Denkmalschutz: Wieder Irritationen in Fürths Neuer Mitte

1.12.2014, 06:00 Uhr
Denkmalschutz: Wieder Irritationen in Fürths Neuer Mitte

© Archivfoto: Hans-Joachim Winckler

Angesichts dessen, was sich im Sommer dieses Jahres zugetragen hat, ist das eine faustdicke Überraschung. Zur Erinnerung: Ende Juli wurde publik, dass das bayerische Landesamt für Denkmalpflege die Sandsteinhäuser mit den Hausnummern 4, 6, 8 und 10 aus der Liste der Denkmäler gestrichen hatte. Zu stark habe man die Bürgerhäuser aus der Mitte des 19. Jahrhunderts verändert und entkernt, der Verlust der „bauzeitlichen Binnengliederung und der historischen Ausstattung“ sei die Folge.

In der Leipziger Chefetage des Neue-Mitte-Bauträgers MIB, sonst eher für defensive Öffentlichkeitsarbeit bekannt, schäumte man und ging Mitte August voller Empörung in die Gegenoffensive. Das Unternehmen habe enormen Aufwand betrieben, um die Denkmaleigenschaft der Gebäude zu bewahren, „ein siebenstelliger Betrag“ sei investiert worden — und das stets in Absprache mit dem Denkmalschutz, so Geschäftsführer Uwe Laule damals. Dass dies nun doch nicht honoriert werde, mache ihn „ziemlich fassungslos“.

Keine Alternative

Erst zwei Monate später und nachdem die FN mehrfach bei der Münchner Behörde hatten nachhaken müssen, positionierte sich wiederum das Landesamt für Denkmalpflege. Vehement reagierte Behördenchef Mathias Pfeil im Gespräch mit unserer Zeitung nun auf die Attacken von MIB und befand: Man habe den Standpunkt des Landesamts stets „dezidiert“ deutlich gemacht, zur rigorosen Entscheidung gebe es angesichts dessen keine Alternative.

„Der Außenstehende tut sich schwer zu beurteilen, wer Recht oder wenigstens mehr Recht hat, wo die Wahrheit in dieser Geschichte am ehesten liegt“, schrieben die FN Mitte Oktober. Denn was Pfeil trotz der ausdrücklichen Bitte an die Behörde merkwürdigerweise schuldig blieb, war jedweder schriftliche Beleg — den unsere Zeitung nun mit Verspätung aus den Händen Dritter erhalten hat.

Es handelt sich um ein Schreiben, das bereits vom 29. April des Vorjahres datiert und in dem das Landesamt kaum Zweifel daran lässt, dass die besagten Anwesen ihre Denkmaleigenschaft verlieren, verfahre man wie vorgesehen. Der Brief ging an die Stadt Fürth, die letztendlich für Genehmigungen im Zusammenhang mit Denkmalschutzfragen zuständig ist.

Und dort blieb er auch, wie unsere Recherche ergab — an den Bauträger MIB wurde die Information nicht weitergereicht. Ein bemerkenswerter Vorgang, der reichlich Raum für Spekulationen lässt. Wollte man MIB, zumal nach dem zermürbenden Streit um den Abriss des ebenfalls denkmalgeschützten Hotel-Festsaals in der Neuen Mitte, nicht weiter behelligen oder in Sicherheit wiegen?

Der städtische Baureferent Joachim Krauße sprach in dieser Woche, von den FN dazu befragt, zwar von „einem Fehler“. Wie er zustande kam, lasse sich nicht mehr rekonstruieren, die Unterstellung eines irgendwie gearteten Vorsatzes aber weist Krauße entschieden zurück.

Irritiert gibt man sich unterdessen beim Bauträger. MIB-Vertreter Maik Mehlhose, zuständig für den technischen Ablauf des Fürther Projekts, versicherte auf Anfrage unserer Redaktion in dieser Woche: Seine Firma habe von dem Schreiben nichts gewusst. Andernfalls hätte MIB im August niemals derart schweres Geschütz gegen das Landesamt für Denkmalpflege aufgefahren, denn man hätte dann ja mit nichts anderem als einem peinlichen Eigentor rechnen dürfen — untermauert mit dem Schriftstück vom April 2013.

Doch noch mehr geradezu hanebüchene Kommunikationsdefizite zwischen Stadt und Bauträger werden in diesem Zusammenhang offenkundig. So versichern sowohl Mehlhose als auch sein Geschäftsführungskollege Uwe Laule zum wiederholten Male: Sie seien im gesamten Planungs- und Bauprozess davon ausgegangen, dass die Häuser in der Rudolf-Breitscheid-Straße ihre Denkmalschutzeigenschaft behalten. Nie hätten sie in den Gesprächen mit Behördenvertretern, sei es von Stadt oder Landesamt, einen anderen Eindruck gewonnen; man habe doch bei etlichen Terminen quasi „um jeden Türstock“ gerungen, in der Folge oft nachgebessert, so Laule. Und geglaubt, tragfähige Kompromisse gefunden zu haben.

„Völlig platt“

Fürths Baureferent Joachim Krauße zeigt seinerseits wenig Verständnis für diese Wahrnehmung bei MIB. Und er macht kein Hehl daraus, dass er deshalb den öffentlichkeitswirksamen Vorstoß des Unternehmens Richtung Denkmalbehörde im August als „sehr merkwürdig“ empfunden habe. „Ich war völlig platt“, so Krauße. Denn: Nicht einmal ansatzweise habe man auf Seiten der Stadt gedacht, dass die Firma „auf die formale Denkmalschutzeigenschaft“ zwingend Wert legt.

„Das ist nie diskutiert worden“, betont Krauße im Rückblick, „diesen Wunsch habe ich erst über die Presse mitbekommen.“ Ihm selbst sei immer „die Gefahr bewusst gewesen, dass die Denkmalwürdigkeit der Gebäude verloren gehen kann“; er habe dies sehenden Auges in Kauf genommen, denn das nach seinem Empfinden gelungene bauliche Ergebnis, das sich jetzt abzeichnet, rechtfertige die Eingriffe.

Ihm sei in den Verhandlungen mit dem Bauträger Hauptanliegen gewesen, Verbesserungen zu erreichen. Der Erhalt der formalen Denkmalwürdigkeit habe für ihn nicht im Vordergrund gestanden.

Dass dies offenbar sowohl der Bauträger als auch große Teile der Öffentlichkeit ganz anders bewertet haben — es wird als große Ungereimtheit bei der Planung der Neuen Mitte in Erinnerung bleiben.

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