Bachmuscheln filtern Fürther Landkreis-Gewässer

2.1.2018, 06:00 Uhr
Bachmuscheln filtern Fürther Landkreis-Gewässer

© Archivfoto:

Bachmuscheln filtern Fürther Landkreis-Gewässer

© Archivfoto:

Dagmar Nitsche hat viele Baustellen. Die Geschäftsstellenleiterin des Bundes Naturschutz im Landkreis Fürth nutzt zum Gespräch über die Bachmuschel das Cadolzburger Büro des BN, obwohl das in dem Fall quasi zur Konkurrenz gehört. Bachmuscheln nämlich werden von der Regierung von Mittelfranken unterstützt.

Um die Vermehrung und Verbreitung der nützlichen Spezies, die sich als zuverlässige Anzeigetiere für ein intaktes Ökosystem Bach bewährt haben, kümmern sich der Landschaftspflegeverband Mittelfranken und die Regierung von Mittelfranken, hier in Person von Nitsche.

Der studierten Agrarfachfrau ist das Projekt ans Herz gewachsen. "Mit den Muschelberatern Silvia Sörgel und Rainer Hornung von der Unteren Naturschutzbehörde versuchen wir, die Landwirte von der Nützlichkeit der Muscheln zu überzeugen", fasst sie ihr Aufgabengebiet zusammen.

Gesunde Futterbeigabe

An Bibert und Zenn holten Bauern bis in die 1950er Jahre die Bachmuscheln mit Schaufeln aus dem Kiesboden der Bäche und verwendeten die braunen und grünen Schalen mit den markanten Jahresringen als gesunde kalkhaltige Futterbeigabe für Gänse, Enten und Hühner.

Mit dem Anwachsen der Bevölkerung in den 60er Jahren brachen schwere Zeiten für die Bachmuscheln an. Abwässer enthielten aggressive Waschmittelrückstände; Bauern verlegten Äcker unmittelbar ans Flussufer: Bei starkem Regen wurden große Mengen Sediment ausgewaschen, das feine Material drang in die Atemorgane der Muscheln. Sie erstickten.

"Bachmuscheln wühlen sich dank eines kräftigen Molluskenfußes zur Hälfte ins Kiesbett des Flusses, das möglichst grob sein sollte", schildert Nitsche die Überlebensumstände. Der hintere Teil ihrer Schale ragt mit den Atemöffnungen ins freie Wasser, das sie so filtern. Die Kiemen dienen der Sauerstoffversorgung, die Muscheln können so Algen und Plankton als Nahrung aufnehmen.

Eine immense Gefahr für die Muscheln ist der Bisam. Nitsche berichtet mit Unbehagen vom Appetit des Nagers, der vor gut 150 Jahren aus Übersee mitgebracht wurde. "Im Winter macht sich der Bisam massiv über die Bachmuscheln her, weil er nichts anderes so bequem futtern kann", schimpft die Naturschützerin. Doch sie berichtet auch von einem probaten Mittel gegen den Schmarotzer: Zwischen 23 Uhr am Abend und fünf Uhr am Morgen machen Bisamfänger Jagd — mit Erfolg. Etwa 300 bis 400 Tiere werden pro Winter erlegt.

Eine wunderbare Freundschaft dagegen herrscht zwischen dem Biber und der Bachmuschel. Hinter den Biberdämmen haben die Naturschützer ein größeres Muschelaufkommen registriert. Das hängt mit dem exotischen Fortpflanzungsritual der Bachmuscheln zusammen. Sie benutzen Flußfische wie Elritzen und den dreistachligen Stichling, die sich im Biberstaubecken tummeln, als "Taxi" für den Nachwuchs. Die Fische atmen die Muschellarven mit ihren Kiemen ein, dort krallen sich die jungen Muscheln fest und futtern sich einige Wochen lang durch, bevor sie sich ins Bachbett fallen lassen.

Den Experten aus dem Bachmuschelprojekt bleibt noch viel zu tun. Zum Beispiel müssen sie die Landwirte vom Vertragsnaturschutz überzeugen: Dabei erhalten Bauern für Ernteminderung wegen des Verzichts auf Düngemittel Ausgleichszahlungen.

In den Fokus rückt aber auch die Bepflanzung der Ufer. Wo früher Erlen und Pappeln die Gewässer säumten, blieb es kühl genug für die Bachmuschel. Nun setzt eine Wurzelkrankheit der schützenden Erle zu, immer mehr Bäume gehen ein.

Eindringlich warnt Dagmar Nitsche auch den Menschen – konkret Muschelsammler, die es in den Fingern juckt: Die Bachmuschel steht auf der Roten Liste. "Wer sie ausgräbt, macht sich strafbar."

Keine Kommentare