Das Kino stirbt

12.4.2011, 11:58 Uhr
Das Kino stirbt

© Hans-Joachim Winckler

Selbst in den kleinsten Ortschaften in hinterster Provinz gibt es längst aufgemotzte Freizeitcenter mit Riesen-Leinwänden, Erlebnisgastronomie und Mega-Popcorntüten. Fürths „großes“ Kino dagegen schlummert seit Jahrzehnten zwar zentral innenstädtisch, aber längst alles andere als wirklich attraktiv im Hinterhof. Immerhin klappt dank privater Initiative einiger wirklicher Cineasten in Fürth die Versorgung mit anspruchsvoller Filmkunst. Hierfür stehen die Kinokooperative mit dem Uferpalast und das von einigen unerschrockenen Idealisten gerettete „Babylon“.

Wenn im „City“ die Lichter ausgehen, endet (zunächst einmal?) eine lange Kino-Tradition in Fürth. Alles begann im Oktober 1897: der „Generalanzeiger“ kündigte pünktlich zur Kirchweih als neueste Attraktion „Lebende Photographien“ und „Lebende Bilder“ an, die man in einer ganz normalen Kärwa-Bude bestaunen konnte. Die zunächst zurückhaltenden Fürther kamen auf den Geschmack und das wandernde Kino kam fortan jedes Jahr. Parallel dazu bemühte man sich aber auch, Filme in den restlichen Monaten zu zeigen, oft in nur notdürftig hergerichteten Zimmern von Privatwohnungen.

Umfunktionierter Stall

Um die Jahrhundertwende versuchte Georg Meier, dem immer populärer werdenden Medium neue Räume zu erschließen: Der Stall des Gasthauses „Zum Gelben Löwen“ in der Gustavstraße wurde ebenso zum Kino wie der große Saal des Hotels „National“, später Park-Hotel. Doch die Fürther fanden wohl noch keinen rechten Draht zu den schwarz-weißen Kintopp-Streifen, weshalb es in der Stadt bis 1907 so eine Art Filmriss gab. In diesem Jahr aber versuchte ein gewisser Herr Ofenloch aus Mainz sein Glück und richtete in der Mathildenstraße ein Kino ein, das nach mehreren Um- und Ausbauten 1908 immerhin schon 148 Zuschauern Platz bot.

Die Geschichte blieb wechselhaft bis zum Ersten Weltkrieg. In der Königstraße gab es das „Germania“ und das „Carola-Theater“, in der Nürnberger Straße das „Royal“: doch wegen geringer Resonanz oder Eigentümer-Streitigkeiten entwickelte sich daraus nie ein verlässliches Angebot. Noch glichen die Kinos ohnehin mehr Ladengeschäften und hatten nicht den Hauch von Glamour, der sie später auszeichnen sollte. Erst 1913 entstand mit dem „Weltspiegel“ in der Blumenstraße ein Film-Theater mit 500 Plätzen, das seinem Namen auch gerecht wurde.

Die Zeitung schrieb damals: „Im Haus Blumenstraße 2 hat sich ein neues Kinematographentheater aufgetan, das in seiner Ausstattung zu den vornehmsten Einrichtungen hiesiger Stadt gehört und jedem großstädtischen Unternehmen sich würdig an die Seite stellen kann (...) Wo man hinsieht, auserlesener Geschmack. Trotz dem Aufwand wirkt das Ganze aber durchaus nicht aufdringlich, sondern hat etwas Anheimelndes an sich.“

In der heutigen Breitscheidstraße kamen dann zunächst nur noch die „Luitpold-Lichtspiele“ (Lu-Li) mit 450 Plätzen dazu, die später „Park-Lichtspiele“ hießen und erst 1974 geschlossen wurden. 1921 begann dann aber doch in Fürth auch die große Zeit — mit der Eröffnung des „Kristall-Palastes“ in der Pfisterstraße 3, der neben Kino auch Varieté-Vorstellungen anbot und tatsächlich zum Kristallisationspunkt für alle vergnügungssüchtigen Fürther wurde.

