"Der Fall Fontane": Johannes Wilkes las bei den FN

7.4.2019, 21:00 Uhr

© F.: A. Hinterberger

Am Birnbaum kommt niemand vorbei, der sich im Fontane-Jahr mit dem Neuruppiner Autor beschäftigt. Zu bekannt ist seine Ballade "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland", "das berühmteste Birnengedicht in deutscher Sprache, vielleicht sogar der Welt", wie Arzt, Fontanekenner und Autor Johannes Wilkes vermutet.

Und so lässt der Erlanger in seinem neuen Kriminalroman den etwas ruppigen Kommissar Mütze und seinen Lebensgefährten, den erheblich zarter besaiteten Schauspieler Karl-Dieter, denn auch bei einer Fahrradtour auf Fontanes Spuren gleich am ersten Tag auf eine Leiche stoßen — unterm Birnbaum natürlich.

"Der Fall Fontane", den siebten in der Reihe um Kommissar Mütze, stellte Wilkes in der FN-Geschäftsstelle mit einer durchaus ungewöhnlichen Lesung vor. Ein Teller mit Birnen schmückt den Lesetisch, an dem Wilkes steht, wenn er liest. Das tut er mal äußerst geerdet, dann wieder sehr schnell, mit einem Unterton von Hysterie, dann wieder mit verschwörerisch gesenkter Stimme.

Überhaupt ist diese Buchvorstellung mehr als nur das: eine Mischung aus Lesung, Kabarett und Deutschstunde. Denn er lässt nicht nur seinen Protagonisten Karl-Dieter über Fontane erzählen — in Gesprächen und Szenen, die manchmal vielleicht etwas zu viel literaturgeschichtliche Details vermitteln —, sondern unterbricht die Lesung des Kriminalfalls immer wieder, um mit den Zuschauern über Fontane und seine Zeit zu plaudern.

Und da kommt dann auch der Gedanke an eine Deutsch- oder Geschichtsstunde auf, gehalten von einem Lehrer, der sich für sein Fach begeistert und diese Begeisterung im Erzählen vermittelt. Von Fontanes psychologischem Roman "Unterm Birnbaum" über das Attentat gegen den Schriftsteller August von Kotzebue im Geburtsjahr Fontanes bis hin zu einem historischen Mordfall in der Zinkbadewanne spannt Wilkes Geschichte und Geschichten aus, oft gestikulierend, die Zuhörer direkt ansprechend, mit rhetorischen Fragen, Stimmeinsatz und Sprachwitz.

Saat der Liebe

Ein bildungsbürgerlicher Parforceritt ist das, aber ein kurzweiliger, dessen Faszination man sich nicht entziehen kann, spannender fast als die Krimi-Handlung um den ermordeten Mann unterm Birnbaum. Im Roman lässt Wilkes Karl-Dieter philosophische Gedanken über die Saat der Liebe spinnen und setzt dem bewusst nüchterne Brechungen durch den prosaischen Kommissar oder durch das Leben selbst entgegen — etwa wenn Karl-Dieters Rezitation von Fontanes Ballade durch das Bellen eines Hundes immer wieder unterbrochen wird.

Das ist auch nie langweilig, wirft aber hin und wieder Fragen auf. Ob selbst ein abgebrühter "echter Kerl" wie Mütze durch die Zähne pfeifen würde, wenn er mit dem Anblick eines Toten mit einer Axt im Schädel konfrontiert wird? Aber dann wird Wilkes wieder zum charismatischen Märchenerzähler, dem man den einen oder anderen rätselhaften Moment verzeiht.

"Der Fall Fontane" (Gmeiner-Verlag, 282 Seiten) ist für 14 Euro im FN-Lesershop (Schwabacher Straße 106) erhältlich.

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