Das Bürklein-Problem: Wer hat das Rathaus gebaut?

1.4.2013, 10:00 Uhr
Das Bürklein-Problem: Wer hat das Rathaus gebaut?

© Thomas Scherer

Da steht es, mitten in der Stadt. Schon länger, als der älteste Fürther denken kann, monumental und stolz zugleich. Das Rathaus, entstanden zwischen 1840 und 1850, ziert unzählige Postkarten und Fotografien. Es ist ein Wahrzeichen, wenn nicht sogar das Wahrzeichen der Stadt Fürth.

Und wer hat es erbaut? Für Heidrun Proschek ist die Sache klar: Friedrich Bürklein. Dass ausgerechnet die Stadt Fürth ihren Ururgroßvater nicht entsprechend würdige, stößt der Frau aus Grafenau sauer auf. Denn auf einer Tafel vor dem Rathaus findet sich folgender Text: erbaut nach den Plänen Eduard Bürkleins – Friedrichs kleiner Bruder. Und auch die offizielle Denkmalliste der Stadt bei Wikipedia nennt Eduard als Architekten.

Es sei endlich an der Zeit, diesen Irrtum zu korrigieren, findet Heidrun Proschek und bittet die Stadt, ihrem Ahnen – der auch das Maximilianeum, also den bayerischen Landtag in München, errichtet hat – diese Richtigstellung doch zum 200. Geburtstag zu schenken. Dem Oberbürgermeister hat sie deshalb kürzlich geschrieben und auch eine Antwort bekommen, wenngleich keine, die sie zufriedengestellt hätte. „Eine Veranlassung, irgendwelche Tafeln am Rathaus zu ändern, besteht nicht“, schrieb ihr Thomas Jung. Denn: Zum einen habe man dafür kein Geld, zum anderen „gibt es durchaus unterschiedliche Auffassungen zur Urheberschaft“. Da hat er Recht, der Oberbürgermeister.

Der Streit um Friedrich oder Eduard ist nämlich kein neuer. Bereits im Jahr 2000 berichteten die FN darüber, dass der Fürther Hobby-Historiker Peter Frank in alten Findbüchern auf Hinweise stieß, die ihn an der Eduard-Version zweifeln ließen.

Fakt ist offenbar: Die Pläne, mit denen der Wettbewerb des Fürther Magistrats gewonnen wurde, sind von Eduard Bürklein unterschrieben. Die Bauleitung übernahm aber von Beginn an Friedrich Bürklein. In einem 1976 erschienenen Buch über den großen Friedrich von Gärtner, den Lehrmeister der Bürklein-Brüder, wird trotzdem Eduard als Erbauer aufgeführt. Laut Peter Frank orientierten sich andere Wissenschaftler fortan an dieser Darstellung.

Geständnis des Jüngeren?

Die frühere Fürther Stadtheimatpflegerin Barbara Ohm indes schreibt in ihrem Buch zur Stadtgeschichte aus dem Jahr 2007: Friedrich Bürklein habe beim Bau des Rathauses mit den Plänen seines jüngeren Bruders gearbeitet und – wo nötig – auch Veränderungen vorgenommen. Den FN sagte Ohm, sie neige dennoch dazu, denjenigen als Erbauer zu bezeichnen, der den Entwurf gezeichnet habe. „Es ist doch sehr relevant, wer den Plan macht“, so Ohm.

Ganz anders sieht das Peter Frank, der schon vor über zehn Jahren für Friedrich plädierte. Seitdem, sagt Frank, habe er sich im Fürther Stadt- sowie im Nürnberger Staatsarchiv noch tiefer in die Akten eingelesen und weitere Beweise für seine Theorie gefunden.

Zum einen behauptet Friedrich Bürklein in einem Schreiben an die Stadt, dass er unter dem Namen seines Bruders an dem Architektenwettbewerb teilgenommen habe – die Pläne also aus seiner Hand stammten. Noch aussagekräftiger ist für Frank ein Brief von Eduard Bürklein, mit dem er sich um die Stelle des Stadtbaurats in Fürth bewirbt. Darin, so Frank, bestätige er, dass die Baupläne des Rathauses von seinem Bruder stammten, und er sie zum Teil bearbeitet habe. Auch Alexander Klar, der heutige Leiter des Museums Wiesbaden, nennt in seiner Friedrich-Bürklein-Biografie aus dem Jahr 2002 diesen als Erbauer. Und der Fürther Stadtheimatpfleger Alexander Mayer hält Franks Argumentation ebenfalls für schlüssig.

Müsste die Tafel vor dem Rathaus also tatsächlich umgeschrieben werden? Barbara Ohm meint dazu, die „diplomatischste Lösung“ wäre wohl, beide zu erwähnen – erbaut von den Gebrüdern Bürklein. Im Grunde, so Ohm, könne man das Rathaus auch getrost als „Gärtner-Bau“ bezeichnen. Beide Brüder hätten sehr genau nach den Vorstellungen ihres Lehrmeisters gearbeitet.

Auch Peter Frank findet, dass man Gärtner mit Fug und Recht als „Paten des Projekts“ bezeichnen könne. Das ändere jedoch nichts daran, dass der Erbauer Friedrich Bürklein sei.

Dieser Meinung ist auch Helga Proschek, die Ururenkelin würde sich aber auch über einen Kompromiss freuen: „Friedrich Bürklein“, sagt sie, „sollte wenigstens mit auf der Tafel stehen.“

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