Da in schlechten Zeiten ein wenig Amüsement noch am besten von Not und Sorgen ablenken kann, erfreuten sich in den 20er Jahren auch in Fürth die bunten und glitzernden Etablissements größter Beliebtheit: in der Südstadt zum Beispiel das „Alhambra“ mit 600 Sitzen und Platz für ein ganzes Orchester. Bis 1933 waren die mittlerweile fünf bestehenden Fürther Kinos dann auch für den neuen Tonfilm umgerüstet und kurz vor Kriegsende zog die Ufa ins unzerstörte Stadttheater (das nach 1945 auch von den amerikanischen Besatzern zunächst weiter als Kino benutzt wurde).

In seinem Buch „Vom Kinematographen zum CineCittá“ beschreibt der Nürnberger Autor Jürgen Wolff ausführlich die Situation der Fürther Kinos nach dem Zweiten Weltkrieg: „Mit dem allgemeinen Kinoboom entstanden in kurzer Zeit außerhalb des Zentrums sogenannte Stadtrand- oder Vorortkinos. Am 3. Februar 1950 eröffneten in der Zaunstraße 5 in Burgfarrnbach die Weißbräu-Lichtspiele. Die Ausschankhalle der Weißbier-Brauerei wurde zu einem Kino mit 200 Plätzen ausgebaut.In der Hardstraße 8 entstanden die Hard-Lichtspiele. Mit 430 Sitzplätzen und mit handgetriebenen kupfernen Ornamentenan den Wänden, konnte Besitzer Hans Hofmann den Betrieb im Oktober 1950 aufnehmen. Mit dem Luis-Trenker-Reißer „Duell in den Bergen“ eröffnete Ende 1950 in der Breitscheidstraße 43 das „Hansa-Filmtheater“ mit 750 Plätzen. Dann kam die legendäre „Camera“ in der Südstadt dazu, die sich trotz ihres imposanten Entrees und mit den Lichtsäulen an der Fassade „Das intime Theater“ nannte und immerhin 482 Zuschauern Platz bot; später wurde daraus eine weit über die Fürther Grenzen hinaus bekannte Disco, in der angesagte Bands wie die „Rattles“, die „Boots“ und die „Lords“ auftraten.

Das „Bambi“ im ehemaligen Restaurant des Park-Hotels unterschied sich nicht nur im Programm, sondern auch im Fassungsvermögen von den anderen Häusern, schreibt Wolff in seinem Buch. „Mit 182 Plätzen eher gemütlich, zeigte es Wochenschauen und Kulturfilme in stündlichem Wechsel seit dem 4. April 1953. Ab 20.30 Uhr wurde ein Hauptfilm gezeigt. Für längere Zeit den Abschluss für Kinoneubauten bildete die Eröffnung des ,City-Palastes‘ am 29. November 1956. (Hier) entstand mit 900 Plätzen ein ovaler, zweigeschossiger Zuschauerraum, der mit dem Film ,Musikparade‘ seinen Spielbetrieb aufnahm“ - und heute vor der endgültigen Schließung steht.

Der Höhepunkt war in den 50er Jahren überschritten, „von da an ging es bergab“, so Wolff. 1960 machte das „Central“ dicht, 1961 der „Weltspiegel“, dann das „Alhambra“, im „Kristallpalast“ wurde 1962 der letzte Film gezeigt, danach nurmehr das Tanzbein geschwungen. 1964 kam das Aus für die „Weißbräu-Lichtspiele“ in Burgfarrnbach, ein Jahr später für das „Hansa-Filmtheater“.

Zwar hatte die „Camera“ auf Cinemascope umgestellt, die Besucher blieben aber trotzdem aus; 1965 wurde das Haus als Kino geschlossen. Im „Hard-Kino“ gingen 1966 die Lichter aus, doch selbst als dort ein Supermarkt einzog, war das Gebäude noch unschwer als Kino erkennbar. „Park-Lichtspiele“ und „Admiral“ im Park-Hotel-Komplex schlossen 1974 — und längst hatte das Fernsehen die Wochenschauen und das Aktualitätenkino überflüssig gemacht, weshalb auch das „Bambi“ 1975 aufgab.