Der König tanzt im Kerzenschein

4.11.2009, 00:00 Uhr
Der König tanzt im Kerzenschein

© Thomas Scherer



Die gute Botschaft für Sitzmuffel und Harndranggeplagte zuerst: «Parsifal« dauert zwar ungefähr genauso lang, hat aber nur zwei Pausen. Die Nacht der Klänge jedoch, die mit zum Stimmungsvollsten im Fürther Kulturjahr zählt, dämmert aufs Kundenfreundlichste. Jeweils zur vollen Stunde wird, beginnend um 19 Uhr, der Altarraum des ältesten Gotteshauses der Stadt zum Konzertpodium, zum Tanzboden, zur Schaubühne. Stets nach 40 Minuten ist Pause - und die füllt das Team der Kirchenmusiktage liebevoll mit Wein und Käse. Kostet, nebenbei, ebenfalls weniger als in Bayreuther Pausen.

Zudem ist der Eintritt stets zur vollen Stunde möglich; wer demnach erst später mit dabei sein möchte, kann dies zwanglos tun. Ab 21 Uhr ist der Ticketpreis günstiger.

«Der König tanzt«, so lautet heuer das Motto der bis 22. November laufenden Kirchenmusiktage. «Wir wollen in der Nacht der Klänge Musik und Tanz so vielfältig und so gegensätzlich wie möglich präsentieren«, sagt Sirka Schwartz-Uppendieck, Kantorin der Auferstehungskirche im Stadtpark und an der Seite Ingeborg Schilffarths künstlerische Leiterin des Festivals, über die fünfte Auflage des Dämmer-Events nach 2000, 2001, 2003 und 2007.

In der Tat: Da nahen fünf Stunden voller Reibungsenergie. Den Starter macht unter dem Motto «Singet dem Herrn« der Kammerchor der Universität Erlangen-Nürnberg, der unter Julian Tölle vier- bis achtstimmige Werke von Hugo Distler, Johann Sebastian Bach und Françis Poulenc singt. (19 Uhr). «Affetti musicali«: Die affektvolle, tänzerisch zuverlässig mitreißende Musik aus Renaissance und Barock erklingt in der Ausdeutung des 2004 gegründeten Karlsruher Ensembles RicciCapricci. Wer noch nie etwas von Tielmann Susato (1500-1562) hörte, steht in Gefahr, am Freitag zum Süchtigen zu werden (20 Uhr). «Orgelklänge getanzt« - nach 2001 stellen sich Elevinnen des Fürther Ballettstudios Arabesque erneut der immens schwierigen Aufgabe, Live-Orgelmusik (es spielt Schwartz-Uppendieck) sichtbar zu machen (21 Uhr). «Super« nennt die Organistin das Ergebnis. Zu Werken unter anderem von Bach habe Arabesque-Chefin und Choreografin Julia Vitez eine schlichtweg «geniale« Bewegungssprache gefunden, «die die Struktur dieser Musik wunderbar sichtbar macht«, so Schwartz-Uppendieck.

Schöner, sinnlicher Kontrast: Auf die jungen Ballett-Damen folgen «Tangos für Gitarre und Sopran« (22 Uhr). Hanna Eittinger und Gitarrist Robert Lampis servieren rasante spanische und südamerikanische Musik, unter anderem von Altmeister Isaac Albéniz, aber auch von hier zu Lande unbekannten Komponisten wie dem Renaissance-Meister Luys de Narvaez.

Eine Stunde vor Mitternacht verschmelzen dann bei «Licht und Klang« Malerei, Musik, Tanz und Lichtkunst zu einer Uraufführung. Erneut greift Sirka Schwartz-Uppendieck in die Tasten, ihr zur Seite der in Fürth lebende Jazzposaunist, Komponist und Improvisator Ralf Bauer. Im Mittelpunkt dieses letzten 40-Minüters steht Tänzerin Anne Devries, die die Fürther unter anderem von ihrem Feuer-Tanz-Theater Lux Aeterna kennen. «Der König tanzt«? Nicht ganz. Wohl doch eher die Königin der Nacht.MATTHIAS BOLL

«Nacht der Klänge«: Freitag, 6. November, St. Michael (Kirchenplatz), 19 bis 24 Uhr. Eintrittskarten (15/12 Euro, ab 21 Uhr 10/7 Euro) an der Abendkasse, vorab unter Tel. 729641 oder im Internet unter www.kmtf.de. Der Eintritt ist jeweils zur vollen Stunde möglich.