Clevere Strategien für den Fürther Aufstiegstaumel

1.5.2012, 13:00 Uhr
Clevere Strategien für den Fürther Aufstiegstaumel

© Karmann (dpa)

Verflixt, ist das rappelvoll hier! Dieser Stoßseufzer dürfte vielen entfahren sein, die am frühen Sonntagabend rund ums Rathaus die Fürther Fußballer kräftig feiern wollten. Was für ein Auflauf, was für ein Gedränge, was für eine Party. Eine Zuschauerin jedoch hatte den Geistesblitz, der sie im Wortsinn aus der dicht an dicht ausharrenden Menge heraushob: Die junge Frau erklomm unter allerlei fast zirkusreifen Verrenkungen einen Ampelmast, der ihr den Überblick garantierte. Die Kamera reichten willige Helfer hinauf, den alles überragenden Fotos stand nichts mehr im Weg.

Clevere Strategien für den Fürther Aufstiegstaumel

© Wolfgang Händel

Unterdessen rangelten die Bild-Profis im Wirtschaftsrathaus — direkt gegenüber dem Verwaltungspalazzo und damit rein fototechnisch gesehen strategisch perfekt gelegen — um die Fenster mit Aussicht. Von der östlichen Front aus konnten sie den nahenden Autokorso ins Visier nehmen, von der Südseite aus ging der Blick Richtung Rathausbalkon. Zwar gab es weniger Fenster als Fotografen, doch die blieben zivilisiert: Im Schichtbetrieb entstanden die Bilder von der Fürther Jahrhundertsause. Vielleicht aber verzichteten die Kollegen auch aus sehr naheliegenden Gründen auf Handgreiflichkeiten: Nur eine Tür weiter hatte die Polizei im Wirtschaftsrathaus ihre Kommandozentrale eingerichtet.

Clevere Strategien für den Fürther Aufstiegstaumel

© Hans-Joachim Winckler

Apropos naheliegend: Nach der offiziellen Feier ging es in der Gustavstraße munter und bis in die Nacht hinein weiter. Einmal mehr gab es in der Kneipenmeile kaum noch ein Durchkommen, jeden Quadratzentimeter Pflaster nahmen die Frohsinnigen gierig in Beschlag. Aus Schaden klug geworden war allerdings das Wirte-Duo des „Gelben Löwen“: Nachdem die Kneipe bei der Spontan-Aufstiegsfete vor zwei Wochen von der entfesselten Menge dermaßen ramponiert worden war, dass sie zwecks Renovierung zwei Tage geschlossen bleiben musste, griff man diesmal zu einer denkbar einfachen Strategie: Der Gastraum blieb kurzerhand verschlossen, Bier wurde vor der Tür ausgeschenkt, exklusivere Bestellungen reichte die Bedienung durchs offene Fenster auf die Straße.

Clevere Strategien für den Fürther Aufstiegstaumel

© Karmann (dpa)

So spart man sich die Sicherheitskräfte, die ansonsten an diesem Abend schier allgegenwärtig waren. Und so eine Sicherheitskraft muss — klar doch — immer einen kühlen Kopf behalten und schön unbeteiligt wirken. Schließlich steht man lässig über den Dingen. Doch wenn 25000 Menschen in Wallung geraten, kollektiv tanzen und springen, zuckt es eben auch dem und der Coolsten in den Beinen. Bei „Marmor, Stein und Eisen bricht“ war es dann so weit: Das Zucken wurde übermächtig, die Security-Dame legte vor dem Rathaus ein flottes Tänzchen hin. Eine Performance, die ihr Sympathien einbrachte — mit Sicherheit.

Autokorso, da denkt man an schnittige Limousinen aus edler Markenschmiede, an schnurrende Motoren und gediegenen schwarzen Lack. Im Gegenentwurf dazu rollten einige Fürther Richtung Party: Eine dreirädrige Ape von Vespa-Hersteller Piaggio, wie sie jeder Italien-Urlauber kennt, sauste weiß-grün dekoriert durch die Straßen. Zur südländischen Begeisterung, die sich in der Kleeblattstadt Bahn brach, passte diese Motorisierung perfekt.

Damit nicht genug der italienischen Akzente: Eine Pizza in der Form des Kleeblatts hatte Agostino Campana gebacken und damit staunende Blicke und viel Applaus der SpVgg-Profis geerntet, als der Autokorso an Campana vorüberzog. Natürlich, das haben wir gestern schon geschrieben, wofür aber im Artikel einfach kein Platz mehr war und was dringend nachzureichen ist: Die Pizza hat noch einen weiteren „Vater“. Diplom-Ingenieur Friedrich Stimpfig fertigte aus Aluminium die Form, mit der man den Teig aussticht. Die Kleeblatt-Pizza — eine geniale Koproduktion von italienischer Gastronomie und deutschem Maschinenbau. Auf den Teig kommt übrigens Brokkoli – denn, logisch, grün muss es sein, das Kleeblatt.

Dass sich längst nicht nur alteingesessene Fürther mit dem Kleeblatt freuten, bewies neben Pizzabäcker Agostino auch Familie Lau. Dahinter verbirgt sich keinesfalls eine Stadträtin gleichen Namens. Familie Lau besteht aus Vater Man, Mama Chan und den Kindern Kate (10) und Kelvin (7). Die Eltern kamen bereits vor 30 beziehungsweise zwölf Jahren nach Franken, Ehrensache, dass an diesem besonderen Abend ihr Thai-Restaurant „Am Prater“ geschlossen blieb. Stattdessen schlüpften sie ins weiß-grüne Trikot und jubelten den Aufstiegshelden zu.

Komödiant Volker Heißmann fiel, wie bereits erwähnt, die ehrenvolle Aufgabe zu, schon ab 17 Uhr für Stimmung unter den wartenden Fans zu sorgen. Das tat er dann auch mit reichlich Liedgut von CD und Sprüchen à la Heißmann. Als der Autokorso mit den Spielern einfach noch nicht auftauchen wollte, hatte er die einleuchtende Begründung parat: „Da sitzt der Asamoah am Steuer, der kennt sich noch net so gut aus, jetzt sind’s grad in Erlangen“, kalauerte Heißmann und fügte noch schelmisch hinzu: „Aber besser als wie in Nämberch.“ Auch den im Februar vergangenen Jahres verstorbenen früheren Präsidenten und Vize-Präsidenten der SpVgg, Edgar Burkart, vergaß Heißmann nicht. „Im Himmel“, rief er in sein Mikrofon, „ist grad im Moment wahrscheinlich no mehr los als wie bei uns hier unten.“
 

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