Das Rathaus als Kunstquartier

5.11.2019, 16:00 Uhr
Das Rathaus als Kunstquartier

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Repräsentativ vor allem will das dem Florentiner Palazzo Vecchio nachempfundene Fürther Rathaus sein. Neuerdings gibt es sich auch kunstsinnig. Seit 2018 kauft die Stadt für jährlich 10.000 Euro Werke bedeutender Fürther Künstler, um sie in ihrer guten Stube auszustellen.

Diese auch materielle Wertschätzung ist der heimischen Szene lange versagt geblieben. Nach der Pensionierung von Stadtarchiv-Chef Helmut Richter 2006 hat die Stadt keine Fürther Kunst mehr erworben. Dabei ist das Kunstarchiv im Schloss Burgfarrnbach gut gefüllt. Doch sind die Werke dort unter Verschluss.

Im dritten Stock des Rathauses können die neuen Ankäufe dagegen betrachtet werden, allerdings unter erschwerten Bedingungen. Das Schummerlicht der alten Deckenlampen ist keine Galeriebeleuchtung. Die Werke ins rechte Licht zu rücken, bleibt so eine Aufgabe der Zukunft. Neben den in erster Linie dekorativen Pappmaschee-Figuren prominenter Fürther von Christiane Altzweig wirkt das Spektrum noch recht beliebig. Doch es ist der Wille, der zählt.

Für Hans-Peter Miksch jedenfalls, als Leiter der städtischen Galerie für die Auswahl der angekauften Werke zuständig. Den 2018 erstandenen Arbeiten von Kathrin Hausel, Akbar Akbarpour und Stephan Schwarzmann gesellen sich neuerdings Gemälde von Anja Molendijk und Jochen Pankrath sowie Fotografien von Günter Derleth hinzu.

Mit der Zeit, so Miksch, soll aus der wachsenden Sammlung von Gegenwartskunst eine Art kulturelles Gedächtnis der Stadt werden. Möglichst breit gefächert will der Galeriechef das Spektrum anlegen, um einen Überblick über das kreative Potenzial der Stadt zu ermöglichen.

Fotos von der Lochkamera

Der Atzenhofer Fotokünstler Günter Derleth hat 16 Aufnahmen von Fundstücken aus seinem Garten beigesteuert. Aufgenommen mit einer aus präparierten Büchern konstruierten Lochkamera. Derleths Motto lautet Entschleunigung. Seine auf einfachste Mittel reduzierte Fotografie ist ein Gegenentwurf zur digitalen Bilderflut, der zum Innehalten und genauen Hinschauen anhält.

Darauf zielt auch Anja Molendijk ab. Ihr Gemälde mit einer angedeuteten Frauenfigur führt vor allem den Werkprozess durch Hinzufügen und Wegnehmen vor Augen. Ausgelöst wurde er von braunem Packpapier, das die Künstlerin auf die Leinwand geklebt hat, weil sie sich von der Leinwandstruktur lösen wollte. "Die Papierfarbe hat mich total angesprungen", erläutert Anja Molendijk den anfänglichen Impuls.

Im Gegensatz zu Molendijks dynamischem Spiel mit Andeutungen entwickelt Jochen Pankrath in statischen Sinnbildern Format. Vor allem Bild-im-Bild-Motive haben es ihm angetan. Im Rathaus hängt nun eine Atelierszene: Vor dem unfertigen Bild eines mit Mosaik überzogenen antiken Philosophenkopfes blättert ein Aktmodel in der Sitzungspause in einem Kunstband. Ein plakativer Hingucker für die Laufkundschaft.

Nichts vom Wegsperren der Kunst in Depots hält Oberbürgermeister Thomas Jung. Ihm gefällt die Vorstellung, das Rathaus zu einer Plattform für Fürther Künstler werden zu lassen. Wichtig ist Jung die Vielfalt. Darin ist er sich mit Miksch einig, dessen Galerie gleich nebenan im Wirtschaftsrathaus untergebracht ist.

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