Aus nach über 50 Jahren: Metzgerei Förderreuther schließt

4.4.2020, 21:00 Uhr
Aus nach über 50 Jahren: Metzgerei Förderreuther schließt

© Foto: Hans-Joachim Winckler

"Seither bin ich schon ein paar Mal gefragt worden, ob das ein Aprilscherz ist", sagt Gitta Förderreuther. Aber nein, es ist eine Tatsache.

Die Entscheidung fiel nicht leicht und wurde von Hans Jürgen (59) und Gitta (54) Förderreuther schon im vergangenen Jahr erwogen: "Wir hatten überlegt, ob wir Ende 2020 schließen sollen. Aber jetzt kam Corona, das setzt uns auch zu." Die Pandemie beschleunigte einen Entschluss, für den es mehrere Gründe gibt. Dazu gehört die Schwierigkeit, offene Stellen zu besetzen.

"Vor vier Jahren mussten wir innerhalb kürzester Zeit auf drei Verkäuferinnen verzichten, die wir so schnell nicht ersetzen konnten." Sie entschlossen sich, die Öffnungszeiten zu ändern, seither konnte im Laden von 6 bis 14 Uhr eingekauft werden. "Damit hatten wir aber nicht weniger Arbeit, unter anderem gingen ja unser Partyservice und die Lieferungen weiter." Dazu addierten sich die nötigen Büroarbeiten. "Wir haben weiter bis zu 70 Stunden die Woche gearbeitet."

Die vergangenen vier Jahre hätten ihnen zugesetzt, sagt Gitta Förderreuther. "Es gab nach den geänderten Öffnungszeiten immer wieder Kommentare von den Leuten, was wir denn mit unserer vielen Freizeit anfangen und Ähnliches. Das ging irgendwann ans Gemüt." Nicht weniger wurden auch die Auflagen, die erfüllt werden müssen. "Aktuell müssten wir zum Beispiel unser Kassensystem, das relativ alt ist, komplett erneuern, damit es den neuen Anforderungen entspricht.

Gegründet wurde die Metzgerei in Poppenreuth 1964 von Leonhard Förderreuther, der im vergangenen Jahr mit 85 Jahren starb, und von seiner Frau Erna (83). Nach Neu- und Umbauten ist das Ladengeschäft den Kunden seit den 90er Jahren in der heutigen Form vertraut. Dazu gehört auch der Verkauf von Backwaren und ein tägliches Angebot von Gerichten zum Mitnehmen.

Längst arbeitet auch die nächste Förderreuther-Generation im Betrieb mit. "Natürlich haben wir mit unseren Kindern gesprochen und gefragt, ob sie weitermachen wollen", sagt Gitta Förderreuther. Nach aller Abwägung entschieden sie sich dagegen. Die Chefin kann das nachvollziehen: "Ich bin deshalb nicht böse." 

Wie fühlt sich Gitta Förderreuther, wenn sie an die Zeit nach Ostern denkt? "Ich bin jetzt seit 40 Jahren ohne Unterbrechung in meinem Beruf, selbst mit drei Kindern hab’ ich, auch dank der Unterstützung durch die Großeltern, immer gearbeitet. Als mein Mann und ich vor einem Jahr zum ersten Mal über das Aufhören geredet haben, war ich erst einmal froh und hab’ daran gedacht, dass die langen Arbeitstage, nach denen ich fix und fertig bin, dann vorbei sind", überlegt sie. "Aber jetzt? Ich kann es eigentlich selber noch nicht fassen."

In Poppenreuth sorgt die Ankündigung bei vielen für Bestürzung. Rudi Pfann, der sich seit vielen Jahren in dem Fürther Ortsteil engagiert, reagiert spontan: "Das ist traurig und tut weh." Er befürchtet: "Poppenreuth entwickelt sich in Richtung Schlaf-Ort." Beim Einkauf hätten sich stets auch Gespräche mit den anderen Kunden ergeben. "Das ist wichtig, damit man mit- und nicht nebeneinander lebt."

Auch Jakob Heuberger, stellvertretender Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Poppenreuth, sagt: "Das ist erschreckend." Der 32-Jährige erinnert sich: "In die Metzgerei bin ich schon als kleiner Junge zum Einkaufen geschickt worden und hab’ Gelbwurst bekommen." Im Moment lagere er auch kein Toilettenpapier ein, sondern: "Ich hab’ sowieso immer Dosenwurst von Förderreuther daheim." Die sei sogar schon als Präsent im Postpaket zu Feuerwehrkollegen nach Gelsenkirchen gegangen. Heuberger: "Förderreuther war bei unserem Feuerwehr-Grillfest immer dabei, beim Adventsmarkt . . . in Poppenreuth war das immer eine Institution."

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