Razzien in Schwabach, Nürnberg, Fürth

Betrug mit Schnelltests? Online-Plattform soll Ermittlern helfen

14.10.2021, 20:00 Uhr
Betrug mit Schnelltests? Online-Plattform soll Ermittlern helfen

© Foto: Moritz Frankenberg/dpa

Im Frühjahr eröffnete eine Schnelltest-Station nach der anderen. Der Impfstoff war noch Mangelware, vielerorts wurden Testnachweise verlangt. Doch rasch zeigte sich, dass das Geschäft mit den Covid-Abstrichen auch Betrüger anzog.

Der Verdacht auf einen Abrechnungsbetrug mit Corona-Tests hat jetzt zu Razzien in der Region geführt. Die bei der Generalstaatsanwaltschaft in Nürnberg angesiedelte bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) hat kürzlich mehrere Räumlichkeiten in Schwabach, Fürth und Nürnberg durchsuchen lassen. Die Behörde, besetzt mit 14 Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, nimmt an, dass mehr Tests abgerechnet worden seien, als tatsächlich durchgeführt wurden.

In Schwabach steuerte ein Großaufgebot der Polizei am vergangenen Donnerstag ein Schnelltest-Zentrum auf dem Parkplatz des Oro-Einkaufszentrums an, das als Drive-In-Station konzipiert ist und von einer Apotheke betrieben wird. Daneben wurden in Nürnberg und Fürth je zwei Objekte durchsucht. Es handle sich um Wohn- und Geschäftsräume, sagt Oberstaatsanwalt Philip Engl, Pressesprecher der ZKG, auf FN-Nachfrage.

Angesichts der laufenden Ermittlungen gibt sich der Sprecher bedeckt. Nur soviel ist zu erfahren: Es werde gegen drei Beschuldigte ermittelt – mehr könne er dazu nicht sagen. Auch nähere Angaben zu den Örtlichkeiten könne er nicht machen. Es wurden Daten in elektronischer und schriftlicher Form sichergestellt.

Wie die ZKG auf die Schwabacher Teststation aufmerksam wurde, sagte Engl nicht. Allerdings bestätigte er, dass das neu eingerichtete Meldeportal für anonyme Hinweisgeber dabei noch keine Rolle spielte. Es ist erst seit 1. Oktober online.

Die Plattform (www.bkms-system.com/ZKG) soll helfen, Vermögensstraftaten im Gesundheitssystem aufzudecken. Wer etwa beobachtet hat, dass zu viele oder völlig falsche Leistungen abgerechnet wurden oder nicht ausreichend qualifiziertes Personal eingesetzt wird, kann sich an die ZKG wenden.

Rückfragen an die Hinweisgeber sind möglich

Über das Portal können die Ermittler Rückfragen stellen, um weitere Informationen von Hinweisgebern einzuholen. Bei klassischen anonymen Anzeigen ist das nicht möglich, dabei sind die Vorwürfe häufig zu wenig konkret, um ihnen nachgehen zu können.

Die ZKG selbst nahm im September 2020 die Arbeit auf. Bayern hatte sie als erstes Bundesland eingerichtet, um schlagkräftiger gegen Betrugsfälle im Gesundheitssektor vorzugehen. Dieser war schon vor Corona eine riesige Wirtschaftsmacht. Mit der Pandemie flossen weitere Milliarden in das Gesundheitssystem, was nach Einschätzung der Experten auch Betrugsfälle und die Schäden noch einmal zunehmen lässt.

Weil das Gesundheitssystem hochkomplex ist, wurde die ZKG mit erfahrenen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten besetzt, die zudem von Mitarbeitenden unterstützt werden, die in der "weißen Branche" gelernt haben, etwa medizinische Fachkräfte, Pflegeexperten, Beschäftigte von Krankenkassen. In ihrem ersten Jahr (bis 31. August 2021) hat die ZKG 570 Verfahren bearbeitet. Private Pflegedienste gerieten besonders häufig ins Visier der Ermittler. Etwa wenn sie billige Arbeitskräfte schickten, aber als qualifiziertes Fachpersonal abrechneten.

Seit Juni 2021 fallen auch Testzentren in die Zuständigkeit der Behörde. In den ersten drei Monaten liefen in diesem Bereich 33 Verfahren, es wurden also erste Nachforschungen oder Ermittlungen aufgenommen. Die Frage, ob bereits Verdachtsfälle bei Teststellen in Stadt und Landkreis Fürth überprüft wurden, lässt Sprecher Engl offen. Man wolle die Ermittlungsarbeit nicht gefährden.

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