Corona: Neuer Alltag in Fürths Apotheken und Arztpraxen

23.3.2020, 11:00 Uhr
Corona: Neuer Alltag in Fürths Apotheken und Arztpraxen

© Foto: Ralf Hirschberger/dpa

Anna Klein betreibt zwei Apotheken in Fürth, die Ronhof-Apotheke und die Malzböden-Apotheke. Binnen weniger Tage hat sich dort viel verändert. Absperrungen hindern die Kundschaft daran, allzu nah an Kassen und Kosmetikregale heranzutreten, Selbstbedienung ist passé. Die Mitarbeiter wechseln den Verkaufsplatz nicht mehr, jeder bedient jetzt an einer festen Stelle. "So müssen wir unsere Hände und die Flächen nicht ganz so oft desinfizieren", erklärt die Apothekerin. Und da jede Filiale zwei Ein- und Ausgänge hat, gilt hier wie dort mittlerweile eine Einbahnregelung. Zur einen Tür können die Kunden hereintreten, durch die andere verlassen sie den Laden.

Übertriebene Vorsicht? Die Geschäftsinhaberin verneint. Das Gebot, Abstand zu Mitmenschen zu halten, nimmt sie so ernst wie die Kanzlerin, die in ihrer TV-Ansprache am Mittwoch eindringlich gemahnt hat: "Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst." Und: "Wir müssen aus Rücksicht voneinander Abstand halten."

Anna Klein hat das beizeiten beherzigt, noch vor Merkels Rede. In ihren Geschäften sorgen Abstandsmarkierungen und erklärende Schilder schon seit dem Freitag vor der Kommunalwahl für Klarheit. Die Kunden reagierten laut Klein anfangs irritiert, oft belustigt, viele ignorierten die Markierungen. Einer habe nicht zahlen wollen und gestichelt nach dem Motto "Holen Sie sich doch Ihr Geld". Anna Klein erklärte dann geduldig, dass sie eine Fürsorgepflicht habe – ihren Kunden und ihren Mitarbeitern gegenüber.

Seit aber Schulen und Grenzen geschlossen wurden und Bayern den Katastrophenfall ausrief, dreht sich auch in Kleins Apotheken die Stimmung. Die Kritiker, sagt die Geschäftsfrau, verstummen allmählich, immer mehr Leute zeigten sich dankbar für Schutzvorkehrungen. Doch ermahne sie gerade ältere und kranke Menschen, die zur Corona-(Hoch-)Risikogruppe zählen, immer wieder, ihre Medikamente lieber nicht selbst zu holen. Auch wenn Apotheken nach Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen weiter geöffnet haben, bittet Anna Klein, sollten Senioren doch besser die Lieferdienste in Anspruch nehmen, die Apotheken für gewöhnlich anbieten.

Der Fürther Allgemeinarzt Dr. Franz Jobst, zugleich Sprecher des Fürther Ärztenetzes, telefoniert zurzeit so viel wie sonst nie. "Ich bekomme Anrufe, Anrufe, Anrufe. . .", berichtet er. Fast alle Fragen drehen sich um das Coronavirus und um Testmöglichkeiten. Trotz der Daueraufklärung auf allen Kanälen registriert Jobst eine große Verunsicherung und ein "gefühltes Risiko", an Covid-19 erkrankt zu sein, das das zunehmend hohe reale Risiko noch übersteige.

 

Impfstoff vergriffen

 

Weil der kassenärztliche Bereitschaftsdienst schwer zu erreichen ist, bietet Jobst seinen Patienten Corona-Tests an. Seine Assistentinnen haben die Order, das Test-Zubehör außerhalb der Praxis "kontaktarm" zu übergeben. Von rund drei Dutzend Fällen, sagt Jobst, sei bisher einer Corona-positiv gewesen. Er selbst streift sich inzwischen Schutzmantel, Handschuhe und Mundschutz über, wenn Patienten über Probleme mit den Atemwegen klagen.

Für sie hat der Mediziner eines seiner drei Sprechzimmer reserviert. In den anderen beiden Räumen kümmert er sich um alle anderen Kranken. Es kämen aber deutlicher weniger Menschen als sonst, sagt er, "und unangemeldet erscheint so gut wie keiner mehr".

Jobst, der ausschließlich seine Patienten behandelt und keine neuen annimmt, beobachtet auch eine "extrem hohe Nachfrage" nach der Pneumokokken-Impfung. Die verhindert zwar nicht die Lungenkrankheit Covid-19, doch kann sie Experten zufolge bei einer Corona-Infektion zusätzliche Komplikationen verhindern.

Das Problem: Wie wohl viele Ärzte muss Jobst seinen Patienten in diesen Tagen sagen, dass der Impfstoff vergriffen ist.

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