Das Ritterhaus von Wilhermsdorf soll neu belebt werden

5.1.2021, 16:00 Uhr
Ursprünglich 1770 als Verwaltungsgebäude für die Reichsritterschaften im „Canton Altmühl“ erbaut, ging das Ritterhaus 1806 wie das komplette Rittereigentum in königlich-staatlichen Besitz über. Es folgten diverse Privatbesitzer.

© Heinz Wraneschitz Ursprünglich 1770 als Verwaltungsgebäude für die Reichsritterschaften im „Canton Altmühl“ erbaut, ging das Ritterhaus 1806 wie das komplette Rittereigentum in königlich-staatlichen Besitz über. Es folgten diverse Privatbesitzer.

Mit den neuen Besitzer stellt sich die Frage, ob der neue Eigentümer dem Denkmal aus dem 18. Jahrhundert nach dessen wechselvoller jüngeren Geschichte eine glückliche Zukunft beschert?

Zuletzt war das Ritterhaus im Besitz der ortsansässigen Familie Stechert-Stegner. Bis vor ein paar Jahren war die Familie quasi identisch mit der Firma "Stechert Stahlrohrmöbel". Aber der selbsternannte "Stadionbestuhler Nummer 1" ging vor zwei Jahren pleite. Von einem Fürther Unternehmer übernommen, produziert die neue Stechert GmbH heute das alte Portfolio vor allem im nahen Trautskirchen.

Etliche Jahre vor der Firmenpleite aber, 2007, hatte die Familie Stechert das denkmalgeschützte, 1770 fertiggestellte Ritterhaus erworben. Ab 2010 wurde es, zumindest auf zwei Etagen, aufwändig saniert und modernisiert. Herausgeputzt wurde damals auch das Wappen aus den verschlungenen Buchstaben C und A. Sie standen über viele Jahrhunderte für "Canton Altmühl". Die im CA zusammengeschlossenen Reichsritterschaften hatten das Haus als Verwaltungsgebäude gebaut. Zuvor nutzte die Ritterverwaltung seit 1703 bereits bestehende Bauten in Wilhermsdorf: Damals verlegte der Canton Altmühl seinen Sitz in den Ort im Zenngrund.

Der CA-Kanzlei im Ritterhaus war nach 1770 jedoch nur ein kurzes "Leben" beschieden: Fast alle Akten des Archivs und der Registratur des Kantons wurden am 22. November 1796 überfallmäßig von einer Regierungskommission beschlagnahmt und nach Ansbach geschafft. Die Niederlegung der Reichskrone am 6. August 1806 durch Kaiser Franz II. brachte die Auflösung des Reiches und der alten Reichsverfassung.

Am 16. August 1806 wurde der Fränkische Reichskreis aufgelöst. "Spätestens mit diesem Datum ist das Ende des Kantons Altmühl erreicht, da er in den Fränkischen Kreis eingebunden war", hat der Historiker Jan-Philipp Schäfers herausgefunden.

200 Jahre im Dornröschenschlaf

Das ganze ehemalige Wilhermsdorfer Rittereigentum ging in königlich-staatlichen Besitz über. Und das Rentamt Cadolzburg schrieb das Ritterhaus – wie viele andere Gebäude im Ort – 1810 zum Verkauf aus. "Dornröschenschlaf" nennt man beim Heimatverein die nächsten fast 200 Jahre. Das Gebäude befand sich öfters in wechselndem Privatbesitz; auch die Gemeinde war schon einmal Eigentümer. Es wurde großteils als Wohnraum genutzt. Auch heute sind noch einige Wohnungen vermietet.

Dann kam das Jahr 2007, und das Verkaufsangebot der damaligen Besitzer-Erbengemeinschaft. Es gab Gerüchte, dass sogar zwielichtige Angebote aus Osteuropa vorgelegen haben sollen. Doch die Familie Stechert bekam den Zuschlag.

Geplatzte Pläne

Franz Stegner, damals Stechert-Geschäftsführer, kündigte an, das Gebäude mit Hilfe einer neu zu gründenden Stiftung umbauen zu wollen. Evangelische Kirchengemeinde und politische Gemeinde sollten eingebunden werden. Deshalb ließen sich sogar der frühere Bürgermeister Harry Scheuenstuhl (SPD) und Pfarrer Andreas Kleefeld mit Stegner fotografieren – öffentlichkeitswirksam auf dem Treppenaufgang.

Aber dann stritten sich Stegner und Scheuenstuhl über Kosten, künftige Funktion und Trägerschaft. Und die Stecherts übernahmen den Umbau alleine. Auf jeden Fall sollte das Ritterhaus zum Publikumsmagneten werden: mit einem Museum wollte Franz Stegner seinem Freund, dem berühmten Chorleiter Gotthilf Fischer, ein Denkmal setzen.

Zur Einweihung der umgebauten Räume – sogar der einstige Rittersaal war bereits zum "Gotthilf-Fischer-Saal" umbeschildert – war der erst kürzlich verstorbene Fischer persönlich angereist. Und ein Stück aus dessen persönlichem Fundus – ein Flügel – stand schon damals repräsentativ im Vorraum.

Doch viel mehr passierte nicht. Franz Stegner ist seit 2015 nicht mehr am Leben. Wie erwähnt, wechselte die später insolvente Stahlmöbelfirma Stechert den Besitzer. Und 2019 wollte sich die Familie Stechert von dem umgebauten Ritterhaus wieder trennen.

Repräsentative Nutzung des Rittersaals

Im Gemeinderat von Wilhermsdorf herrschte Einvernehmen, dass die Gemeinde versuchen sollte, das Prunkstück zu übernehmen. Und mit Hilfe der neu gegründeten WBG gelang das nun auch. Ein Gotthilf-Fischer-Museum wird dort zwar nicht eingerichtet. Aber eine repräsentative Miet-Nutzung des Rittersaals nebst Nebenräumen im Obergeschoss wäre wohl möglich. Dutzende mit rotem Leder bezogenen Sitzgelegenheiten aus der früheren Stechert-Produktion stehen noch darin.

Und auch im – vom Marktplatz barrierefrei zugänglichen – Erdgeschoss soll wieder etwas anderes stattfinden als die Treffen des Seniorenbeirats. Nach dem Stechert-Umbau fand sich über einem Eingang das Schild "Café Gotthilf Fischer". Aber egal ob Bewirtung oder Regionalmarkt: "Uns liegt die Belebung des Marktplatzes am Herzen", nennt Bürgermeister Uwe Emmert das vorrangige Ziel. Ein zweiter Dornröschenschlaf ist unerwünscht.

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