Autozulieferer kehrt Fürth den Rücken

11.6.2010, 00:00 Uhr
Autozulieferer kehrt Fürth den Rücken

© Thomas Scherer

Dort sollen die Stellen im ehemaligen Emcon-Werk aufgehen, das Faurecia samt der 1065 Beschäftigten erst Ende 2009 übernommen und zur Europazentrale seiner Abgastechnologie-Sparte gemacht hatte. Durch die Konzentration an einem Standort steigere das Unternehmen seine Effizienz, heißt es in einer knappen Mitteilung. Zudem werde die Wettbewerbsfähigkeit gesichert.

In Stadeln geht damit eine Tradition zu Ende: Auf dem 50000 Quadratmeter umfassenden Gelände an der Herboldshofer Straße, nahe dem Bahnhaltepunkt Vach, hatte das Unternehmen Leistritz jahrzehntelang produziert, bevor der Betrieb Mitte der 90er Jahre von Faurecia geschluckt wurde - einem der größten Automobilzulieferer der Welt mit Sitz in Nanterre bei Paris. Derzeit beschäftigt Faurecia 62000 Menschen an 200 Standorten in 32 Ländern.

Angesichts dieser gigantischen Ausmaße mögen die 220 Fürther Arbeitsplätze für die Franzosen von geringer Bedeutung sein - für die Stadt und die Betroffenen ist der Abzug hingegen »höchst bedauerlich«, wie Horst Müller sagt. Der kommunale Wirtschaftsreferent wurde am Nachmittag von der Geschäftsleitung informiert, die anschließend die Belegschaft zusammenrief.

Zwar wird allen Beschäftigten, die zuletzt nur noch in Forschung und Entwicklung von Auspuff-Schalldämpfern und Katalysatoren für namhafte Autohersteller tätig waren, angeboten, nach Augsburg zu wechseln. Doch realistisch sei dies aus Kostengründen und wegen der persönlichen Verhältnisse natürlich nur für einen Teil, sagt der Fürther Betriebsratsvorsitzende Frank Lotzmann.

Für ihn kam das Aus nicht gänzlich überraschend, denn schon seit längerem schwante Gewerkschaftern Böses. In den vergangenen beiden Jahren wurde eine Abteilung in Stadeln geschlossen, rund 40 Stellen gingen verloren. Dennoch habe das Unternehmen noch im März 2010 versichert, es gebe keine Verlagerungsabsichten.

Vorsorglicher Sozialplan

»Gott sei Dank« hätten die IG-Metall-Vertreter ungeachtet dessen einen vorsorglichen Sozialplan mit finanziellen Abfindungen ausgehandelt, die nun zum Tragen kommen und die Folgen abfedern. Dennoch, so Lotzmann, selbst seit 22 Jahren bei Leistritz und Faurecia in Lohn und Brot, seien die Fürther Mitarbeiter »sehr frustriert« - haben sie doch bis zuletzt gehofft. »Vor allem hätten wir nicht gedacht, dass es so schnell geht.«

Nun gelte es zum einen, für die zurückbleibenden Beschäftigten neue Jobs zu finden, sagt Horst Müller; zum anderen müsse sich die Stadt bemühen, eine Nachfolgenutzung für das Gelände von beachtlicher Größe an Land zu ziehen, das in seinen Augen als Gewerbestandort erhalten bleiben muss. Aus dem Hut zaubern kann der Wirtschaftsreferent zwar keinen Interessenten, doch sehe er durchaus eine »mittelfristige Perspektive«.

Zuversichtlich mache ihn, dass es bereits Anfragen gab, weil Faurecia zuletzt ohnehin nur noch einen kleinen Teil des Areals mit seinen Fertigungshallen nutzte. Darüber hinaus gebe es für ansiedlungswillige Firmen derzeit keine anderen freien Flächen mehr im Stadtgebiet. Dies eröffne die Chance, »hier etwas Vernünftiges zu entwickeln«.

Etwaige Sorgen der Stadelner versucht Müller von vornherein auszuräumen: Natürlich müsse es sich angesichts naher Wohngebiete um »verträgliches Gewerbe« handel. Eine »riesige Spedition« etwa komme deshalb nicht in Frage.