Auftrieb im Heimatministerium

15.4.2014, 10:34 Uhr
Veit Bronnenmeyer auf der Suche nach Heimat.

© Thomas Scherer Veit Bronnenmeyer auf der Suche nach Heimat.

„So“, sagte Ministerialdirigent Dr. Kopf, „und jetzt?“ Allgemeines Blasen und Schulterzucken war die Antwort, während draußen unter einer wärmenden fränkischen Sonne die Menschen leichtbekleidet ihre Mittagspausen beendeten.

„Brauchmüller, schon was gefunden?“, seufzte Kopf. „Nein, Herr Ministerialdirigent.“ Kopfs persönlicher Mitarbeiter tippte eifrig auf einen iPad herum, „auf unserer Webseite steht auch nicht, was wir genau machen.“ „Und wie sollen wir das jetzt wissen, wenn es nicht einmal das Internet weiß“, grantelte der niederbayerische Ministerialrat Moosgruber. „Internet“, rief die oberfränkische Ministeriale Dotterweich, „das ist es doch!“ „Was ist das Internet?“, fragte Dr. Kopf.

„Der Herr Ministerpräsident hat doch im Wahlkampf immer gesagt, dass er ein Heimatministerium haben will, vor allem wegen dem Ausbau von diesem Dings… äh…“ „Breitband“, half der schwäbische Ministerialrat Stamperle.

„Genau“, Dotterweich schnippte mit den Fingern, „was auch immer das heißt.“ „Sie wissen ja, dass einmal vor der Wahl Gesagtes nach der Wahl nicht immer noch die gleiche Geltung hat“, Dr. Kopf fingerte verlegen an seinem Krawattenknoten herum.

„Aber das stimmt doch“, meldete sich der Mittelfranke Pfeffersack zu Wort, „schnelles Internet bis in die hintersten Ecken, bis an die tschechische Grenze, damit die armen Autoschrauber nicht immer zwei Stunden warten müssen, bis sie das richtige Ersatzteil im Katalog anklicken können!“

„Schon“, Dr. Kopf räusperte sich, „allerdings hat die Staatskanzlei letzte Woche in einem geheimen Schreiben deutlich gemacht, dass wir unseren, ich zitiere“, er schlug ein Mappe auf und hob die Brille an, „,Eifer‘ dabei etwas zügeln sollen. Es wird befürchtet, dass wir sonst unserem Verkehrsminister in Berlin in die Quere kommen, der ist nämlich auch dafür zuständig.“ „Aber doch nicht in Bayern“, Moosgruber riss entsetzt die Augen auf. „Doch“, Dr. Kopf schlug die Mappe wieder zu, „auch in Bayern, zuvorderst in Bayern. Und der Kollege in Berlin braucht wohl auch dringend was, um das er sich kümmern kann und das nicht völlig unmöglich ist …“

„Dann kümmern wir uns eben um die Bierbrauer“, sagte Ministerialrätin Dotterweich. „Die Bierbrauer?“, Dr. Kopf rümpfte die Nase. „Ja, die werden durch immer neue Verordnungen der EU so drangsaliert, dass viele aufhören. Wenn’s da nicht um unsere Heimat geht, wo dann?“

„Das stimmt“, pflichtete Stamperle bei, „da gibt’s bei uns auch so einen Metzger, der darf jetzt nicht mehr Schlachten, weil’s drei Sekunden zu lange dauert – habe ich erst wieder im Radio gehört.“ „Die Entbürokratisierung der EU liegt aber bereits in den Händen eines unserer ehemaligen Ministerpräsidenten“, Dr. Kopf nahm die Brille ab und rieb sich die Augen. „Heimat ist gleich Landwirtschaft“, konstatierte Moosgruber, „wir sollten die Bauern zukunftsfähig machen …“ „Landwirtschaftsministerium“, warnte Dr. Kopf.

„Dann verbinden wir das eben mit Energieversorgung“, schlug Pfeffersack vor, „die können ja mit ihrem Odel und was weiß ich für Grünabfällen auch Strom erzeugen. Das ist doch ein Zukunftsthema, der ländliche Raum als Kraftwerk …“ „Energiewende?!“, Dr. Kopf wirkte panisch, „Nicht mit der Feuerzange anfassen, ich sage nur Ilse Aigner!“

„Also, jetzt wird’s aber hinten höher wie vorne“, schimpfte nun Dotterweich, „da hätte man auch mal früher drüber nachdenken können, was ein Heimatministerium eigentlich soll!“ „Ich gebe zu, dass ist für uns alle keine einfache Situation“, beschwichtigte Dr. Kopf, „Ich will hier auch niemanden …“

„Achtung, Achtung“, kam eine Durchsage aus den Lautsprechern in der Decke des Besprechungsraumes, „unser Hauskino im Untergeschoss zeigt heute exklusiv ,Der Förster vom Silberwald’. Die Vorstellung beginnt in fünf Minuten!“

„Vertagen wir?“, fragte Brauchmüller. „Selbstverständlich“, sagte Dr. Kopf und hastete zusammen mit allen anderen zur Tür.


 

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