Bethang-Wanderweg: Laufen im Uhrzeigersinn

25.5.2020, 11:00 Uhr
Bethang-Wanderweg: Laufen im Uhrzeigersinn

© Foto: Raimund Kirch

Seitdem hört der Performance-Fachmann und Sammler von Fundstücken, der Plastikteile zu Objekten zusammenbosselt, nicht auf, an seinem Bethang-Konzept zu basteln.

Der initiale Geistesblitz ist zweifellos der Name selbst. Kein Mensch würde aus dieser Buchstabenkombination auf das mittelfränkische Städtedreieck schließen. Kreationen wie "Nüfüngen", "Fürlangberg" oder "Ernürth" hätten eher Chancen auf ein Erkennen, da sie mit den ersten Silben der Namen arbeiten.

Ein Vorbild für seine Vision sieht Karsten Neumann in der mesopotamischen Stadt Tell Brak, die als ein Ring aus Dörfern um eine freie Mitte herum begann und im Lauf von tausend Jahren aufeinander zuwuchs. "Bei uns ist es umgekehrt, da wachsen die Städte um den Stadtkern herum immer weiter ins Land hinaus" meint der in Nürnberg Künstler.

2013 hatte Neumann, der 1963 in Würzburg zur Welt kam, die Idee, den Bethanger Raum in der Performance "Grenzgang" abzuschreiten, also einen Rundweg entlang der Grenzen von Nürnberg, Fürth und Erlangen zu begehen. Die 130 Kilometer bewältigte der bekennende Buddhist mit Zelt und Rucksack in einer Woche. "Gelegentlich führt der Weg knapp außerhalb, knapp innerhalb und manchmal haargenau auf der jeweiligen Stadtgrenze entlang", schildert Neumann seine Erfahrung.

2017 beging er den Rundwanderweg erneut, diesmal in zehn Etappen. Soll heißen, er fuhr per Bus oder Trambahn zum Ausgangspunkt und kehrte am Etappenziel wieder nach Hause. So also ließe sich Bethang auch gemütlich umschreiten.

Eigentlich wollte Karsten Neumann den Wanderweg selbst ausschildern, doch das Wegeschilderrecht liegt nicht bei ihm, sondern beim Fränkischen Albverein. Der zauderte erst, dann aber, als Neumann die Etappenstrategie mit dem Öffentlichen Personennahverkehr vorschlug, fand man Gefallen an der Idee. So installierte der Fränkische Albverein gut 4000 Bethang-Wegmarken - drei Kreise und die Stadtsilhouette in Pink auf grünem Grund - entlang der Strecke.

Mentaler Effekt

Damit nicht genug, ist dieser Tage beim Cadolzburger Verlag ars vivendi ein Wanderführer erschienen. Mit dem ist Karsten Neumann allerdings nicht so glücklich, wie er sagt. Er selbst habe nichts dazu beigetragen, die Autoren Eckart Dietzfelbinger, der ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiter am Nürnberger Dokuzentrum, und Hans Treuheit haben Text und Fotos alleine erarbeitet, von Kunstvilla-Leiterin Andrea Dippel gibt es eine zwei Seiten lange Widmung auf Neumann und das Konzeptkunstwerk Bethang. Indes sei das Büchlein in Neumanns Augen ein bloßer Wanderführer ohne weitere Ausführungen zur Neumann’schen Ästhetik. Nun herrscht zwischen dem Künstler und den Autoren, dem Verlag und dem Albverein Funkstille. Als Alternative bietet Neumann eine Wanderkarte an, auf deren Rückseite er im Interview mit Matthias Egersdörfer sein Konzept erläutert.

Solche Querelen sollen aber den Flaneur nicht irritieren. "Eine Stadt außenherum zu umwandern statt einfach in der Stadt von Punkt A zu Punkt B zu gehen, hat einen eigenen mentalen Effekt", beobachtet Neumann. "So etwas kenne ich nur von den Buddhisten, die ihre Stupa umkreisen. Und wie diese laufe ich nur im Uhrzeigersinn um die Stadt."

Fürth ist mit zwei Wegstrecken vertreten: vom Schloss in Stein bis Burgfarrnbach, von dort über Obermichelbach und Kriegenbrunn bis Erlangen-Frauenaurach. Wo aber liegt der Mittelpunkt von Bethang? Dort, wo die Grenzen von Nürnberg, Fürth und Erlangen zusammentreffen: im Dorfteich von Großgründlach. Dort könnte der Künstler ja ein paar herrenlose Plastikenten in Knallgelb zu Wasser lassen.

 

Fränkischer Albverein (Hg.): NürnBErg, FürTH, ErlANGen. Bethang: Wandern an den Grenzen einer Stadtutopie. ars vivendi, 136 Seiten, 13 Euro Karsten Neumann: Bethang. Wanderkarte zum Grenzgang. Verlag Bartlmüllner, Maßstab 1: 50.000, Preis 9,50 Euro

 

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