Cadolzburg: Süßes aus der Landfrauen-Küche

1.11.2020, 16:00 Uhr
Cadolzburg: Süßes aus der Landfrauen-Küche

© Archivfoto: Hans G. Esterl

Stephanie Arlt hat als Lektorin des ars-vivendi-Verlags Nanette Herz (1927 bis 2018) persönlich kennen- und schätzen gelernt, wie sie im Vorwort schreibt. und hat einen kleinen Schatz an handgeschriebenen Rezepten hinterlassen. Die Cadolzburgerin, die zu Lebzeiten mit der Landkreismedaille und dem Bundesverdienstkreuz geehrt wurde, erhält damit posthum eine weitere Auszeichnung.

Die Lektorin sprach außerdem mit der Familie der Cadolzburgerin, die überlieferte Backtipps zum Buch beisteuern konnte: Biskuitteig nur in der ungefetteten Form backen, roher Mürbeteig kann bis zu fünf Tagen im Kühlschrank aufbewahrt werden, Hefeteig wird besonders locker durch die Zugabe von Joghurt.

Klassiker im Backofen

Die Rezepte sind zum großen Teil Klassiker: der Schlupfkuchen mit Äpfeln, der Bienenstich, der Käsekuchen oder der Gugelhupf. Dazwischen sind immer wieder alte Schwarz-Weiß-Fotos zu sehen, die das ländliche Leben und auch die harte Arbeit aus den 1950er bis 60er Jahren dokumentieren – nicht immer ein Zuckerschlecken.

In Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit kommt Nanette Herz nochmals selbst zu Wort. Kaffee zum Kuchen – nein, damals gab es bestenfalls "Muckefuck". Einige Rezepte sind in ihrer ordentlichen Handschrift im Buch verewigt, wie die ausführliche Beschreibung der Herstellung einer Donauwelle – eine Leckerei, an die sich Anfängerinnen nicht unbedingt wagen sollten.

Teig mit geriebenen Kartoffeln

Torten wurden nur zu besonderen Gelegenheiten serviert. Eine ist darunter, die eine Geheimzutat enthält: die sahnegefüllte Haustorte. Neben Walnüssen, Zitronat und Orangeat besteht der Teig aus gekochten und geriebenen Kartoffeln.

Nach Nanette Herz’ Meinung gehörte auf jede Kaffeetafel mindestens eine Torte, ein Käsekuchen, Obstkuchen nach Saison – und wer danach noch Platz im Magen hatte, durfte bei kleinen Butter- und Nusshörnchen oder knusprigem Schmalzgebäck zulangen. Krapfen, Küchle sowie Hollerküchle & Co. sind gleich mehrere Seiten der Sammlung gewidmet.

Den Stollen zum Bäcker gebracht

Zuletzt der Höhepunkt des Jahres für alle leidenschaftlichen Bäckerinnen und Bäcker: die Weihnachtszeit. In einem einzigen Backmarathon entstanden beispielsweise 1964 in Nanettes Küche Butterzeug, Hildatörtchen, Nuss-Schiffchen, Linzer Augen, Punschringerl, Spitzbuben, Haselnussmakronen, Heidesand, Ulmer Brot und noch ein paar verführerische Sorten mehr. Jedes Plätzchen wurde liebevoll verziert, wobei Kinder und Lehrmädchen gerne mithalfen. Der Stollen wurde daheim vorbereitet und dann zum riesigen Holzofen des Bäckers Grünbaum gebracht – dort war mehr Platz.

Die Bäckerin Nanette meinte es in der Adventszeit besonders gut. Die Naschereien wurde gerne verteilt. Wer beispielsweise zu ihr kam, um sie als Zeitzeugin zum Wiederaufbau der Cadolzburg zu befragen, ging auch nicht ohne Plätzchen nach Hause. Trotz vieler Abnehmer blieb aber manchmal auch bis Ostern noch etwas übrig war. Das wurde dann mit eingemachten Früchten und Pudding in einer Nachspeise namens Tutti-Frutti verwertet. Ein – im Gegensatz zu ihren Backwerken – nicht von allen Familienmitgliedern geschätztes Dessert.

Nanettes Backbuch, erschienen im ars- vivendi-Verlag, Cadolzburg, ISBN 978-3-7472-0089-6

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