Der Camera-Abriss hinterlässt eine hässliche Lücke

17.2.2021, 08:30 Uhr
Der Camera-Abriss hinterlässt eine hässliche Lücke

© Hans-Joachim Winckler

1,5 Millionen Besucher zählten die Fürther Kinos während ihrer Hochzeit 1953 – ein traumhafter Wert. Der Krieg und die Nachkriegsjahre mit ihren noch immer entbehrungsreichen Zeiten waren zu Ende, die Sehnsucht nach Unterhaltung und Ablenkung groß.

Zu den bereits bestehenden Lichtspielhäusern kamen in den 50er Jahren sechs weitere dazu. Eines davon war die Camera: 1951 eröffnete das Kino mit der auffälligen Fassade in der Schwabacher Straße, es bot knapp 500 Besuchern Platz.

Der Camera-Abriss hinterlässt eine hässliche Lücke

© Foto: Günter B. Kögler

Doch der Run auf die bunten, bewegten Bilder, auf Sissi-Romantik und prallen Hollywood-Kintopp, währte nicht lange: Als sich immer mehr Menschen ein Fernsehgerät leisten konnten, ging es mit der Branche bergab.

Bereits 1965 schloss deshalb auch die Camera ihre Türen, zumindest als Lichtspielhaus. Danach machte sie sich als Club und Discothek einen Namen; auch die in der Südstadt stationierten amerikanischen Soldaten gingen ein und aus. Nach der Schließung im Jahr 1970 zogen verschiedene Einzelhändler ins Erdgeschoss ein; der Großteil des Gebäudes aber blieb verwaist.

Inzwischen erinnert nichts mehr an die goldenen Zeiten. Im Frühjahr 2018 wurde das Gebäude abgerissen, 14 Wohnungen und Geschäftsräume sollten dort entstehen. Doch davon ist bis dato nichts zu sehen. Noch immer klafft eine hässliche Lücke in der Schwabacher Straße 149.

Eine Lücke, die auch Karin Jungkunz jedes Mal einen Stich versetzt. Bis zuletzt hatte die Stadtheimatpflegerin versucht, das ehemalige Kino als Baudenkmal durch das bayerische Landesamt für Denkmalpflege schützen zu lassen. Vergeblich. Weil nichts mehr auf die ursprüngliche Nutzung hinweise, fehle der Anlass, so die Argumentation der Behörde.

Auch der Versuch, die imposante Fassade mit ihren Säulen zu erhalten, scheiterte: Hatte der Eigentümer der Immobilie zunächst nur einen Umbau im Blick, so entschied er sich schließlich doch für den Abbruch – einschließlich der markanten Front. Weil sich während der Arbeiten Risse an Nachbarhäusern auftaten, mussten alle Tätigkeiten zwischenzeitlich ruhen. Die städtische Bauaufsicht schritt ein und prüfte die Statik. Die Sicherheit der Nebengebäude habe sich jedoch als nicht gefährdet erwiesen, so Barbara Schwipp von der zuständigen Behörde. Der Abbruch konnte weiterlaufen.

Seitdem aber herrscht Stillstand auf dem Grundstück. Die Lücke ist noch immer ein unschöner Anblick an einer von Fürths wichtigsten Hauptverkehrsrouten. Warum sich nichts tut, vermag auch die Stadt nicht zu sagen. Bei der Bauaufsicht vermutet man, dass die Vorgabe der Stellplätze den Bauherrn abgeschreckt haben könnte. Wird ein neues Gebäude errichtet, wird die Anzahl der notwendigen Parkflächen nämlich neu berechnet. Oft sind dann mehr davon fällig als bei einer Renovierung, bei der die einst kalkulierte Anzahl übernommen werden kann.

Auch über den Privateigentümer und darüber, ob er das Areal möglicherweise schon weiterverkauft hat, weiß man bei der Stadt nichts. Ein neuer Bauantrag liege jedenfalls nicht vor – und eine Handhabe, die Lücke bald zu schließen, habe man bei der Stadt nicht.

Jungkunz bedauert, dass mit dem Abriss die letzte Erinnerung an die einst blühende Kinolandschaft verloren gegangen ist. Gerne würde sie für die Nachwelt wenigstens den auffälligen Camera-Schriftzug aus Metall erhalten, der einst die Front zierte. Er könnte, findet die Stadtheimatpflegerin, beispielsweise im Foyer des Uferpalast-Kinos im Kulturforum einen neuen Platz finden.

Ein erster Versuch der Stadt, den Schriftzug zu erwerben, ist allerdings gescheitert. Man wolle jedoch einen weiteren Vorstoß unternehmen, habe das Baureferat in einem Gespräch mit der Heimatpflege versichert.

Unterdessen geht es immerhin bei der Renovierung des Hinterhauses auf dem Camera-Grundstück voran. Dort werden momentan neue Böden verlegt, Elektroleitungen geprüft und Fenster ausgetauscht.

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