenfigur der Firma Hummel, wie man sie noch heute in Rödental bei Coburg erstehen kann. .

 

"Die Amerikaner in Fürth", zu sehen bis 11. Oktober in der Volksbücherei Fürth, Fronmüllerstraße 22

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