Artenschutz: Blühpatenschaften werden zum Erfolg

15.7.2019, 11:00 Uhr
Artenschutz: Blühpatenschaften werden zum Erfolg

© Birgit Heidingsfelder

Nicht weit entfernt von dem handgezimmerten Wegweiser mit der Aufschrift "Blühfläche Müdsam" ist deutlich mehr los, als die Landschaft in der Mittagssonne zunächst vermuten lässt. Bienen und andere Insekten schwirren hier über gelb blühendem Dill, orange leuchtenden Ringelblumen, über Kamille, Borretsch, Klee, Kornblume und Koriander. Eine dicke Hummel taumelt um den Stängel einer Sonnenblume, ehe sie sich sacht auf einer violett schimmernden Blüte niederlässt. Phacelia oder Büschelschön heißt ihre Nektar- und Pollenstation.

Dieses geschäftige Summen und Brummen am Rand von Kreppendorf wird kurz überlagert. Hoch am Himmel zieht ein Passagierflugzeug seine Bahn gen Westen. Bürgermeister Marco Kistner nimmt das zum Anlass, um mit Blick auf die Wiese ein wenig zu schwärmen: vom "wohligen Fluglärm, den wir gerne hören".

Bei einem Termin an Ort und Stelle nehmen Vertreter der Regionalinitiative "Gutes aus dem Fürther Land", der neben Direktvermarktern auch Behörden, Verbände, Vereine und andere Initiativen angehören, in Augenschein, was aus dem Projekt Blühpatenschaften geworden ist. Das Fazit aus dem Landratsamt: Die Idee wurde zum vollen Erfolg.

Nach dem erfolgreichen Volksbegehren für den Artenschutz haben Landwirte in ganz Bayern Blühpatenschaften angeboten. Beispielsweise entstand durch den gemeinnützigen Verein FürthNatur spendenfinanziert ein halber Hektar Blühfläche bei Horbach.


Blühpatenschaften: Sinnvoll oder Augenwischerei?


In Kreppendorf, wo Katrin und Michael Müdsam 70 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaften, 35 Milchkühe halten und ihre Milch und Milchprodukte teils beim Hof im Automaten verkaufen, konnte man mit 50 Euro Pate für 100 Quadratmeter werden.

Speziell nach einem FN-Artikel meldeten sich, so Michael Müdsam, "wahnsinnig viele Leute". Statt der angedachten 25 bis 30 holte sich die Familie 70 Paten ins Boot, säte auf einem Hektar regionales artenreiches Saatgut an und verpflichtete sich, den Acker bis Ende September weder zu mulchen noch zu mähen. Entstanden ist daraus ein Insektenbüfett für die ganze Vegetationsperiode. Die Müdsams halten ihre Paten via "Blühpost" auf dem Laufenden und wollen ihnen bald eine fachkundliche Begehung anbieten.

Sorgen und Chancen

Bei ihrem Pionierprojekt ging es ihnen von Anfang an darum, mit Leuten ins Gespräch zu kommen, Verbraucher über die Sorgen und Chancen der Landwirtschaft aufzuklären. Ein Ansatz, den Landrat Matthias Dießl und Bauernverbands-Obmann Peter Köninger explizit loben, wenngleich Köninger betont, die Kommunikation mit dem Verbraucher müsse einem Landwirt liegen.

Dass Bayerns Bauern 2018 ohne Paten "im Stillen" und teils unter Zuhilfenahme von Förderprogrammen über 15.000 Hektar Blühflächen angelegt hätten, quasi ein vier Meter breites Band rund um den Globus, hält er auch für wichtig. "Beides brauchen wir."

In Kreppendorf enden die Patenschaften, wenn Michael Müdsam im Spätherbst Winterweizen aussät. Weil die Blühfläche Stickstoffsammler (Leguminosen) wie Klee enthalte, erklärt er, spare er sich und der Natur einen Teil des Kunstdüngers, den er sonst für den Weizen bräuchte.

Die Müdsams wollen 2020 wieder Blühpaten anwerben. Das hat sich auch die Landwirtsfamilie Assel aus Langenzenn-Keidenzell vorgenommen. Alfred Assel setzt auf fünfjähriges Saatgut. Nur so, argumentiert er, biete eine Blühfläche Insekten auch ein Quartier zum Überwintern.

Die Assels haben heuer auf sieben Hektar Patenschaften angeboten, gewinnen konnten sie Privatleute und Firmen für zwei Hektar. Darauf und auf einem dritten Hektar zeigen sich nun Blühmischungen aus Veitshöchheim mit so verheißungsvollen Namen wie "Sommerzauber", "Bienenweide" und "Blühende Landschaft" von ihrer schönsten Seite. Junior Michael Assel freut sich dran. An sich hätte er um diese Jahreszeit an derselben Stelle ein Stoppelfeld.

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