Aus nach 22 Jahren: Hotel-Pyramide in Fürth macht dicht

6.9.2016, 06:00 Uhr
Aus nach 22 Jahren: Hotel-Pyramide in Fürth macht dicht

© Hans-Joachim Winckler

Als die Hotel-Pyramide 1994 eröffnete, war der Andrang groß. Zigtausende wollten sich am Tag der offenen Tür einen Eindruck von dem in Deutschland damals einzigartigen Bauwerk verschaffen.

Geschäftsführer waren schon vor 22 Jahren Heribert und Petra Erras. Heute sperren sie ihren Betrieb zu, der immerhin viereinhalb Sterne tragen darf. Schweren Herzens, wie sie sagen, "aber uns bleibt keine andere Wahl." Das Ehepaar verweist auf technische Mängel, die den Brandschutz und die Trinkwasserversorgung betreffen – und sie erheben schwere Vorwürfe gegen die Eigentümer.

Zu viele Beschwerden der Gäste

Unter anderem fehlen Brandschutztüren, zudem gebe es Probleme mit der Überdruckfunktion, die dafür zu sorgen hat, dass der einzige Rettungsweg, das zentrale Treppenhaus, bei einem Feuer rauchfrei bleibt. Zu allem Überfluss komme seit einem Jahr braunes Wasser aus den Leitungen. Der zulässige Eisenwert werde um das 50-Fache überschritten, sagt Petra Erras. Die Beschwerden der Gäste seien nicht mehr zählbar gewesen, irgendwann wandten sich die Menschen auch an Ordnungs- und Gesundheitsamt. Für ein Hotel mit diesem Anspruch ein kaum hinnehmbarer Zustand.

Im vergangen Jahr ließ Erras daher ein 86 Seiten starkes Gutachten anfertigen, um es den Eigentümern vorzulegen; doch die, sagt sie, würden abstreiten, dass es irgendwelche Probleme gebe. Zuletzt habe man nur noch über Anwälte kommuniziert.

Wer sind die Eigentümer? Im Jahr 2012 hat die Bavaria Immobilienbeteiligungsgesellschaft, eine Tochter der Bayerischen Landesbank, den Gebäudekomplex an die „Europaallee 1 Grundstücks GmbH“ verkauft. Bis heute hat sich dieser Name noch viermal geändert. Hinter dem Unternehmen mit Sitz in Berlin steht laut Erras eine Investorengruppe, deren Verflechtungen bis nach Zypern und nach Israel führen. Schwer greifbar seien diese Leute – und ihr zufolge nach wie vor nicht willens, die angemahnten Mängel zu beheben. "Wir sehen uns deshalb außerstande, den Betrieb des Hauses weiterhin gefahrlos aufrecht zu erhalten", sagt Erras. 40 Mitarbeiter seien betroffen, gut zwei Drittel von ihnen würden von Nürnberger Partnerhotels übernommen.

"Nicht mehr verantwortbar"

Bei der Stadt Fürth sind die Probleme bekannt. Bau- und Ordnungsamt waren längst vor Ort, ebenso das Gesundheitsamt. Die Mängel seien nicht so gravierend, dass der Betrieb umgehend hätte eingestellt werden müssen, heißt es aus dem Rathaus, aber Petra Erras macht klar: „Als Betreiber sind wir in einer sogenannten Garantenstellung. Wir haften für die Sicherheit unserer Gäste.“ 35.000 Menschen hätte das Hotel bis zum Jahresende noch erwartet. „Lassen sie da was passieren, und mein Mann und ich gehen ins Gefängnis“, sagt sie drastisch. Sie wolle das nicht mehr verantworten – trotz der beeindruckenden Zahlen der vergangenen Jahre.

Seit der Eröffnung seien 38.000 Kongresse, Tagungen und Events über die Bühne gegangen. Allein 2015 habe man 200 000 Übernachtungs- und Veranstaltungsgäste begrüßt. Zu den Gästen der Vergangenheit zählten alle Bundeskanzler seit 1994, Stars aus der Showbranche wie Günther Jauch und Roland Kaiser, aber auch etliche Bundesligavereine sowie die brasilianische Fußball-Nationalmannschaft.

Fürths Wirtschaftsreferent Horst Müller bedauert die Schließung auf FN-Anfrage und spricht von "einem schmerzhaften Verlust". Die Pyramide sei ein modernes Wahrzeichen der Stadt. Er hoffe sehr darauf, dass die Eigentümer doch noch Geld investieren – und sich wieder ein Hotelbetreiber findet. Sollte dies der Fall sein: Hotel-Pyramide dürfte sich das Haus dann nicht mehr nennen. Petra und Herbert Erras haben sich den Namen schützen lassen.

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